»Weißen, Herr Direktor. Und nicht zu süß, ja (и не слишком сладкого, хорошо)?« Der Einzugsmarsch aus »Aida« ist zu Ende (вступительный марш из «Аиды» закончился;
29. Direktor Andersen sucht nach neuem Gesprächsstoff. Er weiß nichts von Maria Theresia, von der wirklichen Maria Theresia nämlich, nach der Thesi genannt ist. Jeder Wiener würde lächeln, wenn er diese Thesi da, schmal, klein und smart, ansehen und dabei erfahren würde, dass sie Maria Theresia heißt. Wie die dicke österreichische Kaiserin vom Denkmal in der Ringstraße, mit der man bis zum Überdruss in den Wiener Schulen gequält wird und von der man sich zuletzt doch nur merkt, dass sie sehr tüchtig und sehr ernsthaft war, ihr Reich vergrößerte und sich rapid schnell vermehrte, jedes Jahr ein Baby. Thesis Papa war Offizier und suchte für Thesi einen österreichischen Namen, und Mama fand den Namen vornehm, und Thesi war doch noch ein Baby und konnte sich nicht dagegen wehren. Die Eltern sind gestorben, und Thesi hat dann bei der Großmama gelebt, Großmama ist in Wien, und Wien ist weit, Österreich liegt in unwahrscheinlich süßer ferner Vergangenheit und existiert außerdem gar nicht mehr. Versunken, eine reizende Erinnerung für die Fremden, die in Tirol Ski gelaufen und im Wörther See geschwommen sind und auf dem Großglockner der Ewigkeit gegenüberstanden. Und für die Österreicher selbst eine brennend offene Wunde im Herzen. Nicht daran rühren, Herr Direktor Andersen, fragen Sie jetzt um Gottes willen nicht, warum Thesi als geschiedene Frau in der Fremde herumläuft, statt wieder zu Hause bei Großmama zu leben, fragen Sie nicht, Herr Direktor — Krach. Er fragt schon.
»Und — Sie sind gern in Kopenhagen, kleine Frau? Sie — äh — Sie sind geschieden, sagten Sie — und sind trotzdem hiergeblieben? Also gern hier, was? Roten oder weißen Wein, kleine Frau?«
»Weißen, Herr Direktor. Und nicht zu süß, ja?« Der Einzugsmarsch aus »Aida« ist zu Ende, ebenso dröhnend setzt ein Wiener Liederpotpourri ein, Gott sei Dank — der Wein. Schnell trinkt Thesi ein paar Schluck.
30.
»So küsst man nur in Wien (так целуются только в Вене)Mit einer Wienerin (с какой-нибудь венкой) —
Nur, wer im Mai in Wien geküsst (только тот, кто целовался в мае в Вене) —«
Илья Михайлович Франк , Илья Франк , Фридрих Дюрренматт , Яков Александрович Унфангер , Яков Унфангер
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