»Da muss ich Euch wirklich recht geben«, sagte ich und sah plötzlich das charmante, zahnreiche Lächeln des Gouverneurs vor meinem inneren Auge. Ich sah Jamie an, doch der hörte nicht mehr zu. Sein Blick war flussaufwärts gerichtet, im Bann der Möglichkeiten, und Buch und Alligator waren vergessen. Immerhin hatte er auch vergessen, seekrank zu werden.
Die Gezeitenströmung erfasste uns eine Meile außerhalb von Wilmington und beschwichtigte Ians Sorgen um unsere Geschwindigkeit. Der Cape Fear war ein Gezeitenwasser, dessen tägliche Flutwelle zwei Drittel seiner Gesamtlänge hinaufreichte, fast bis nach Cross Creek.
Ich spürte, wie der Fluss unter uns lebendig wurde, das Boot einige Zentimeter höherstieg und dann an Geschwindigkeit zunahm, während die steigende Flut sich durch den Hafen wie durch einen Trichter presste und weiter den schmalen Flusslauf hinauf. Der Schwarze seufzte erleichtert und hievte den triefenden Staken aus dem Wasser.
Wir würden ihn nicht mehr brauchen, bis die Flut in fünf oder sechs Stunden zurückging. Dann würden wir entweder für die Nacht vor Anker gehen und auf die nächste Flutwelle warten oder zur Weiterfahrt das Segel benutzen, wenn der Wind es zuließ. Den Staken, so wurde mir mitgeteilt, brauchte man nur in der Nähe einer Sandbank oder im Fall einer Flaute.
Friedliche Schläfrigkeit senkte sich über unser Schiff, Fergus und Ian rollten sich am Bug zum Schlafen zusammen, während Rollo oben auf dem Dach Wache hielt – hechelnd, mit triefender Zunge, die Augen wegen der Sonne halb zugekniffen. Der Kapitän und sein Matrose – der Eutroclus hieß – verschwanden in der winzigen Kabine, von wo das melodische Geräusch ertönte, das beim Einschenken einer Flüssigkeit entsteht.
Jamie befand sich ebenfalls in der Kabine, um irgendetwas aus seiner mysteriösen Kiste zu holen. Ich hoffte, dass es etwas Trinkbares war – obwohl ich nur still auf dem achterlichen Querbalken saß, die Füße im Wasser baumeln ließ und mir den leichten Fahrtwind durch die Nackenhaare blasen ließ, brach mir an sämtlichen Stellen, wo Haut an Haut stieß, der Schweiß aus.
Aus der Kabine erklang undeutliches Murmeln und Gelächter. Jamie kam hervor und wandte sich dem Achterdeck zu. Er wich den Häufchen mit unserer Ausrüstung so vorsichtig aus wie ein Clydesdalehengst den Fröschen auf einer Wiese, und er hielt eine große Holzkiste im Arm.
Diese legte er mir sanft in den Schoß, streifte Schuhe und Strümpfe ab, setzte sich neben mich, ließ die Füße ins Wasser gleiten und seufzte dabei vor Vergnügen über die Kühle.
»Was ist das?« Ich fuhr neugierig mit der Hand über die Kiste.
»Oh, nur ein kleines Geschenk.« Er sah mich nicht an, aber seine Ohrenspitzen liefen rot an. »Mach’s auf, hm?«
Die Kiste war schwer, breit und tief. Sie war aus einem harten, fein gemaserten dunklen Holz gearbeitet und trug die Spuren häufigen Gebrauchs – Kratzer und Kerben, die aber ihre glatte Schönheit nicht beeinträchtigten, sondern nur noch betonten. Es gab ein Schließband, aber kein Schloss; die gefetteten Messingscharniere des Deckels ließen sich leicht öffnen, und mir schlug ein Hauch von Kampfer entgegen, flüchtig wie ein Flaschengeist.
Die Instrumente glänzten hell im dunstigen Sonnenlicht, obwohl sie vom Nichtgebrauch angelaufen waren. Jedes hatte sein eigenes Fach, das maßgefertigt und mit grünem Samt ausgeschlagen war.
Eine kleine, grobzackige Säge; eine Schere, drei Skalpelle – eins mit gerundeter Klinge, eins mit gerader, eins mit gebogener Klinge; das silberne Blatt eines Zungenspatels, ein Häkchen …
»Jamie!« Begeistert ergriff ich einen kurzen Ebenholzstiel, an dessen Ende eine in mottenzerfressenen Samt gehüllte Kammgarnkugel befestigt war. Etwas Ähnliches hatte ich bereits in Versailles gesehen – die zeitgenössische Version eines Reflexhammers.
»Jamie! Wie wunderbar!«
Er wackelte zufrieden mit den Zehen.
»Gefällt’s dir?«
»Ich bin begeistert. Sieh mal – da unter der Klappe im Deckel ist noch mehr –« Einen Moment lang starrte ich das Durcheinander aus Röhrchen, Schrauben, Plättchen und Spiegeln an, bevor mein inneres Auge es umsortierte und es mir in zusammengebautem Zustand präsentierte. »Ein Mikroskop!« Ich berührte es ehrfürchtig. »Du meine Güte, ein Mikroskop.«
»Da ist noch mehr«, sagte er voll Ungeduld, mir alles zu zeigen. »Du kannst die Vorderseite aufklappen, und innen sind kleine Schubladen.«
Das stimmte – unter anderem fand ich darin eine Miniaturwaage und einen Satz Messinggewichte, ein Röhrchen zum Pillendrehen und einen fleckigen Mörser, dessen Stößel in Stoff gewickelt war, damit er beim Transport nicht zerbrach. Über den Schubladen standen mehrere Reihen verkorkter Fläschchen aus Keramik oder Glas.
»Ach, sind die schön!«, sagte ich und ergriff respektvoll das kleine Skalpell. Der glatte Holzgriff lag in meiner Hand, als wäre es für mich gemacht, und die Klinge war vollkommen ausgewogen. »Oh, Jamie, danke!«