Von der bevorstehenden Explosion des Kremls, sagten unsre Einwohner kein Wort, so offenherzig sie sonst in vielen andern Dingen gegen uns waren, nehmlich gegen Hr Czermack und mich. Sie erzählten gewöhnlich, nach ihrer Nachhausekunft von der Tafel, alles was bey Tische gesprochen ward, und da sie viel Besuch von den vornehmsten Generälen bekamen, sprachen sie, auch wenn einer von gegenwärtig war, so unbefangen, als ob sie für uns keine Geheimnisse hätten. Besonders war es aber der Kammerdiener des Obristen Flahau, ein alter Holländer, der mir alles mittheilete was er erfuhr. Er hassete Napoleon grimmig, und konnte seiner ohne Flüche nicht gedenken; worüber er von seinem Herrn viel Verweise erhielt, ohne sich irre machen zu lassen; da er den Obristen und seine Mutter zur Zeit der Schreckensregierung in Frankreich verborgen, und ernähret hatte, nachdem der Vater – welcher damals holländischer Gesandter in Paris war – guilotiniret worden. Er liebte den Obristen mehr als einen Sohn, und betrug sich wie ein alter Freund, als wie ein Diener. Der alte Mann besaß auch so viel Klugheit, seiner Zunge nur in Gegenwart seines Herrn freyen Lauf zu lassen; und als ich ihm einst sagte, daß ich in Holland gewesen war, diese Nation sehr achte, und viele edle Wohlthäter dort gefunden hatte, sah er mich für einen lieben Landsmann an, und wie alte Leute gewöhnlich thun, plauderte er gern mit mir, theilte mir alles Gehörte mit, und ließ seine Galle über Napoleon in meiner Gegenwart freyen Lauf. Als er Murats Niederlage erfuhr, kam er mit freudefunkelnden Augen zu mir, und sagte: Kommen Sie geschwind auf mein Zimmer, wir wollen eine Flasche guten alten Rheinwein leeren – an welchen es seinen Herrn nicht fehlte, den er aber nicht gern trank. – Als ich nun kam, stieß er mit mir an, und sprach: Auf den Untergang Napoleons! Ich erschrak, denn in solchen Zeiten haben – nach dem Sprüchworte – auch die Wände Ohren. Er fuhr aber fort: Wir sind ganz sicher. Nun erzählte er mir Murats Niederlage, und sagte: Dies ist nur der Anfang, es wird schon noch ärger kommen. Auch mich verführte meine Unbesonnenheit einst zu einer Aeusserung, die mir bey andern Zuhörern theuer zu stehen kommen konnte; ich ward aber vom Obrist Flahau freundschaftlich gewarnt, solcher Bemerkungen mich in Zukunft zu enthalten. Ich sagte nehmlich in Gesellschaft unserer Einwohner einmal im Laufe eines allgemeinen Gesprächs. „Ich habe die französische Armee in Holland unter Dumorieux als gesehen – wie sie damals nur aus abgelebte Greise, vielen frechen Weibern, die in Reihe und Glied fochten, und unbärtigen Jungens gesehen, die kaum die Kinderschuh ausgezogen hatten, eigentlich barfuß, und ohne ganze Hosen gingen. – Am Rheine 1795 als . In als – denn man konnte keine schönere Armee sehen, wie die 80000 Mann Garden, die in Moskau einzogen, von denen jeder Gardist ein Model zu einem Jupiter, oder Hercules, und jeder Gardist, zu einem Ganymed abgeben konnte. Nun habe ich nur noch zu erwarten, diese , auch noch als zu sehen[“]; wie ich sie denn in denen zurückgebrachten Gefangenen wirklich später gesehen habe, und viele haben sie als Greise am Niemen erblicket. Napoleon würde mir diese Prophezeiung gewiß nicht verziehen haben, wenn sie ihm zu Ohren gekommen wäre. Unsere Obristen lachten, und machten einen Scherz daraus; nur Flahau warnte mich freundlich, mich solcher Bemerkungen zu enthalten.