Читаем Die Kinder der Nibelungen полностью

»Steh auf! Weiter!« Das war Yngwes Stimme. Die anderen hatten gar nichts von ihrem Sturz bemerkt.

Gunhild versuchte, sich zu erheben, doch die Beine knickten ihr ein. Die brodelnde Substanz schwappte heran. Feuerlanzen stachen nach ihren Füßen. Sie wollte aufschreien, doch sie brachte nur ein Krächzen hervor.

Dann packten sie zwei starke Arme und hoben sie auf.

»Wir schaffen es, Herrin!«, keuchte Yngwe, selbst am Ende seiner Kräfte.

Einen flüchtigen Augenblick fragte sich Gunhild, wen er in ihr sah: das Menschenkind oder Freya, die Göttin. Dann drückte ihr jemand ein Seil in die Hand.

»Festhalten!« Sie griff danach, aber es entglitt ihren Fingern.

Dann war die schwarze, schwappende Masse heran.

Yngwe schrie. Feuer griff nach seinen Beinen, setzte seine Kleider in Brand. Säure fraß sich in sein Fleisch, löste es auf. Brodelnder Schlamm ließ ihn schwanken. Mit einem letzten, verzweifelten Kraftakt stemmte er seine Last in die Höhe.

»Gunniiii«, kam Siggis Schrei von oben.

Krampfhaft griff sie zu, bekam das Seil zu packen und klammerte sich daran, ohne überhaupt etwas zu denken, nur vom reinen Überlebensinstinkt getrieben. Dann wurde sie in die Höhe gezogen, während unter ihr Drudgelmir heranschwappte und die ganze Grotte mit seiner brodelnden, stinkenden feurigen Flut erfüllte.

Keuchend lag sie auf dem kalten Felsboden. Ihre Lunge brannte wie Feuer, und sie glaubte, sich übergeben zu müssen, doch würgte sie nur gelben Schleim hervor.

»Hier, trink!«, sagte eine Stimme. Jemand setzte eine Feldflasche an ihre Lippen. Sie trank das klare Wasser, musste wieder husten, trank noch einmal.

Ihre Finger krampften sich noch immer um das Seil, und sie konnte sie nicht davon lösen.

Sie blickte in die Runde. Sie sah Wali, der ihr zu trinken gegeben hatte, und auch die anderen Späher, Widar, Modi und Magni, waren anwesend. Siggi lag noch auf dem Boden; seine Brust hob und senkte sich in keuchende Atemzügen. Laurion saß nehmen ihm und hatte das Gesicht abgewandt. Und Yngwe ...

»Wo ist Yngwe?«

Der Blasenbrodler stieß eine letzte Feuerlanze aus der Tiefe hervor.

Da kam ihr zu Bewusstsein, was geschehen war, und sie weinte, weinte bittere Tränen, die nicht aus Rauch und Feuer geboren waren, sondern aus Kummer um einen Freund, der so voller Hass gewesen war und so voller Heldenmut.

»Er hat mit seinem letzten Blick das Halsband der Göttin gesehen«, sagte Laurion mit einer Stimme rau wie Asche. »Und er hat dich gerettet. Er war sich dessen bewusst, dass dies ein gefährliches Spiel ist, aber als Krieger ist er das Risiko eingegangen. Ehre sein Andenken, aber lass dich nicht vom Kummer überwältigen.«

Der Lios-alf hatte den Arm um sie gelegt. Sie vergrub ihr Gesicht an seiner Schulter.

Die Lios-alfar sahen die Kinder an. Siggi, der sich ebenfalls wieder aufgerafft hatte, konnte keinen Vorwurf in den Augen der Lichtalben finden, nur Trauer um den Kameraden und Sorge um ihre Gäste.

»Wir müssen nun weiter«, erklärte Laurion schließlich. »Es liegt noch ein gutes Stück Weg vor uns, der gegangen sein will.«

»Ich kann nicht«, schluchzte Gunhild.

»Du musst«, entgegnete Laurion. »Damit sein Opfer nicht vergebens war.«

»Von hier aus führt nur noch ein Weg«, sagte Magni. »Wir haben die anderen Tunnel erkundet, aber sie sind hier alle durch Geröll oder Felsblöcke versperrt. Es scheint, dass die dunkle Brut doch noch ganze Arbeit geleistet hat, bevor sie sich zur Heerschau sammelte. Es muss einen genauen Plan gegeben haben, was jeder in diesem Fall zu tun hatte; anders ist das nicht zu erklären.«

»Und welcher Weg ist das?«, fragte Laurion.

»Der Weg durch den lichtlosen Tunnel«, antwortete Magni.

Trotz der herrschenden Düsternis konnte Siggi sehen, wie Laurion erblasste.

»Ich hatte gehofft, diesen Weg vermeiden zu können«, sagte der Lios-alf langsam. »Aber wenn das Schicksal es nicht anders gewollt hat, werden wir ihn gehen - oder besser kriechen. Zumindest dürften wir dann aus einer Richtung in das Schwarzalbenheim eindringen, die keiner von ihnen vermutet.«

Sie standen auf, und Magni übernahm die Führung. Laurion wollte Gunhilds Hand nehmen, aber sie schüttelte ihn ab; sie wollte lieber allein sein, allein mit ihren Gedanken. Siggi konnte sich ungefähr denken, was in ihr vorging. Jemand hatte sich für sie aufgeopfert, hatte sein Leben für sie gegeben. Wenn das alles bislang wie ein Spiel erschienen war, jetzt war es blutiger Ernst.

Er warf einen Blick auf Magni, Widar und die anderen, die ihnen folgten. Sie nahmen ein ähnliches Risiko auf sich wie Yngwe, und alles nur, um ihnen zu helfen, Hagen aus der Hand der Schwarzalben zu befreien. Obwohl die Lios-alfar zur gleichen Zeit zu einem Krieg gegen die Swart-alfar rüsteten, standen sie ihnen bei. Er konnte ihnen und ihrer Königin gar nicht dankbar genug sein.

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