Читаем Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend полностью

Die Pastoren segnen das Denkmal ein; jeder für seinen Gott. Ich habe im Felde, wenn wir zum Gottesdienst befohlen wurden und die Pastoren der verschiedenen Bekenntnisse für den Sieg der deutschen Waffen beteten, oft darüber nachgedacht, daß ja ebenso englische, französische, russische, amerikanische, italienische und japanische Geistliche für die Siege der Waffen ihrer Länder beteten, und ich habe mir Gott dann so vorgestellt wie eine Art von eiligem Vereinspräsidenten in Nöten, besonders wenn zwei gegnerische Länder des gleichen Bekenntnisses beteten. Für welches sollte er sich entscheiden? Für das mit den meisten Einwohnern? Oder das mit den meisten Kirchen? Oder wo war seine Gerechtigkeit, wenn er ein Land gewinnen ließ, das andere aber nicht, obschon auch dort fleißig gebetet wurde? Manchmal kam er mir auch vor wie ein abgehetzter alter Kaiser über viele Staaten, der dauernd zu Repräsentationen mußte und immer die Uniform zu wechseln hatte – jetzt die katholische, dann die protestantische, die evangelische, die anglikanische, die episkopalische, die reformierte, je nach dem Gottesdienst, der gerade gehalten wurde, so wie ein Kaiser bei den Paraden von Husaren, Grenadieren, Artillerie und Marine.

Die Kränze werden niedergelegt. Wir haben auch einen dabei, im Namen der Firma. Wolkenstein stimmt mit seiner überschnappenden Stimme das Lied»Deutschland, Deutschland über alles«an. Das scheint im Programm nicht vorgesehen zu sein; die Musik schweigt, und nur ein paar Stimmen fallen ein. Wolkenstein wird rot und dreht sich wütend um. In der Kapelle beginnen der Trompeter und dann das Englischhorn die Melodie zu übernehmen. Beide übertönen Wolkenstein, der jetzt mächtig winkt. Die anderen Instrumente finden sich, und ungefähr die Hälfte aller Versammelten singt allmählich mit; aber Wolkenstein hat zu hoch angefangen, und es wird ein ziemliches Quietschen. Zum Glück greifen die Damen ein. Sie stehen zwar im Hintergrund, doch sie retten die Situation und bringen das Lied sieghaft zu Ende. Ohne zu wissen warum, fällt mir Renée de la Tour ein – sie hätte es allein gekonnt.


Nachmittags beginnt der gemütliche Teil. Wir müssen noch bleiben, da wir unser Geld noch nicht bekommen haben. Durch die lange patriotische Rede Wolkensteins haben wir den Dollarkurs vom Mittag versäumt – wahrscheinlich ein erheblicher Verlust. Es ist heiß, und der geborgte kleine Besuchsanzug ist mir zu eng um die Brust. Am Himmel stehen dicke weiße Wolken, auf dem Tisch stehen dicke Gläser mit Steinhäger-Schnaps und daneben lange Glasstangen mit Bier. Die Köpfe sind rot, die Gesichter glitzern von Schweiß. Das Festessen für die Toten war fett und reichlich. Am Abend soll großer patriotischer Ball im Niedersächsischen Hof sein. Überall hängen Girlanden aus Papier, Fahnen, natürlich schwarzweißrote, und Kränze aus Tannengrün. Nur am letzten Hause des Dorfes hängt aus dem Bodenfenster eine schwarzrotgoldene Fahne. Es ist die Fahne der deutschen Republik. Die schwarzweißroten sind die des alten Kaiserreiches. Sie sind verboten; aber Wolkenstein hat erklärt, die Toten seien unter den ruhmreichen, alten Farben gefallen, und jeder, der die schwarzrotgoldene aufziehe, sei ein Verräter. Somit ist der Tischler Beste, der dort wohnt, ein Verräter. Er hat zwar einen Lungenschuß im Krieg erhalten, aber er ist ein Verräter. In unserm geliebten Vaterland wird man leicht zum Verräter erklärt. Nur die Wolkensteins sind niemals welche. Sie sind das Gesetz. Sie bestimmen, wer ein Verräter ist.

Die Stimmung steigt. Die älteren Leute verschwinden. Ein Teil des Kriegervereins auch. Die Arbeit auf dem Felde ruft sie ab. Die eiserne Garde, wie Wolkenstein sie nennt, bleibt. Die Pastoren sind längst gegangen. Die eiserne Garde besteht aus den jüngeren Leuten. Wolkenstein, der die Republik verachtet, aber die Pension, die sie ihm gewährt, annimmt und dazu benutzt, gegen die Regierung zu hetzen, hält eine neue Ansprache, die mit dem Worte»Kameraden«beginnt. Das ist zuviel für mich. Kameraden hat uns kein Wolkenstein je genannt, als er noch im Dienst war. Da waren wir Muskoten, Schweinehunde, Idioten, und wenn es hoch kam, Leute. Nur einmal, am Abend vor einem Angriff, nannte uns der Schindler Helle, unser Oberleutnant, der früher Forstrat war, Kameraden. Er hatte Angst, daß ihn am nächsten Morgen eine Kugel von hinten treffen würde.

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