Es war schwierig, das Glas einzustellen. Mit gespreizten Beinen suchte er festen Stand auf dem schlüpfrigen, schwankenden Deck. Die Masten des Schoners kamen ins Blickfeld und verschwanden wieder, und der kleine blutrote Fleck der Kriegsflagge, der vorher noch nicht dagewesen war. Er spürte sich lächeln, obgleich ihm eigentlich mehr nach Weinen zumute war, obwohl er verzweifelt wünschte, seine flehenden Worte über diese zwei Meilen schreien zu können. Herrick zeigte ebenfalls die Farben. Für ihn war der Schoner nicht einfach eine schwimmende Bombe; er war ein Schiff — sein Schiff. Oder vielleicht wollte er mit dieser simplen Geste Bolitho etwas erklären. Ihm zeigen, daß er verstand.
Noch ein Krach; und dieses Mal sah er den Pulverrauch von der Batterie aufsteigen, ehe der Wind ihn auseinanderriß. Fedrig sprang eine Gischtfontäne hoch, aber weit vom Schoner entfernt. Bolitho hielt ihn im Glas. Er krängte so, daß das
Unterwasserschiff über dem spritzenden Gischt sichtbar wurde. Bei diesem Wind konnte Herrick für den letzten und gefährlichsten Teil seiner Fahrt das Ruder nicht festlaschen, das wußte er.
«Der Schuß saß zu hoch, Sir!«schrie Davy.
Diese Worte rissen Bolitho in die Wirklichkeit zurück, und er senkte das Glas. Der Kanonier auf der Festung hatte also auf die
Bolitho blickte wieder hin, als eine Doppelexplosion übers Wasser rollte. Er sah die Mündungsfeuer nur kurz aufblitzen, dann stiegen die Zwillingsgeyser in Linie mit dem Schoner, aber weit hinter ihm auf.
Hauptmann Bellairs vergaß seinen blasierten Gleichmut, packte seinen Sergeanten beim Arm und brüllte:»Bei Gott, Sar'nt Coaker,
Es dauerte noch ein paar Sekunden, bis sich diese Erkenntnis über das ganze Deck der Fregatte verbreitet hatte. Aber dann, als die Worte von einem Geschütz zum anderen bis zum Bug gedrungen waren, sprangen die Männer auf, brüllten wie die Irren, schwenkten ihre Halstücher oder hüpften wie Kinder auf dem sandbestreuten Deck. Von den Masten und auf der Back erscholl Geschrei, und selbst Midshipman Armitage, der sich eben noch an eine Belegklampe geklammert hatte, um nicht zusammenzubrechen, schwenkte seinen Hut und gellte:»Los! Ihr werdet es ihnen schon zeigen!»
Bolitho räusperte sich mühsam.»Frage an Masttopp: Fregatten gesichtet?»
Er versuchte krampfhaft, nicht an den mit Pulver vollgestopften Laderaum des Schoners zu denken. Und nicht an die Lunte, die in der Stille des Schiffsrumpfes bestimmt schon knisternd brannte.
«Aye, Sir! Er sieht die Rahen der ersten Fregatte hinter der Landspitze!«Selbst Davy hatte wilde Augen und schien, den bevorstehenden Kampf vergessend, von Herricks Selbstaufopferung überwältigt zu sein.
Erneutes Geschützfeuer, und nun spritzten die Fontänen rings um den Schoner hoch. Vielleicht kamen sie von der nächsten der ankernden Fregatten oder von kleineren Geschützen auf dem winzigen Strand, der die Einfahrt beherrschte. Bolitho spürte, daß er die Zähne schmerzhaft fest zusammengebissen hatte.
Zum mindesten wußten die Franzosen jetzt, daß irgend etwas geschah, aber sie würden das volle Ausmaß der Gefahr noch nicht gleich erkennen.
Ein fast gleichzeitiges Aufstöhnen der gespannt beobachtenden Matrosen ließ Bolitho das Glas heben; er sah die Bramstenge des Schoners umknicken und dann in einem flatternden Chaos von Leinwand und Rigg niedersinken.
«Zurück, Thomas! Um Gottes willen, wende!«flüsterte er.
«Schon wieder ein Treffer, Captain«, sagte Allday.»Und diesmal schlimmer.»
Bolitho riß sich los, er durfte nicht an Herrick denken. Das mußte warten. Denn in wenigen Minuten würde die
Er zog den Degen und hob ihn über den Kopf.
«Schaut auf ihn, Jungs!«Er konnte die Gesichter, die sich ihm zuwandten, nur undeutlich unterscheiden, sie schwammen wie im Nebel.»Mr. Herrick zeigt uns den Weg!»
«Er ist aufgelaufen!«Davy war beinahe außer sich.»In voller Fahrt aufgelaufen!»
Der Schoner hatte sich bei der harten Grundberührung ein Stück aus dem Wasser gehoben und knallte jetzt mit dem ganzen Vorschiff zwischen die Felsbrocken und Klippen. Genau wie er es ihnen mit Conways silbernen Tintenfässern vorgespielt hatte.
Selbst ohne Glas war zu sehen, daß ein paar kleine Boote sich von der Pier lösten und auf den schwer havarierten Schoner zuhielten, der jetzt entmastet dalag und wie eine uralte Hulk von Brechern überspült wurde. Gelegentlich zeigte ein Aufblitzen an, daß Scharfschützen in das Wrack feuerten, und Bolitho betete, daß die Lunte noch brennen und Herrick nicht lebend in Gefangenschaft geraten möge.