»Hm! ... Es ist wahr« – fuhr er fort, den Wirbel der Gedanken, die in seinem Kopfe schwirrten, verfolgend –, »es ist wahr, daß man an einen Menschen, den man wirklich kennenlernen will, ganz allmählich und vorsichtig herantreten muß: aber Herr Luschin ist mir klar. Die Hauptsache: ›Ein tüchtiger und anscheinend guter Mensch‹; das ist doch kein Spaß: das Gepäck hat er auf sich genommen und befördert den großen Koffer auf eigene Kosten! Und der sollte nicht gut sein! Sie aber, die Braut und die Mutter mieten einen Bauern und fahren in einem mit Bastmatten gedeckten Wagen (ich bin ja selbst mit den dortigen Fuhrwerken gefahren)! Das macht doch nichts! Es sind ja nur neunzig Werst, ›und weiter fahren wir glücklich in der dritten Klasse‹ – an die tausend Werst. Ist auch durchaus vernünftig: ein jeder strecke sich nach seiner Decke; aber Sie, Herr Luschin, was denken Sie sich? Sie ist doch Ihre Braut! ... Und sollte es Ihnen unbekannt sein, daß die Mutter für diese Reise ihre Pension verpfändet? Natürlich, es ist ein Kompaniegeschäft, ein Unternehmen mit gleichen Einlagen und gleichen Vorteilen, darum müssen auch die Auslagen geteilt werden; Brot und Salz sind gemeinsam, den Tabak hat jeder für sich, wie es im Sprichworte heißt. Der tüchtige Geschäftsmann hat sie aber ein wenig beschummelt; das Gepäck kostet viel weniger als ihre Reise, vielleicht kostet es ihm überhaupt nichts. Sehen denn die beiden nichts, oder wollen sie es nicht sehen? Sie sind doch zufrieden, zufrieden! Und wenn man bedenkt, daß das nur die Blüten sind und die eigentliche Frucht erst nachkommt! Was ist dabei das wichtigste? Es ist nicht der Geiz, nicht die Knauserei, sondern der Ton des Ganzen. Das ist ja der künftige Ton nach der Hochzeit, eine Prophezeiung ... Ja, und die Mama, warum ist sie auf einmal so verschwenderisch? Mit was kommt sie nach Petersburg? Mit drei Rubeln oder mit zwei ›Banknoten‹, wie jene sagt ... die Alte ... hm! ... Wovon hofft sie später in Petersburg zu leben? Sie ist ja schon irgendwie dahinter gekommen, daß sie mit Dunja, selbst in der ersten Zeit nach der Verheiratung nicht leben können wird! Der liebe Mensch hat wohl auch hier irgendeine Bemerkung fallen lassen, hat einen Willen geäußert, obwohl Mama es mit beiden Händen zurückweist: ›Ich nehme die Einladung nicht an.‹ Was denkt sie sich, worauf hofft sie noch: auf die hundertzwanzig Rubel Pension mit Abzug der Schuld an Afanassij Iwanowitsch? Sie strickt warme Tüchlein, stickt Manschetten, ruiniert sich ihre alten Augen. Diese Tüchlein bringen ihr doch nur zwanzig Rubel im Jahre zu den hundertzwanzig Rubeln ein, das ist mir bekannt. Folglich hoffen sie doch auf die edle Gesinnung des Herrn Luschin: ›Er wird es selbst vorschlagen, wird mich darum bitten.‹ Ja, Schnecken! Und so geht es immer diesen Schillerschen schönen Seelen: bis zum letzten Augenblick schmücken sie einen Menschen mit Pfauenfedern, bis zum letzten Augenblick erhoffen sie das Beste und nicht das Schlimmste; und obwohl sie die Kehrseite der Medaille ahnen, werden sie nie die Dinge mit ihrem wahren Namen nennen; sie schrecken vor dem bloßen Gedanken zurück; sie wehren sich mit beiden Händen gegen die Wahrheit, so lange, bis der mit Pfauenfedern geschmückte Mensch sie eigenhändig hereinlegt. Es wäre auch interessant, zu wissen, ob der Herr Luschin Orden hat; ich möchte wetten, daß er einen Annenorden im Knopfloch hat und ihn zu den Diners bei Kaufleuten und Staatslieferanten anlegt. Vielleicht wird er ihn auch bei seiner Hochzeit tragen! Übrigens, hol' ihn der Teufel! ...