»Ich hab ihr gesagt, ich laß sie raus, wenn wir in London sind«, sagte sie.»Das Glas hab ich unzerbrechlich gehext, deshalb kann sie sich nicht verwandeln. Und ich hab ihr gesagt, sie solle ihre flotte Feder ein Jahr lang stecken lassen. Mal sehen, ob sie von dieser Gewohnheit runterkommt, schreckliche Lügen über die Leute zu verbreiten.«
Erhaben lächelnd steckte Hermine das Glas zurück in ihre Schultasche.
Die Abteiltür glitt auf.
»Oberschlau, Granger«, sagte Draco Malfoy.
Crabbe und Goyle standen hinter ihm. Alle drei sahen selbstzufriedener, arroganter und bedrohlicher aus, als Harry sie je erlebt hatte.
»Schön«, sagte Malfoy langsam, tat einen Schritt ins Abteil und sah sie mit hämisch gekräuselten Lippen an.»Ihr habt eine erbärmliche Reporterin gefangen, und Potter ist wieder mal Dumbledores Liebling. Ganz toll.«
Sein Grinsen verbreiterte sich. Crabbe und Goyle standen da und schielten.
»Wollt euch ein wenig ablenken, oder?«, sagte Malfoy leise und sah alle drei abwechselnd an.»Versucht so zu tun, als ob es nicht passiert wäre?«
»Raus hier«, sagte Harry.
Er war nicht mehr in Malfoys Nähe gewesen, seit er beobachtet hatte, wie er während Dumbledores Rede mit Crabbe und Goyle getuschelt hatte. Ihm war, als klingelte ihm etwas in den Ohren. Unter dem Umhang packte er seinen Zauberstab.
»Du hast dich für die Verlierer entschieden, Potter! Ich hab dich gewarnt! Ich hab dir gesagt, du solltest besser darauf achten, mit wem du dich abgibst. Erinnerst du dich? Als wir uns im Zug trafen, auf der ersten Fahrt nach Hogwarts? Ich hab dir gesagt, du sollst dich nicht mit so einem Pack abgeben!«Sein Kopf zuckte in Richtung Ron und Hermine.»Zu spät, Potter! Die sind die Ersten, die verschwinden, jetzt, wo der dunkle Lord zurück ist! Schlammblüter und Muggelfreunde zuerst! Und – zweitens – Diggory war der ver-«
Es war, als würde eine Kiste Feuerwerkskracher im Abteil explodieren. Geblendet von gleißenden Flüchen aus allen Richtungen, betäubt von einer Serie lauter Schläge, sah Harry blinzelnd zu Boden.
Malfoy, Crabbe und Goyle lagen bewußtlos da, halb auf dem Gang, halb im Abteil. Harry, Ron und Hermine waren aufgesprungen, und alle drei hatten sie verschiedene Flüche losgelassen. Und sie waren nicht die Einzigen.
»Dachten, wir schauen mal nach, was diese drei so vorhaben«, sagte Fred lässig und stieg über Goyle hinweg ins Abteil. Er hatte den Zauberstab gezückt, wie auch George, der mit großer Umsicht auf Malfoy trat, als er Fred folgte.
»Interessante Wirkung«, sagte George und sah auf Crabbe hinunter.»Wer hat den Furunkulus-Fluch genommen?«
»Ich«, sagte Harry.
»Seltsam«, schmunzelte George.»Ich hab Wabbelbein genommen. Sieht aus, als sollte man die beiden nicht mischen. Dem sprießen ja kleine Tentakel aus dem Gesicht. Und hört mal, wir wollen sie nicht hier drinlassen, die passen doch nicht zum Ambiente.«
Ron, Harry und George kickten, schoben und wälzten Malfoy, Crabbe und Goyle – der Fluchwirrwarr hatte ihrem Teint gar nicht gut getan – hinaus auf den Gang, kehrten zurück ins Abteil und schoben die Tür zu.
»Jemand Lust auf Snape explodiert?«, fragte Fred und zog einen Packen Spielkarten aus der Tasche.
Sie waren mitten im fünften Spiel, als Harry beschloß, die beiden zu fragen.
»Wie steht's, George, rückst du endlich mit der Sprache raus?«, sagte er.»Wen habt ihr erpreßt?«
»Ooh«, murmelte George.»Das.«
»Vergiß es«, sagte Fred und schüttelte ungeduldig den Kopf.»Es war nichts Wichtiges. Vielleicht später mal.«
»Wir haben's ohnehin aufgegeben«, sagte George achselzuckend.
Doch Harry, Ron und Hermine ließen nicht locker und endlich meinte Fred:
»Schon gut, schon gut, wenn ihr's unbedingt wissen wollt… es war Ludo Bagman.«
»Bagman?«, sagte Harry überrascht.»Willst du sagen, er hatte mit -«
»Nöh«, sagte George mit umwölkter Miene.»Damit hatte er nichts zu tun. Ist 'n Dummbeutel. Hätte nicht den Grips dazu gehabt.«
»Na und, um was ging's dann?«, fragte Ron.
Fred zögerte, dann sagte er:»Ihr wißt doch noch, daß wir bei ihm eine Wette plaziert hatten, bei der Quidditch-Weltmeisterschaft? Daß Irland gewinnen, aber Krum den Schnatz fangen würde?«
»Jaah«, sagten Harry und Ron langsam.
»Na ja, der Schlaumeier hat uns mit dem Leprechan-Gold bezahlt, das diese irischen Maskottchen vor dem Spiel runterregnen ließen.«
»Und?«
»Und?«, sagte Fred ungeduldig.»Es hat sich natürlich aufgelöst! Am nächsten Morgen war es weg!«
»Aber – das muß doch ein Versehen gewesen sein?«, warf Hermine ein.
George lachte bitter.»Ja, das haben wir zuerst auch geglaubt. Wir dachten, wenn wir ihm einfach schreiben, daß er einen Fehler gemacht hat, würde er die Kohle rausrücken. Aber denkste. Hat unseren Brief einfach ignoriert. In Hogwarts dann haben wir andauernd versucht mit ihm zu reden, aber er hat immer irgendeine Ausrede gefunden, um uns zu entwischen.«
»Schließlich ist er ziemlich fies geworden«, sagte Fred.»Meinte, wir seien zu jung zum Spielen, und er würde uns überhaupt nichts geben.«
»Also haben wir unser Geld eben zurückverlangt«, sagte George mit finsterem Blick.