Ich blieb höflich neben meinem Stuhl stehen. Tempi wehrte sich nun überhaupt nicht mehr, und seine Gesten wechselten nur noch zwischen
Carceret stand wie ich etwas entfernt von den beiden und starrte mich an. Ihre Miene war gefasst, doch ihre Augen funkelten zornig. Mit der Hand machte sie seitlich, so dass die anderen sie nicht sehen konnten, einige kleine Bewegungen. Ich kannte nur die Bewegung für
Ich antwortete mit einer Geste, die nicht ademisch war. Carceret kniff die Augen zusammen. Sie schien verstanden zu haben, was ich damit sagen wollte.
Eine helle Glocke schlug dreimal. Im nächsten Moment küsste Tempi Shehyn auf Hände, Stirn und Mund. Dann bedeutete er mir, ihm zu folgen, und wandte sich zum Gehen.
Wir betraten einen großen Raum mit niedriger Decke, in dem es nach Essen roch. Außer uns waren noch viele andere anwesend. Es handelte sich um einen Speisesaal mit langen Tischen und dunklen Bänken, deren Sitzflächen schon ganz glatt poliert waren.
Ich folgte Tempis Beispiel und tat mir verschiedene Speisen auf einen großen Holzteller. Erst jetzt merkte ich, was für einen Hunger ich hatte.
Dieser Speisesaal war wider Erwarten ganz anders als die Mensa der Universität. Er war zum einen viel ruhiger, und das Essen schmeckte weitaus besser. Es gab frische Milch und mageres, zartes Fleisch, vermutlich Zicklein, des weiteren harten, scharfen Käse und weichen, cremigen, zwei Sorten Brot, beide noch ofenwarm, und Äpfel und Erdbeeren so viel man wollte. Auf allen Tischen standen Salzfässchen, aus denen man sich ebenfalls nach Belieben bedienen konnte.
Es war ein seltsames Gefühl, in einem Raum zu sitzen, in dem nur Ademisch gesprochen wurde. Die anderen sprachen so leise, dass ich kein Wort verstand, aber ihre Hände waren in ständiger Bewegung. Von zehn Gesten erkannte ich nur eine, aber es war trotzdem seltsam, dem Hin und Her von Gefühlen gleichsam zusehen zu können. Die Hände drückten
Auch unerwartet viele Frauen und Kinder waren da. Einige wenige trugen die mir vertraute blutrote Uniform des Kriegers, weitaus mehr allerdings das schlichte Grau, dem ich auf meinem Spaziergang mit Shehyn schon begegnet war. Auch ein weißes Hemd sah ich. Es gehörte zu meiner Überraschung Shehyn selbst, die Seite an Seite mit uns anderen aß.
Niemand starrte mich an, aber ich spürte die Blicke der anderen auf mir. Die meiste Aufmerksamkeit galt natürlich meinem Haar. Etwa fünfzig der Anwesenden waren blond, einige dunkler und einige heller oder grau. Ich leuchtete aus ihnen heraus wie eine brennende Kerze.
Ich versuchte Tempi in ein Gespräch zu verwickeln, doch er wollte nicht und konzentrierte sich stattdessen auf das Essen. Er hatte viel weniger genommen als ich und aß davon auch nur einen kleinen Teil.
Ohne ein Gespräch als Ablenkung war ich schnell fertig. Sobald mein Teller leer war, hörte Tempi auf so zu tun, als esse er, und führte mich hinaus. Beim Gehen spürte ich dutzende Blicke im Rücken.
Tempi führte mich einige Gänge entlang. Vor einer Tür blieben wir stehen. Tempi öffnete sie, und dahinter lag ein kleines Zimmer mit einem Fenster und einem Bett. An der Wand lehnten meine Laute und mein Reisesack. Mein Schwert war nicht da.
»Du sollst einen anderen Lehrer bekommen«, sagte Tempi endlich. »Streng dich an und sei höflich. Von deinem Lehrer hängt viel ab.«
Er wirkte bedrückt, doch fiel mir nicht ein, was ich Tröstendes hätte sagen können. Stattdessen umarmte ich ihn, worüber er dankbar zu sein schien. Dann drehte er sich um und ging ohne ein weiteres Wort.
Ich machte die Tür hinter ihm zu, zog mich aus und legte mich auf das Bett. Wahrscheinlich sollte ich jetzt sagen, ich hätte mich unruhig hin und her gewälzt und aus Angst vor dem, was mich erwartete, nicht schlafen können. Die Wahrheit aber ist, dass ich hundemüde war und wie ein zufriedener Säugling an der Brust seiner Mutter schlief, tief und fest.
Kapitel 112
Der Hammer
Ich saß in einem kleinen Park, der lediglich aus zwei Steinbänken, ein paar Bäumen und einem schmalen Weg durch hohes Gras bestand. Man konnte in einer Minute von einem Ende zum anderen gehen. An zwei Seiten war er von steilen Felshängen vor dem Wind geschützt. Windstill war es in dem Park wohlgemerkt trotzdem nicht. Einen windstillen Ort schien es in ganz Haert nicht zu geben.
Als Vashet kam, fiel mir als Erstes auf, dass sie ihr Schwert nicht an der Hüfte trug, sondern es sich über die Schulter gehängt hatte, wie ich gewohnt war, meine Laute zu tragen. Ich kannte niemanden, der auf so beiläufige Art ein solches Selbstbewusstsein ausstrahlte. Als ob es sie nichts angehe.