Es bereitet Lovat kaum Schwierigkeiten, den jungen Männern das Geld des Königs schmackhaft zu machen; was bleibt ihnen hier auch sonst übrig? Armut und Not ohne Aussicht auf Besserung. Warum sollten sie hierbleiben, wo sie nichts erben können, wo es ihnen untersagt ist, das Plaid oder die Waffen eines Mannes zu tragen? Warum sollten sie nicht die Chance ergreifen, sich ihre Männlichkeit zurückzuerobern – selbst wenn es bedeutet, dass sie den Tartan und das Schwert im Dienst eines deutschen Thronräubers tragen?
Manchmal glaube ich, dass dies das Schlimmste an der ganzen Sache ist – nicht nur, dass man Mord und Ungerechtigkeit ungehemmt auf uns loslässt ohne Hoffnung auf Heilung oder Wiedergutmachung, man lockt auch unsere jungen Männer fort, unsere Hoffnung und unsere Zukunft, vergeudet ihr Leben zum Nutzen des Eroberers und bezahlt sie in kleiner Münze für ihren Stolz.
Jamie zog eine Augenbraue hoch und sah mich an.
»Sieht man Ian gar nicht an, dass ein solcher Poet in ihm steckt, aye?«
An dieser Stelle war eine Lücke im Text. Am Ende der Seite ging er weiter, und Ians Handschrift, die zwischenzeitlich zu einem aggressiven Gekritzel mit vielen Klecksen und Ausstreichungen geworden war, war dort wieder beherrscht und ordentlich.
Ich muss mich für meine kräftigen Worte entschuldigen. Ich hatte nicht vorgehabt, so viel zu sagen, aber die Versuchung, Dir mein Herz auszuschütten, wie ich es immer getan habe, ist überwältigend. Dies sind Dinge, über die ich nicht mit Jenny sprechen würde, obwohl ich glaube, dass sie davon weiß.
Zur Sache also; ich werde weitschweifig. Der junge Jamie und Michael sind für den Moment gut versorgt – zumindest müssen wir nicht befürchten, dass sich einer von ihnen vom Soldatenleben in Versuchung führen lässt.
Das gilt aber nicht für Ian; Du kennst den Jungen und seine Abenteuerlust, die der Deinen so sehr ähnelt. Hier gibt es keine richtige Aufgabe für ihn, und doch hat er nicht den Geist eines Gelehrten oder die Schläue eines Geschäftsmannes. Was soll aus ihm werden in einer Welt, in der er sich nur zwischen dem Leben eines Bettlers und dem eines Soldaten entscheiden kann? Denn viel anderes gibt es nicht.
Wir möchten gern, dass er bei Dir bleibt, wenn Du ihn nimmst. Vielleicht gibt es in der Neuen Welt bessere Möglichkeiten für ihn als hier. Und selbst wenn das nicht so ist, bleibt seiner Mutter wenigstens der Anblick erspart, wie ihr Sohn mit seinem Regiment davonzieht.