Читаем Verbrechen und Strafe (Schuld und Sühne) полностью

Er nahm nur drei oder vier Löffel zu sich, ganz automatisch und ohne Appetit. Der Kopf schmerzte etwas weniger. Nach dem Essen streckte er sich wieder auf dem Sofa aus, aber er schlief nicht mehr ein. Er lag unbeweglich, den Kopf in das Kissen vergraben. Er phantasierte, und seine Phantasien waren sehr eigenartig; er sah sich in Afrika, in einer ägyptischen Oase. Die Karawane hielt Rast, die Kamele lagen ruhig da. Palmen standen im Kreise umher. Alle aßen zu Mittag, er aber trank Wasser aus einem Bach, der gleich an seiner Seite rauschte. Das kühle, wunderbar blaue Wasser lief über bunte Steine und goldig schimmernden Sand ... Plötzlich hörte er ganz deutlich eine Uhr schlagen. Er zuckte zusammen, kam zu sich, hob den Kopf, schaute zum Fenster hinaus, um nach der Zeit zu sehen, sprang dann rasch vom Sofa auf, als hätte ihm jemand einen Stoß versetzt. Er ging auf den Fußspitzen zur Tür, machte sie leise auf und horchte zur Stiege hinunter. Er hatte heftiges Herzklopfen. Aber auf der Stiege war es so still, als schlafe das ganze Haus ... Es kam ihm so dumm und sonderbar vor, daß er imstande gewesen war, die ganze Zeit durchzuschlafen, und daß er noch gar keine Vorbereitungen getroffen hatte ... Vielleicht hatte es schon sechs geschlagen ... An Stelle der Schläfrigkeit trat jetzt eine fieberhafte, unruhige Geschäftigkeit. Er hatte übrigens nicht viel vorzubereiten. Er spannte seine ganze Denkkraft an, um ja nichts zu vergessen; sein Herz pochte wie wild, und sein Atem ging schwer. Zuerst mußte er eine Schlinge machen und sie an seinen Mantel nähen; das war bald getan. Er langte unter sein Kopfkissen und holte aus der Wäsche, mit der es gefüllt war, ein ganz zerrissenes ungewaschenes Hemd hervor. Er riß davon einen Streifen, etwa zwei Zoll breit und vierzehn Zoll lang ab. Diesen Streifen legte er zusammen, zog seinen weiten Sommermantel, der aus einem sehr festen Baumwollstoff gefertigt war, aus und begann den Streifen mit beiden Enden auf die Innenseite des Mantels unter der linken Achsel anzunähen. Seine Hände zitterten während der Arbeit, doch war von den Nähten nichts zu sehen. Nadel und Faden hatte er längst zurechtgelegt, sie lagen in Papier eingewickelt in seiner Tischlade. Diese Schlinge war seine eigene höchst geistreiche Erfindung: sie war für das Beil bestimmt. Er konnte das Beil ja nicht offen auf der Straße tragen. Hätte er es einfach unter dem Mantel verborgen, so hätte er es ja mit einer Hand halten müssen, was aufgefallen wäre. Wenn er nun das Beil mit der Schneide in diese Schlinge hängte, so konnte er es ganz unauffällig unter dem Arm tragen. Die Hand konnte er in die Manteltasche stecken und so den Griff des Beiles festhalten, damit dieser nicht hin und her pendele. Der Mantel war sehr weit, und man konnte unmöglich erraten, daß seine Hand den Beilgriff hielt. Diese Erfindung hatte er bereits vor vierzehn Tagen gemacht.

Als er damit fertig war, langte er mit der Hand in den schmalen Spalt zwischen seinem »türkischen« Sofa und dem Fußboden, suchte in der linken Ecke und holte das längst vorbereitete und versteckte Pfand heraus. Dieses »Pfand« bestand aus einem glatt gehobelten Holzbrettchen in der Größe eines gewöhnlichen silbernen Zigarettenetuis. Das Brettchen hatte er bei einem seiner Spaziergänge zufällig auf einem Hof in der Nähe einer Werkstatt gefunden. Später fügte er noch eine dünne Eisenplatte hinzu, die er wohl auch zufällig gefunden hatte. Die Eisenplatte war etwas kleiner als das Brettchen; er legte beide übereinander und band sie kreuzweise mit einem Faden zusammen; das Ganze wickelte er dann elegant in ein sauberes Papier und schnürte das Paket noch einmal zusammen, und zwar sehr kompliziert, damit die Alte einige Zeit zum Aufschnüren brauchte und er dabei einen günstigen Augenblick abwarten konnte. Die Eisenplatte diente zur Vergrößerung des Gewichts, damit die Alte nicht gleich sähe, daß der »Gegenstand« aus Holz sei. Das Ganze lag schon einige Zeit bereit. Als er das Pfand herausholte, hörte er jemand im Hof schreien:

»Es hat ja längst sechs geschlagen!«

»Längst! Mein Gott!«

Er stürzte zur Tür, horchte, nahm den Hut und begann unhörbar wie eine Katze die siebzehn Stufen hinabzugehen. Jetzt galt es noch, aus der Küche das Beil zu stehlen. Er hatte schon längst beschlossen, die Tat mit einem Beil auszuführen. Er besaß noch ein zusammenklappbares Gärtnermesser; er wollte sich aber nicht auf dies Messer und besonders auf seine Kräfte verlassen und wählte daher endgültig ein Beil. Wir wollen hier auf eine Eigentümlichkeit aller seiner endgültigen Entschlüsse hinweisen: je endgültiger sie wurden, um so dümmer und sinnloser erschienen sie ihm. Trotz seiner qualvollen inneren Kämpfe konnte er auch nicht einen Augenblick an die Ausführbarkeit seiner Pläne glauben.

Перейти на страницу:

Похожие книги

Бывшие люди
Бывшие люди

Книга историка и переводчика Дугласа Смита сравнима с легендарными историческими эпопеями – как по масштабу описываемых событий, так и по точности деталей и по душераздирающей драме человеческих судеб. Автору удалось в небольшой по объему книге дать развернутую картину трагедии русской аристократии после крушения империи – фактического уничтожения целого класса в результате советского террора. Значение описываемых в книге событий выходит далеко за пределы семейной истории знаменитых аристократических фамилий. Это часть страшной истории ХХ века – отношений государства и человека, когда огромные группы людей, объединенных общим происхождением, национальностью или убеждениями, объявлялись чуждыми элементами, ненужными и недостойными существования. «Бывшие люди» – бестселлер, вышедший на многих языках и теперь пришедший к русскоязычному читателю.

Дуглас Смит , Максим Горький

Публицистика / Русская классическая проза
Рецензии
Рецензии

Самое полное и прекрасно изданное собрание сочинений Михаила Ефграфовича Салтыкова — Щедрина, гениального художника и мыслителя, блестящего публициста и литературного критика, талантливого журналиста, одного из самых ярких деятелей русского освободительного движения.Его дар — явление редчайшее. трудно представить себе классическую русскую литературу без Салтыкова — Щедрина.Настоящее Собрание сочинений и писем Салтыкова — Щедрина, осуществляется с учетом новейших достижений щедриноведения.Собрание является наиболее полным из всех существующих и включает в себя все известные в настоящее время произведения писателя, как законченные, так и незавершенные.В пятый, девятый том вошли Рецензии 1863 — 1883 гг., из других редакций.

Михаил Евграфович Салтыков-Щедрин

Критика / Проза / Русская классическая проза / Документальное