»Wie geht es ihm?« Sie sprach – wohl aus Rücksicht auf Skar –noch immer Tekanda, das er verstand.
Zwischen Larynns Brauen entstand eine steile Falte. Sie war jünger als Coar; achtzehn, vielleicht – allerhöchstens – zwanzig, schätzte Skar. Ihr Gesicht war hübsch, aber ihr fehlte der energische Zug, der Coar auszeichnete. Ein Mädchen, das sich in Männerkleider gepreßt hatte. Keine Kriegerin.
»Es sieht . . . nicht gut aus«, antwortete sie schwerfällig. Ihre Lippen hatten sichtlich Mühe, die ungewohnten Worte der fremden Sprache zu formen. Aber sie beherrschte sie trotzdem erstaunlich gut. »Er muß zu einer Heilerin, oder er wird bald erwachen.« Sie wies mit einer Kopfbewegung auf die bloßgelegte, rissige Wunde, die sich wie ein pulsierendes lebendes Geschwür über Dels Schulter und einen Teil der Brust ausgebreitet hatte, und stieß dann angeekelt mit dem Fuß gegen den schmutzerstarrten Fetzen, der ihnen als Verband hatte dienen müssen.
»Er hat Wundbrand, und das schon ziemlich lange, fürchte ich. Wann ist es passiert?«
Skar antwortete nicht sofort. Fünf endlos lange Tage waren sie durch die Nonakesh geirrt, aber das schien bereits Ewigkeiten zurückzuliegen. Sein Zeitgefühl war irgendwo auf dem Weg zwischen dieser Lichtung und dem Waldrand verlorengegangen.
»Vor fünf Tagen«, antwortete er schließlich.
Larynn nickte. »Das habe ich befürchtet. Eigentlich dürfte er schon gar nicht mehr leben. Das Wundgift ist in seine Adern geraten und zerfrißt seinen Körper. Und diese dreckigen Lappen haben alles noch viel schlimmer gemacht.«
»Es war alles, was wir hatten«, gab Skar gereizt zurück. »Ich hätte die Quorrl ja um frischen Verbandsstoff bitten können, als sie auf uns eindroschen.«
Larynn lächelte sanft. »Verzeih, Skar. Es war nicht als Angriff gemeint, nur als Erklärung. Aber wir müssen deinen Freund schnellstens nach Went bringen. Unsere Heilerin wird ihn retten.«
»Seinen . . . Arm auch?« fragte Skar hastig.
Larynn antwortete nicht.
»Warum«, fragte Coar leise, »hat er nicht gesagt, wie schwer er verwundet ist?«
Skar zuckte die Achseln. Einen Moment lang war er versucht, sie daran zu erinnern, wie unbarmherzig sie sie durch den Wald getrieben hatte, aber ein einziger Blick in ihre Augen sagte ihm, daß das nicht nötig war. Schon ihre Frage war eine unausgesprochene Bitte um Vergebung.
»Vermutlich hat er es selbst nicht gewußt«, sagte er ausweichend. »Oder es nicht wahrhaben wollen. Del ist sehr stolz. Mehr, als gut für ihn ist, manchmal. Er ist noch sehr jung.«
Coar schüttelte den Kopf. »Del ist ein seltsamer Mann. Ihr beide seid seltsame Männer, Skar. Was seid ihr?«
»Satai!«
Coar überlegte einen Moment. »Und was«, sagte sie dann, »sind Satai?«
»Wir sind Krieger. Söldner, wenn du so willst. Aber wir stehen in niemandes Sold.«
Coar runzelte die Stirn. »Das verstehe ich nicht.«
»Ich verstehe es manchmal selbst nicht. Nimm uns als wandernde Abenteurer, wenigstens vorerst. Später erkläre ich es dir genauer, wenn du dich wirklich dafür interessierst.«
Coar gab sich vorerst mit dieser Erklärung zufrieden, wenngleich Skars Worte ihre Verwirrung wohl eher noch gesteigert hatten, und wandte sich wieder an Larynn.
»Versorge ihn, so gut du kannst«, sagte sie. »Und laß eine Trage für ihn bauen. Den Ritt auf einem Pferderücken bis Went würde er nicht überleben.«
Larynn nickte gehorsam, schenkte Skar noch einen undeutbaren Blick und beugte sich dann wieder zu dem Bewußtlosen hinab, um weiter an seiner Wunde zu hantieren.