Читаем Der Schwarm полностью

Dann gesellt sich etwas hinzu, das Weaver nicht sehen kann, aber ihr Sonar erfasst es. Eine große, kompakte Masse. Einen Moment lang denkt sie an ein Kollektiv der Yrr, aber die Kollektive leuchten, und dieses Ding hier ist so schwarz wie das umgebende Meer. Es hat eine längliche Form, wuchtig zur einen und schlank zulaufend zur anderen Seite. Weaver fliegt geradewegs darauf zu. Sie zieht das Deepflight ein Stück hoch und gleitet über das Wesen hinweg, und im selben Moment wird ihr klar, was sie da möglicherweise überflogen hat.

Wale müssen trinken. Eine absurde Vorstellung angesichts eines Lebens unter Wasser, aber die Gefahr, im Ozean zu verdursten, ist für einen Wal ebenso groß wie für einen Schiffbrüchigen. Quallen bestehen fast vollständig aus Wasser, Süßwasser nämlich, ebenso wie Tintenfische, die viel lebenswichtige Flüssigkeit liefern, und darum taucht der Pottwal nach Tintenfischen und Medusen. Senkrecht stößt er hinab, in eintausend, zweitausend, mitunter bis zu dreitausend Meter Tiefe, bleibt dort länger als eine Stunde, bis er wieder für zehn Minuten an die Wasseroberfläche zurückkehrt, um zu atmen, und wieder taucht er ab.

Weaver ist einem Pottwal begegnet. Einem regungslosen Räuber mit guten Augen. Sie durchquert das Reich der Finsternis und der guten Augen. Alle hier unten sehen gut.

Was siehst du? Was siehst du nicht?

Du gehst eine Straße entlang. In einiger Entfernung erkennst du einen Mann, der dir entgegenkommt. Noch ein Stück weiter führt eine Frau einen Hund spazieren. Klick, Momentaufnahme! Beschreibe, wie viele Lebewesen auf der Straße unterwegs sind und ihre Entfernung zueinander.

Wir sind vier.

Nein, wir sind mehr. In den Bäumen sehe ich drei Vögel, also sind wir sieben. Der Mann ist achtzehn Meter weit entfernt, die Frau fünfzehn. Der Hund dreizehneinhalb, er zieht ihr voraus, liegt in seinem Halsband. Die Vögel befinden sich in zehn Meter Höhe und sitzen je einen halben Meter auseinander. — Nein! In Wahrheit tummeln sich auf dieser Straße Milliarden Lebewesen. Nur drei davon sind Menschen. Eines ist ein Hund. Außer den drei Vögeln sitzen noch 57 weitere Vögel in den Bäumen, die ich nicht sehe. Die Bäume selber sind Lebewesen, in deren Blattwerk und Borke Myriaden von Insekten wohnen. Das Gefieder der Vögel besiedeln Milben, ebenso wie die Poren unserer Haut. Der Hund vereint auf seinem Fell eine halbe Hundertschaft Flöhe, vierzehn Zecken, zwei Mücken und in Darm und Magen Tausende winziger Würmer. Sein Speichel ist gesättigt mit Bakterien. Ähnlich besiedelt sind wir, und die Entfernung all dieser Lebensformen zueinander beträgt praktisch null. Sporen, Bakterien und Viren schweben in der Luft, bilden organische Ketten, deren Teil wir sind, verflechten uns alle zu einem einzigen Superorganismus, und ebenso verhält es sich im Meer.

Was bist du, Karen Weaver?

Ich bin in weitem Umkreis die einzige menschliche Lebensform — sieht man von Rubin ab, der keine Lebensform mehr ist, weil tot.

Du bist ein Partikel.

Ein Partikel in der Vielfalt. Keinem anderen Menschen gleichst du vollständig, wie keine Zelle einer anderen in jedem Detail gleicht. Irgendetwas ist immer anders. So musst du die Welt betrachten. Als Spannbreite von Ähnlichkeiten. Ist es nicht tröstlich, dich als Partikel begreifen zu dürfen, wenn dir dafür Einzigartigkeit zugestanden wird?

Du bist ein Partikel in Raum und Zeit.

Der Tiefenmesser blinkt auf.

Zweitausend Meter.

Siebzehn Minuten. Seit siebzehn Minuten bin ich unterwegs. Das sagt dir diese Uhr?

Ja.

Um die Welt zu begreifen, musst du eine andere Zeit entdecken. Du müsstest dich erinnern, aber das kannst du nicht. Der Mensch ist seit zwei Millionen Jahren kurzsichtig. Homo sapiens hat die größte Zeitspanne im Verlauf seiner Evolution mit Jagen und Sammeln verbracht. Das hat sein Gehirn geformt, wie es heute ist. Die Zukunft unserer Vorfahren war immer nur das unmittelbar Folgende, alles darüber Hinausgehende so verschwommen wie lange Zurückliegendes. Wir lebten im Augenblick, primär interessiert an Fortpflanzung. Schlimme Katastrophen gerieten in Vergessenheit oder hielten Einzug in die Mythologie. Die Verdrängung war ein Geschenk der Evolution, aber heute ist sie zu unserem Fluch geworden. Immer noch überschaut unser Geist keinen Zeithorizont, der mehr als ein paar Jahre in die Vergangenheit und in die Zukunft reicht. Wenige Generationen, und wir verdrängen, ignorieren, vergessen. Außerstande, uns Vergangenes zu merken und daraus zu lernen, sind wir unfähig, die Zukunft zu betrachten.

Menschen sind nicht geschaffen, das Ganze zu sehen und ihren Platz darin. Wir teilen nicht die Erinnerung der Welt.

Blödsinn! Die Welt erinnert sich nicht. Menschen erinnern sich, aber nicht die Welt. Das mit der Welterinnerung ist esoterischer Quatsch.

Meinst du? Die Yrr erinnern sich an alles. Sie sind die Erinnerung.

Weaver fühlt sich schwummrig.

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