Gewalt.
Aber der Gedanke an den grausamen Blutzoll, den sie den Wegelagerern abverlangt hatten, dämpfte seinen Zorn kaum. Als sie geflohen waren, hatte mehr als ein Dutzend der Graugeschuppten tot oder sterbend am Boden gelegen. Dels Pferd stolperte, knickte in den Vorderläufen ein und wieherte kläglich. Es versuchte sich aufzurichten, knickte erneut ein und stampfte ängstlich mit den Hinterbeinen. Seine Flanken zitterten.
Skar drängte sein Tier neben das Dels, griff nach den Zügeln und riß mit aller Kraft an den dünnen Lederriemen. Das Pferd kreischte vor Schmerz, als die stählernen Zähne der Trense in sein empfindliches Maul bissen. Aber der Schmerz trieb es hoch.
Del hob müde den Kopf. »Danke.«
»Schon gut. Lad mich in der nächsten Taverne auf einen Krug Wein ein, dann sind wir quitt.«
Del schien etwas darauf erwidern zu wollen, beließ es dann aber bei einem stummen Nicken und ritt weiter.
Skar sah ihm kopfschüttelnd nach. Er hatte längst aufgehört, sich zu fragen, woher Del die Kraft nahm, immer noch weiterzumachen. Im Grunde hatte er gar kein Recht mehr, überhaupt noch zu leben, geschweige denn sich im Sattel zu halten und sich Meile um Meile vorwärtszuquälen. Die Wunde an seiner Schulter war wieder aufgebrochen und blutete; nicht stark, aber beständig, ein dünner, rieselnder Strom, mit dem das Leben unbarmherzig aus seinem Körper herausrann. Der ehemals weiße Verband über seiner Schulter hatte sich in einen schmierigen Lappen verwandelt, ein fleckiges Muster aus Rot und Braun und Schwarz und dunklem, eitrigem Gelb. Und er hatte genau wie Skar vor zwei Tagen den letzten Schluck Wasser gehabt. Der junge Satai hing mehr auf dem Rücken seines Tieres als er saß. Er hockte vornübergebeugt im Sattel, stützte sein Körpergewicht auf den Pferdehals und klammerte sich mit letzter Kraft an der struppigen Mähne fest; mehr Reflex als bewußtes Handeln. Und trotzdem gab er nicht auf.
Skars Blick löste sich von der müden Gestalt und glitt wieder über die einförmigen braunen Hügel. Er schüttelte den Kopf, fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und trieb sein Tier zu schnellerer Gangart an, um an Dels Seite zu gelangen. Heute war der letzte Tag, das spürte er. Wenn sie heute kein Wasser fanden, war es aus. Sie waren tiefer in die Nonakesh vorgedrungen als je ein Mensch vor ihnen. Tiefer jedenfalls als jeder, der zurückgekommen war.