»Na, ist das nicht offensichtlich? Sie können
Anawak war sprachlos. Ausgerechnet damit wollte sie ihm kommen. Mit seinem eigenen Argument.
»Hatten Sie wirklich diesen Eindruck?«
»Sie haben gesagt, Wale könnten uns möglicherweise ähnlicher sein, als wir bisher dachten.«
»Warum hören Sie nicht besser hin, Miss …«
»Delaware. Alicia Delaware.«
»Miss Delaware.« Anawak sammelte sich. »Ich sagte, Wale und Menschen könnten
»Wo ist der Unterschied?«
»Im Standpunkt. Wir wollen nicht beweisen, dass Wale den Menschen umso ähnlicher werden, je mehr Parallelen wir herausarbeiten. Es geht nicht darum, den Menschen als Idealbild hinzustellen, sondern grundsätzliche Verwandtschaften …«
»Ich glaube aber nicht, dass das Selbstbewusstsein eines Tiers mit dem des Menschen vergleichbar ist. Die Grundvoraussetzungen liegen einfach zu weit auseinander. Es fängt damit an, dass Menschen ein permanentes Ich-Bewusstsein haben, durch das sie …«
»Falsch«, unterbrach sie Anawak. »Auch Menschen entwickeln ein ständiges Bewusstsein von sich selber nur unter bestimmten Bedingungen. Das ist nachgewiesen. Im Alter von 18 bis 24 Monaten beginnen Kleinkinder, ihr Abbild im Spiegel zu erkennen. Bis dahin sind sie außerstande, über ihr Ich-Sein zu reflektieren. Sie sind sich ihres eigenen Geisteszustands nicht bewusst, weniger als dieser Wal, den wir eben gesehen haben. Und hören Sie auf, sich ständig nur auf Gallup zu beziehen. Wir bemühen uns hier, die Tiere zu verstehen. Worum bemühen Sie sich eigentlich?«
»Ich wollte doch nur …«
»Sie wollten? Wissen Sie, wie es auf einen Beluga wirken würde, wenn Sie sich im Spiegel betrachten? Sie bemalen sich das Gesicht, was soll er davon halten? Er wird schlussfolgern, dass Sie die Person im Spiegel identifizieren können. Alles andere wird ihm idiotisch vorkommen. Je nachdem, wie Ihr Geschmack in Sachen Kleidung und Make-up beschaffen ist, wird er sogar
Alicia Delaware errötete. Sie setzte zu einer Antwort an, aber Anawak ließ sie nicht zu Wort kommen.
»Natürlich sind diese Tests nur ein Anfang«, sagte er. »Niemand, der Wale und Delphine ernsthaft erforscht, will den Mythos vom feuchtfröhlichen Menschenfreund wiederbeleben. Wahrscheinlich haben Wale und Delphine an Menschen nicht mal ein sonderliches Interesse, eben
Er beantwortete noch einige Fragen und tat es so knapp wie möglich. Alicia Delaware hielt sich mit betretener Miene im Hintergrund. Schließlich verabschiedete sich Anawak von der Gruppe und wartete, bis alle außer Sichtweite waren. Danach besprach er sich mit seinem wissenschaftlichen Team, legte die nächsten Termine fest und die weitere Vorgehensweise. Endlich allein, trat er an den Rand des Bassins, atmete tief durch und entspannte sich.
Öffentlichkeitsarbeit lag ihm nicht besonders. Aber er würde in Zukunft nicht drum herumkommen. Seine Karriere verlief allzu planmäßig. Sein Ruf als Erneuerer der Intelligenzforschung eilte ihm voraus. Also würde er sich weiterhin mit den Alicia Delawares dieser Welt herumstreiten müssen, die frisch von der Uni kamen und vor lauter Büchern keinen Liter Meerwasser von innen gesehen hatten.
Er ging in die Hocke und strich mit den Fingern durch das kühle Wasser des Beluga-Beckens. Es war früh am Morgen. Sie führten die Tests und wissenschaftlichen Führungen vorzugsweise durch, bevor das Aquarium öffnete oder nachdem es schloss. Nach den wochenlangen Regenfällen prunkte der März mit einer Reihe ausnehmend schöner Tage, und die frühe Sonne legte sich angenehm warm auf Anawaks Haut.
Was hatte diese Studentin gesagt? Er versuche, die Tiere zu vermenschlichen?