»Sagt bloß kein Wort zu eurer Mutter, daß ihr euer ganzes Geld verwettet habt«, schärfte Mr Weasley Fred und George ein, während sie langsam die mit purpurrot bespannte Treppe hinabstiegen.
»Mach dir keine Sorgen, Dad«, sagte Fred mit hinterlistigem Grinsen,»wir haben mit dem Geld was Großes vor und wollen nicht, daß es beschlagnahmt wird.«
Mr Weasley schien einen Augenblick lang nach diesen großen Plänen fragen zu wollen, nach kurzer Überlegung jedoch zu beschließen, es lieber nicht so genau wissen zu wollen.
Bald schwammen sie mit in den Scharen von Hexen und Zauberern, die aus dem Stadion hinausquollen, zurück zu den Zeltplätzen. Sie gingen den laternenbeschienenen Weg entlang, den sie gekommen waren; mit der nächtlichen Brise waberten heisere Gesänge an ihre Ohren, und immer wieder schwirrten irische Kobolde giggelnd und Laternen schwingend über ihre Köpfe hinweg. Als sie endlich zu ihren Zelten gelangten, hatte niemand Lust schlafen zu gehen, und da um sie herum ohnehin noch lautes Treiben herrschte, erlaubte ihnen Mr Weasley vor dem Schlafengehen noch eine letzte Tasse Kakao. Es dauerte nicht lange, und sie stritten sich ausgelassen über das Spiel; Mr Weasley und Charlie gerieten sich wegen der Rempelei in die Haare, und erst als Ginny an dem kleinen Tisch plötzlich wegnickte und die heiße Schokolade über den Boden verschüttete, gebot Mr Weasley den wortgewaltigen Spieldiskussionen Einhalt und schickte alle zu Bett. Hermine und Ginny gingen ins Zelt nebenan und Harry und die übrigen Weasleys schlüpften in ihre Pyjamas und kletterten in die Schlafkojen. Von der anderen Seite des Zeltplatzes wehte immer noch Gesang herüber und gelegentlich war ein laut in der Nacht widerhallender Knall zu hören.
»Meine Güte, bin ich froh, daß ich nicht im Dienst bin«, murmelte Mr Weasley schläfrig.»Ich kann mir was Schöneres vorstellen als dort rüberzugehen und den Iren zu sagen, sie sollen aufhören zu feiern.«
Harry, der in der Koje über Ron lag, starrte die Zeltdecke an, durch die hin und wieder die Laterne eines vorbeifliegenden Kobolds schimmerte. Noch einmal führte er sich Krums tollste Spielzüge vor Augen. Es juckte ihn, auf seinen eigenen Feuerblitz zu steigen und den Wronski-Bluff selbst auszuprobieren… irgendwie hatte es Oliver Wood mit all seinen kurvenreichen Schaubildern nie richtig geschafft zu zeigen, wie dieser Zug aussehen mußte… Harry sah sich selbst in einen Umhang gehüllt, der seinen Namen auf dem Rücken trug, und stellte sich das Gefühl vor, eine hunderttausendköpfige Menge brüllen zu hören, während Ludo Bagmans Stimme durch das Stadion hallte:»Und hier kommt… Potter!«
Harry konnte später nicht sagen, ob er eingenickt war oder nicht – seine lebhaften Vorstellungen, wie Krum fliegen zu können, mochten durchaus zu ausgewachsenen Träumen geworden sein -, er wußte nur, daß er plötzlich Mr Weasley rufen hörte.
»Steht auf! Ron – Harry – schnell, steht auf, das ist kein Scherz!«
Harry setzte sich rasch auf und stieß mit dem Kopf gegen die Zeltdecke.
»Was'n los?«, sagte er.
Er ahnte dunkel, daß etwas nicht stimmte. Die Geräusche im Zeltlager hatten sich verändert. Die Gesänge waren verstummt. Er konnte Schreie hören und hastiges Fußgetrappel.
Er rutschte aus seiner Koje, griff nach seinen Kleidern, doch Mr Weasley, der eine Jeans über den Pyjama gezogen hatte, hielt ihn auf:»Keine Zeit, Harry – wirf nur rasch eine Jacke über und geh raus – schnell!«
Harry tat wie ihm geheißen und krabbelte dicht gefolgt von Ron aus dem Zelt.
Im Licht der noch brennenden Feuer sah er Leute in den Wald rennen, offenbar auf der Flucht vor etwas, das über das Feld auf sie zukam, etwas, das merkwürdige Lichtblitze schleuderte und lärmte wie Gewehrfeuer. Lautes Gejohle, dröhnendes Lachen und die Schreie von Betrunkenen wehten zu ihnen her; dann flammte jäh ein starkes grünes Licht auf und erhellte das Geschehen.
Eine Gruppe von Zauberern, dicht aneinander gedrängt und mit zum Himmel gereckten Zauberstäben, marschierte im Gleichschritt langsam über das Feld. Harry spähte zu ihnen hinüber… sie schienen keine Gesichter zu haben… dann erkannte er, daß sie Kapuzen über die Köpfe gezogen und ihre Gesichter maskiert hatten. Hoch über ihnen, mitten in der Luft schwebend, sah er vier verzweifelt strampelnde, grotesk verzerrte Gestalten. Es kam ihm vor, als wären die maskierten Zauberer auf dem Feld Puppenspieler und die Menschen über ihnen Marionetten an unsichtbaren Fäden, die von den Zauberstäben aus in die Höhe stiegen. Zwei der Gestalten waren sehr klein.
Andere Zauberer schlössen sich der marschierenden Gruppe an, johlend und mit den Zauberstäben nach oben zu den schwebenden Körpern deutend. Die Menge schwoll an, Zelte auf dem Weg wurden umgerissen und niedergetrampelt. Hin und wieder beobachtete Harry, wie einer der Marschierer mit dem Zauberstab ein Zelt aus dem Weg blies. Einige fingen Feuer. Das Schreien wurde lauter.