Читаем Der Funke Leben полностью

Bucher blickte auf. »Nein«, wiederholte Berger. »Wir sollen es nicht vergessen. Aber wir sollen auch keinen Kult daraus machen. Sonst bleiben wir immer im Schatten dieser verfluchten Türme.«


Das Kleine Lager war leer. Man hatte es gesäubert und die Bewohner im Arbeitslager und in den SS-Kasernen untergebracht. Man hatte Ströme von Wasser und Seife und desinfizierenden Mitteln gebraucht; aber der Geruch nach Tod und Schmutz und Elend hing immer noch darüber. In die Stacheldrahtzäune waren überall Durchgänge eingeschnitten worden.

»Glaubst du, daß du nicht müde werden wirst?« fragte Bucher Ruth.

»Nein.«

»Dann wollen wir gehen. Was ist heute für ein Tag?«

»Donnerstag.«

»Donnerstag. Gut, daß die Tage wieder Namen haben. Hier hatten sie nur Zahlen.

Sieben in einer Woche. Alle gleich.«

Sie hatten sich ihre Papiere von der Lagerverwaltung geben lassen. »Wohin wollen wir gehen?«

fragte Ruth.

»Dorthin.« Bucher zeigte auf den Hang, auf dem das weiße Haus stand. »Wir wollen zuerst dorthin gehen und es nahe ansehen. Es hat uns Glück gebracht.«

»Und dann?«

»Dann? Wir können hierher zurückkommen. Es gibt Essen hier.«

»Laß uns nicht zurückkommen. Nie mehr.«

Bucher sah Ruth überrascht an. »Gut. Warte. Ich hole unsere Sachen.«


Es war nicht viel; aber sie hatten Brot für einige Tage und zwei Büchsen kondensierter Milch dabei.

»Gehen wir wirklich?« fragte sie.

Er sah die Spannung in ihrem Gesicht. »Ja, Ruth«, sagte er.

Sie verabschiedeten sich von Berger und gingen zu der Tür, die in die Stacheldrahtumzäunung des Kleinen Lagers geschnitten war. Sie waren schon einige Male außerhalb des Lagers gewesen, wenn auch nie weit – aber es war jedesmal wieder die gleiche Erregung, plötzlich auf der anderen Seite zu stehen. Unsichtbar schienen immer noch der elektrische Strom dazusein und die Maschinengewehre, die genau auf den kahlen Streifen Weg rundum eingestellt waren, ein Schauer durchlief sie beim ersten Schritt über die Drahteinfassung hinaus. Doch dann war endlos die Welt da.


Sie gingen langsam nebeneinander her. Es war ein weicher, verhangener Tag.

Sie hatten durch Jahre kriechen, rennen und schleichen müssen – jetzt gingen sie ruhig und aufrecht, und keine Katastrophe folgte. Niemand schoß hinter ihnen her. Niemand schrie. Niemand schlug auf sie ein.

»Es ist unbegreiflich«, sagte Bucher. »Jedesmal wieder.«

»Ja. Es macht einem fast Angst.«

»Sieh nicht zurück. Wolltest du dich umsehen?«

»Ja. Es sitzt einem noch im Nacken. Als ob jemand im Kopfe hockte und ihn herumdrehen wollte.«

»Laß uns einmal versuchen, es zu vergessen. Solange wir können.«

»Gut.«

Sie gingen weiter und überquerten einen Weg. Eine Wiese lag vor ihnen, grün und überweht vom Gelb der Primeln. Sie hatten sie oft vom Lager aus gesehen. Bucher dachte einen Augenblick an die armseligen, vertrockneten Primeln Neubauers neben Baracke 22. Er schüttelte es ab. »Komm, wir wollen da hindurchgehen.«

»Darf man das?«

»Ich glaube, wir dürfen vieles. Und wir wollen doch keine Angst mehr haben.«

Sie fühlten das Gras unter ihren Füßen und an ihren Schuhen. Auch das kannten sie nicht mehr. Sie kannten nur den harten Grund der Appellplätze. »Laß uns nach links gehen«, sagte Bucher.

Sie gingen nach links. Ein Haselnußbusch streifte sie. Sie gingen um ihn herum und bogen seine Zweige auseinander und fühlten seine Blätter und Knospen. Auch das war neu. »Komm, jetzt gehen wir nach rechts«, sagte Bucher.

Sie gingen nach rechts. Es schien kindisch, aber es gab ihnen eine tiefe Befriedigung.

Sie konnten tun, was sie wollten. Niemand befahl ihnen etwas. Niemand schrie und schoß. Sie waren frei. »Es ist wie ein Traum«, sagte Bucher. »Man hat nur Angst, daß man aufwacht und daß dann wieder die Baracke und der Ekel da ist.«

»Es ist eine andere Luft hier.« Ruth atmete tief. »Es ist lebendige Luft. Keine tote.«

Bucher sah sie aufmerksam an. Ihr Gesicht war etwas gerötet, und ihre Augen glänzten plötzlich.

»Ja, es ist lebendige Luft. Sie riecht. Sie stinkt nicht.«

Sie standen neben den Pappeln. »Wir können uns hierhersetzen«, sagte er. »Niemand wird uns aufjagen. Wir können sogar tanzen, wenn wir wollen.«

Sie setzten sich. Sie betrachteten die Käfer und Schmetterlinge. Im Lager hatte es nur Ratten gegeben und blauschimmernde Fliegen. Sie hörten das Murmeln des Baches neben den Pappeln.

Er war klar und floß schnell. Im Lager hatten sie immer zuwenig Wasser gehabt. Hier floß es und wurde nicht gebraucht. Man mußte sich an vieles neu gewöhnen.

Sie gingen weiter den Abhang hinab. Sie nahmen sich Zeit und ruhten oft aus. Dann kam eine Mulde, und als sie endlich zurückblickten, war das Lager verschwunden.


Sie saßen lange und schwiegen. Das Lager war nicht mehr da und auch nicht die zerstörte Stadt.

Sie sahen nur eine Wiese und darüber den weichen Himmel.

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