Читаем Die Kinder der Nibelungen полностью

»Ja, wir müssen«, sagte auch Siggi seufzend, »wenn wir noch eine möglichst große Strecke trocken schaffen wollen.«

»Wo entlang?«, fragte Hagen.

Siggi dachte kurz nach. »Was ist, Gunhild? Versuchen wir, nach Hause zu kommen, oder laufen wir zum Waldgasthof und rufen von da aus Vati an?«

Das blonde Mädchen überlegte, sah auf das herannahende Gewitter, dessen dunkle Wolkenfront durch die Lücken in den Baumkronen sichtbar war, und blickte sich um.

»Den Weg zum Gasthof kenn' ich nicht so gut, aber es ist auf jeden Fall kürzer als bis nach Hause oder ins Dorf. Gehen wir zum Gasthof, das ist das Beste, und wir haben Chancen, nicht allzu nass zu werden«, entschied sie schließlich. »Das ist auch besser so. Da wir die Typen, die das ...«, die Worte fehlten ihr, und so deutete sie nur auf die traurigen Reste ihrer Fahrräder. »Da uns diese Kerle nicht entgegengekommen sind, müssen die sich zwischen hier und dem Dorf rumtreiben. Ich glaube, es ist besser, denen aus dem Weg zu gehen. Wer Fahrräder so sinnlos zertrümmert, der schlägt auch kleine Kinder.«

»Gut«, meinte Siggi und sah auf die Schrotthaufen zu seinen Füßen. »Nehmen wir die Räder mit?«

Er bemühte sich, seiner Stimme einen festen Klang zu geben, was ihm auch fast gelang. Gleichzeitig versuchte sich aber aus den Augenwinkeln umzusehen, ob er irgendetwas Ungewöhnliches entdecken konnte. Angst überkam ihn. Wenn sich diese Kerle hier noch rumtrieben ...?

»Wir lassen sie hier«, bestimmte Gunhild. »Wir können morgen mit Vati hierher fahren, um die Dinger zu holen - oder besser, was davon noch übrig ist. Die Reste mitzuschleppen, hält uns bloß auf.«

»Also, auf geht's. Welche Richtung?«, fragte Hagen, der sich ein wenig unsicher umsah. Er fühlte sich beobachtet, konnte aber nicht sagen, von wo. Auch ihn beschlich Furcht, und er würde heilfroh sein, wenn sie hier wegkämen.

»Auf jeden Fall wieder runter und am Brunnen vorbei«, meinte Siggi. »Dann weiß ich es nicht so genau, aber es muss Hinweisschilder geben.«

»Worauf warten wir noch?«, fragte Gunhild, die nach außen hin unbeeindruckt wirkte; aber auch ihr war es unheimlich zumute. Sie verbarg es nur am besten.

So kletterten sie den Hang wieder hinunter. Die Gespräche waren verstummt. Jeder von ihnen hing seinen eigenen Gedanken nach, und alle drei versuchten auch, so unauffällig wie möglich die Gegend im Auge zu behalten. Aber noch war Hagen der Einzige, der fühlte, dass sie beobachtet wurden. Jemand - oder etwas - schien auf sie zu lauern, schien sie im Auge zu behalten, dass sie nicht mehr entkommen konnten.

Hagen fröstelte, trotz der Gewitterschwüle. Ungewollt lief er schneller.

Sie alle waren so bemüht, die eigene Angst vor den anderen zu verbergen, dass sie die Furcht der Gefährten gar nicht bemerkten. So kamen alle drei schweigend auf dem Weg unten an. Die Unbeschwertheit, die anfangs auf ihrem Ausflug geherrscht hatte, war verflogen.

Das Gewitter rückte immer näher. Die Luft war schwer wie Blei, und der Nebel begann sich zu verdichten. Jedes der drei Kinder fürchtete die Minute, da die Nebelschwaden sich zu einer einzigen grauen Masse zusammenziehen und ihnen die Sicht nehmen könnten. In diesem grauen Wattedunst konnte sich alles verbergen, und das war es, was ihnen Angst machte: das Unbekannte, das Nichtgreifbare, das Unerklärliche.

Unbewusst beschleunigten sie ihre Schritte. Die dunklen Wolken sorgten dafür, dass nicht nur der Nebel aufzog, sondern auch die Sonne verborgen war, sodass es nun weit vor der Zeit zu dämmern begann. Zusätzlich wurde das Licht noch durch die mächtigen Baumkronen gedämpft, die den Weg überdachten. Das Zwielicht wuchs und damit auch die Angst.

Sie kamen an die Abzweigung, die zum Brunnen führte, aber gingen daran vorbei, ohne einen Gedanken darauf zu verschwenden. Sie schwiegen immer noch, weil jeder viel zu sehr damit beschäftigt war, die eigene aufkeimende Angst zu bekämpfen, zu verhindern, dass der Samen der Furcht aufging.

Schließlich war es Hagen, der das Schweigen brach. Er konnte seinen Verdacht nicht mehr für sich behalten. Stolz hin oder her, es war besser, darüber zu reden.

»Hört mal«, begann er vorsichtig. »Ich habe das Gefühl, dass uns jemand beobachtet.«

Siggi und Gunhild sahen Hagen an, ohne im Laufen einzuhalten. Dann blickten sie sich automatisch um, konnten aber nichts entdecken - was nichts heißen wollte, denn die Bäume verschwammen im Nebel, und dunkler wurde es auch. Das Zwielicht konnte den Augen leicht einen Streich spielen.

Irgendwo knackte ein Ast.

»Was - was war das?«, fragte Siggi, und er bemühte sich nicht einmal, seine Stimme furchtlos und unerschrocken klingen zu lassen. »Da war doch ein Geräusch.«

Ein Blitz leuchtete für einen Moment durch die Baumkronen und tauchte den Wald und das dichte Unterholz in ein unwirkliches Licht. Augenblicke später grollte der Donner, schon bedeutend näher als zuletzt.

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