Читаем Die Vermessung der Welt полностью

Bald darauf kam Pilâtre de Rozier in die Stadt. Gemeinsam mit dem Marquis d’Arland war er in einem Korb, welchen die Montgolfiers an einem mit Heißluft gefüllten Beutel befestigt hatten, fünfeinhalb Meilen über Paris geflogen. Nach der Landung hatten, so hieß es, zwei Männer den Marquis stützen und wegführen müssen, er habe Unsinn geredet und behauptet, geflügelte Lichtwesen mit Frauenbüsten und Vogelschnäbeln hätten sie umflogen. Erst nach Stunden hatte er sich beruhigt und alles auf die Überreizung seiner Nerven geschoben. Pilâtre dagegen war gefaßt geblieben und hatte auf alle Fragen geantwortet. So besonders sei es nicht gewesen; man meine, am gleichen Ort zu bleiben, während der Erdboden unter einem in die Tiefe sinke. Doch das verstehe nur, wer es erlebt habe. Jeder andere müsse es entweder für größer oder für gewöhnlicher halten, als es sei.

Pilâtre war mit eigenem Fluggerät und zwei Assistenten auf dem Weg nach Stockholm. Er hatte in einem der billigeren Gasthöfe übernachtet und wollte eben weiterziehen, als der Herzog ihn um eine Vorführung bitten ließ.

Pilâtre sagte, das sei aufwendig und komme ihm nicht gelegen.

Der Bote gab zu bedenken, daß der Herzog es nicht gewohnt sei, seine Gastfreundschaft mit Grobheit erwidert zu sehen.

Welche Gastfreundschaft, fragte Pilâtre. Er habe für seine Unterkunft bezahlt, und allein die Vorbereitung des Ballons würde ihn zwei Reisetage kosten.

Vielleicht könne man in Frankreich so mit der Obrigkeit sprechen, sagte der Bote, dort sei ja allerhand möglich. In Braunschweig aber solle er sich gut überlegen, ihn mit solch einer Antwort zurückzusenden.

Pilâtre fügte sich. Er hätte es wissen müssen, sagte er müde, in Hannover sei das gleiche passiert, in Bayern ebenso. Er werde also in Christi Namen morgen nachmittag vor den Toren dieser dreckigen Stadt in die Luft: steigen.

Am nächsten Morgen klopfte jemand an seine Tür. Ein Junge stand draußen, sah mit aufmerksamen Augen zu ihm auf und fragte, ob er mitfliegen dürfe.

Mitfahren, sagte Pilâtre. Mit dem Ballon fahre man. Man sage nicht fliegen, sondern fahren. So sei es Sitte unter Ballonleuten.

Welchen Ballonleuten?

Er sei der erste, sagte Pilâtre, und er habe es so verfügt. Und nein, natürlich könne keiner mitfahren. Er tätschelte ihm die Wange und wollte die Tür schließen.

Das sei sonst nicht seine Art, sagte der Junge und wischte sich die Nase mit dem Handrücken ab. Aber sein Name sei Gauß, er sei nicht unbekannt, und in Kürze werde er so große Entdeckungen machen wie Isaac Newton. Das sage er nicht aus Eitelkeit, sondern weil die Zeit knapp und es nötig sei, daß er an dem Flug teilnehme. Man sehe doch die Sterne von da oben besser, nicht wahr? Klarer und nicht verschleiert vom Dunst?

Darauf könne er wetten, sagte Pilâtre.

Deshalb müsse er mir. Er wisse viel über Sterne. Man könne ihn der schärfsten Prüfung unterziehen.

Pilâtre lachte und fragte, wer einem kleinen Mann denn beibringe, so schön zu reden. Er überlegte eine Weile. Na gut, sagte er schließlich, wenn es um die Sterne gehe!

Am Nachmittag, vor einer Menschenmenge, dem Herzog und dem salutierenden Gardebataillon, füllte ein Feuer durch zwei Schläuche den Pergamentbeutel allmählich mit Hitze. Niemand hatte erwartet, daß es so lange dauern würde. Die Hälfte der Zuschauer war bereits gegangen, als der Ballon sich rundete, und kaum ein Viertel war noch da, als er zu steigen begann und zögernd vom Boden abhob. Die Seile strafften sich, Pilâtres Assistenten lösten die Schläuche, der kleine Korb ruckte, und Gauß, der vor sich hin flüsternd auf dem geflochtenen Boden kauerte, wäre schon hochgesprungen, hätte Pilâtre ihn nicht hinuntergedrückt.

Noch nicht, keuchte er. Betest du?

Nein, flüsterte Gauß, er zähle Primzahlen, das mache er immer, wenn er nervös sei.

Pilâtre hob den Daumen, um die Windrichtung zu prüfen. Der Ballon würde steigen, dann treiben, wohin der Wind wollte, dann wieder sinken, wenn die Luft in ihm abkühlte. Eine Möwe schrie ganz nahe am Korb. Noch nicht, rief Pilâtre, noch nicht. Noch nicht. Jetzt! Und halb am Kragen, halb an den Haaren riß er Gauß empor.

Das in die Ferne gekrümmte Land. Der tiefe Horizont, die Hügelkuppen, halb aufgelöst im Dunst. Die heraufstarrenden Menschen, winzige Gesichter um das noch brennende Feuer, daneben die Dächer der Stadt. Rauchwölkchen, festgesteckt an Schornsteinen. Ein Weg schlängelte sich durch das Grün, darauf ein insektenkleiner Esel. Gauß klammerte sich an den Korbrand, und erst als er den Mund zumachte, wurde ihm klar, daß er die ganze Zeit geschrien hatte.

So sieht Gott die Welt, sagte Pilâtre.

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