»Ah, schön«, sagte Mr Weasley.»Wir machen uns jetzt am besten aus dem Staub.«
Er schob die Ärmel seines Umhangs hoch und zückte den Zauberstab. Harry sah die Dursleys im Gleichschritt zur Wand zurückweichen.
»Incendio!«, sagte Mr Weasley und richtete den Zauberstab auf das Sprengloch in der Wand.
Sofort schössen Flammen aus der Feuerstelle und begannen so munter zu knistern, als ob sie schon seit Stunden geflackert hätten. Mr Weasley nahm einen kleinen Schnürbeutel aus der Tasche, knüpfte ihn auf, nahm eine Prise Pulver heraus und warf es in die Flammen, die sich sofort smaragdgrün färbten und prasselnd in die Höhe schössen.
»Und los geht's, Fred«, sagte Mr Weasley.
»Komme«, sagte Fred.»O nein – wart mal -«
Ein Beutel Süßigkeiten war aus Freds Tasche gefallen und der Inhalt kullerte über den ganzen Fußboden – große, fette Toffeebohnen in buntem Einwickelpapier.
Fred rutschte auf den Knien umher und stopfte sie zurück in die Tasche, dann winkte er den Dursleys fröhlich zum Abschied, ging zum Kamin und trat mit den Worten»zum Fuchsbau«mitten ins Feuer. Von Tante Petunia kam ein leises, schauderndes Keuchen. Ein Rauschen war zu hören und Fred verschwand.
»Du bist dran, George«, sagte Mr Weasley,»du und der Koffer.«
Harry half George den Koffer in die Flammen zu tragen und ihn aufrecht zu stellen, damit er ihn besser halten konnte. Dann, unter abermaligem Rauschen, rief George»zum Fuchsbau!«und verschwand ebenfalls.
»Ron, du bist dran«, sagte Mr Weasley.
»Bis dann«, sagte Ron strahlend zu den Dursleys. Mit einem breiten Grinsen für Harry trat er ins Feuer, rief»zum Fuchsbau!«und verschwand.
Jetzt waren nur noch Harry und Mr Weasley übrig.
»Na dann… auf Wiedersehen«, sagte Harry zu den Dursleys.
Sie sagten kein Wort. Harry ging aufs Feuer zu, doch gerade als er den Rand des Kamins erreicht hatte, streckte Mr Weasley die Hand aus und hielt ihn zurück. Erstaunt sah er die Dursleys an.
»Harry hat Ihnen auf Wiedersehen gesagt«, sagte er.»Haben Sie ihn nicht gehört?«
»Ist schon gut«, murmelte Harry Mr Weasley zu.»Ehrlich gesagt, mir ist es egal.«
Doch Mr Weasley zog die Hand nicht von Harrys Schulter.»Sie sehen Ihren Neffen erst nächsten Sommer wieder«, sagte er mild entrüstet zu Onkel Vernon.»Sicher wollen Sie ihm auf Wiedersehen sagen?«
In Onkel Vernons Gesicht arbeitete es unter Hochdruck. Die Vorstellung, ein Mann, der gerade seine halbe Wohnzimmerwand gesprengt hatte, bringe ihm Manieren bei, schien ihm heftige Qualen zu bereiten.
Doch Mr Weasley hatte den Zauberstab immer noch in der Hand und Onkel Vernons kleine Augen huschten zu ihm hinüber, bevor er ein gequältes»Wiedersehen«hervorbrachte.
»Bis dann«, sagte Harry und setzte einen Fuß in die grünen Flammen; sie fühlten sich angenehm an wie ein warmer Hauch. In diesem Augenblick jedoch ertönte ein fürchterliches Würgen hinter ihm und Tante Petunia begann zu schreien.
Harry wirbelte herum. Dudley stand nicht mehr hinter seinen Eltern. Er kniete neben dem Kaffeetischchen und würgte und kaute an einem ellenlangen rötlichen und schleimigen Ding, das ihm aus dem Mund quoll. Eine verdutzte Sekunde später sah Harry, daß das ellenlange Ding Dudleys Zunge war – und daß ein grellbuntes Toffee-Papier vor ihm auf dem Boden lag.
Tante Petunia warf sich neben Dudley zu Boden, packte die Spitze seiner geschwollenen Zunge und versuchte sie aus Dudleys Mund zu ziehen; natürlich schrie und würgte und spuckte Dudley jetzt noch heftiger und versuchte sie abzuwehren. Onkel Vernon bellte ein paar Worte und fuchtelte mit den Armen, so daß Mr Weasley laut rufen mußte, um sich Gehör zu verschaffen.
»Keine Sorge, ich kann ihm helfen!«, rief er und ging mit ausgestrecktem Zauberstab auf Dudley zu, doch Tante Petunia begann noch lauter zu kreischen und warf sich auf Dudley, um ihn vor Mr Weasley zu schützen.
»Nein, so was!«, sagte Mr Weasley verzweifelt.»Das läßt sich ganz einfach erklären – es war die Toffeebohne – mein Sohn Fred – ein richtiger Scherzbold – aber es ist nur ein Schwellwürgzauber – hoffe ich wenigstens – bitte, ich bring ihn wieder auf die Beine -«
Doch die Dursleys ließen sich davon keineswegs beruhigen. In wachsender Panik packte Tante Petunia unter hysterischem Schluchzen Dudleys Zunge, wie wild entschlossen, sie herauszureißen. Dudley schien durch das, was seine Mutter und seine Zunge ihm antaten, dem Ersticken nahe, und Onkel Vernon, der die Fassung völlig verloren hatte, packte eine Porzellanfigur vom Beistelltisch und schleuderte
sie mit aller Kraft gegen Mr Weasley. Der duckte sich, und das Schmuckstück zersplitterte in dem Sprengloch, das vom Kamin übrig war.
»Nun aber wirklich!«, sagte Mr Weasley zornig und fuchtelte mit seinem Zauberstab.»Ich will ja nur helfen!«
Wie ein verletztes Nilpferd trompetend packte Onkel Vernon eine weitere Nippesfigur.
»Harry, geh! Verschwinde!«, rief Mr Weasley, den Zauberstab auf Mr Dursley gerichtet.»Ich erledige das schon!«