Diesen Gewinn machte ich auf folgende Weise: Gleich in den ersten Tagen, als noch keine allgemeine Plünderung erlaubt war, kam ein Kaufmann Namens Larmé zu mir – welcher gleichfalls Schutz von Offizieren genoß, die in seinem Hause wohneten – und fragte mich: Ob ich nicht mit ihm gemeinschaftlich zwey Kühe kaufen wollte, die jemand für 80 Rubel abgeben wollte, weil er bange ist, daß sie ihm mit Gewalt abgenommen würden. Die Kühe sollten nach seinem gemachten Plane werden, damit wir zu gleichen Hälften daß Fleisch theils frisch theils gesalzen genießen könnten. Ich gab ihm 40 Rubel u. rieth ihm, nicht beyde Kühe zugleich, sondern nur Eine vorerst zu schlachten, damit wir auch , Fleisch hätten. Dieses leuchtete ihm ein. Er bat mich aber, die noch lebende Kuh in Haus zu nehmen, weil es ihm nicht nur an Futter fehle, sondern auch niemand sey, der nach dem Thiere sehen könnte. Ich war es zufrieden. Noch in derselben Nacht, brachte er die Kuh, und den andern Tag einige Pud frisches Fleisch, womit ich sehr sparsam umging, aber dennoch bald fertig ward. Nun kam die Zeit der allgemeinen Plünderung, und ich wagte, – wie ich oben bemerkt hatte – ohne Beruf nicht auszugehen, und sah, und hörte nichts von Larmé; bis er eines Tages kam, und sich entschuldigte, daß er mir nicht so viel frisches Fleisch gebracht hatte, als mir von der einer Kuh zukäme, weil seine Einquartierten, sich alles was vorhanden war, zugeeignet hatten; welches vermuthlich auch mit der andern Kuh geschehen würde, wenn wir sie jetzt schlachteten. Deshalb stellete er mir es frey, ob ich die bey mir sich befindende Kuh, nicht lieber in Hause schlachten lassen wollte, und so viel frisches Fleisch, als ich von erhalten hatte, zurückgeben, oder die Kuh am lassen wollte? Mit dieser Kuh hatte sich aber mittlerweile etwas sehr günstiges ereignet. Als sie auf den Hof gebracht ward, sagte eine alte Frau „sie wolle versuchen ob die Kuh nicht noch milchend sey, da sie nicht lange gekalbt haben muß.[“] Der Versuch gelang, obgleich sie nicht mehr als ein Bierglas voll Milch gab; die sich jedoch in der Folge, durch gute Wartung und Pflege vermehrete. Für mich ward dieses ein großer Fund, da mir unter allen möglichen Speisen und Getränken, aus langjähriger Gewohnheit, eine Tasse immer der liebste Genuß war; auf welchen ich aber jetzt mußte, weil ich Caffee ohne Milch nicht trinken mogte. Ich erhielt aber auch Gelegenheit, dem guten Commissair gefällig zu werden, der uns so viele Liebesdienste erwiesen hatte. Er wohnte – wie ich schon bemerket habe – gegen uns über, und da auch fast nur von Caffee sich nährte, u. ebenso wie , nur mit Milch schmackhaft fand, so theilte ich redlich mit ihm, was die Kuh täglich an Milch gab. Der Kaufmann Larmé kam endlich von mir Abschied zu nehmen, da er gleichfalls mit obengenannten Transport über die Gränze gehen wollte, und verzichtete bey dieser Gelegenheit auf seinen Antheil an der noch lebenden Kuh, in aller Form, welches mir um so lieber war, da ich einen so guten Gebrauch machen konnte von ihrem Leben. Bey diesem Larmé hatte ich fünf Kisten von meinen besten Waaren verborgen, welche alle verloren gingen. Dagegen brachte kurz vor Ankunft der Franzosen mir drey Reiseapotheken, um sie (da schon alles bey ihm war) irgendwo in Wohnung unterzubringen, weil er sie nur eben von einem Kaufmanne, dem er sie in Commission gegeben hatte, zurück erhalten hatte, und nicht nach seinem Hause bringen wollte. Diese Reiseapotheken blieben in Hause unangerühret, und ich konnte sie ihm unversehrt zurückgeben, als er später wie alle Uebrigen die mit den Franzosen aus Moskau gingen, nackt, und ausgeplündert zurück kam. Jetzt kamen diese Apotheken dem Larmé sehr zustatten, er konnte sie sehr theuer verkaufen, da an Medicamenten ein großer Mangel war.