Mein Kopf vertrug nicht weniger als so mancher Männerschädel, doch meine Blase war viel kleiner. Da mir vor Krach, dicker Luft und Alkohol ganz schwindelig war, erhob ich mich und bahnte mir vorsichtig einen Weg hinter dem Tisch hervor, durch das Gedränge und hinaus in die frische Luft des frühen Abends.
Es war immer noch heiß und drückend, obwohl die Sonne schon lange untergegangen war. Aber hier draußen gab es viel mehr Luft und viel weniger Leute, die sie teilten.
Nachdem ich meinem inneren Druck Erleichterung verschafft hatte, setzte ich mich mit meinem Zinnbecher auf den Hackklotz des Wirtshauses und holte tief Luft. Die Nacht war klar, und ein leuchtender Halbmond lugte silbern über den Hafenrand. Unser Wagen stand in der Nähe, nur ein Umriss im Licht der Kneipenfenster. Gavin Hayes’ ordentlich eingewickelte Leiche lag wohl darin. Ich hoffte, dass ihm sein
Drinnen war Duncans Gesang verstummt. Zitternd vom Alkohol, aber dennoch wohlklingend sang jetzt eine klare Tenorstimme eine vertraute Melodie, die trotz des Stimmengewirrs gut zu hören war.
Bei »voice, fiddle and flute« schwankte die Stimme des Sängers gefährlich, doch er sang trotz des Gelächters aus dem Publikum tapfer weiter. Ich lächelte ironisch vor mich hin, als er bei den beiden letzten Zeilen des ausgelassenen Trinkliedes angelangte:
Ich hob meinen Becher in Richtung des Leichenwagens und wiederholte leise die Melodie der letzten Zeilen des Sängers. Doch ich wählte den anderen Text, ohne mich daran zu stören, dass weder das Amerika mit dem »sternenbesäten Banner« noch der Text seiner Nationalhymne zu diesem Zeitpunkt schon existierte:
»›Oh, say, does that star-spangled banner yet wave
O’er the land of the free and the home of the brave?‹«
Ich leerte meinen Becher. Dann saß ich still da und wartete, bis die Männer herauskamen.
Kapitel 2
In welchem Kapitel wir einem Geist begegnen
Zehn, elf, zwölf … und zwei, und sechs … ein Pfund, acht Schillinge, Sixpence, zwei Farthings!« Fergus ließ die letzte Münze feierlich in den Stoffbeutel fallen, zog ihn zu und reichte ihn Jamie. »Und drei Knöpfe«, fügte er hinzu, »aber die habe ich behalten.« Er klopfte sich auf seinen Rock.
»Hast du bei dem Wirt unser Essen bezahlt?«, fragte mich Jamie und prüfte das Gewicht des kleinen Beutels.
»Ja«, versicherte ich ihm. »Ich habe noch vier Schillinge und Sixpence, dazu das, was Fergus gesammelt hat.«
Fergus lächelte bescheiden, und seine weißen Zähne blitzten in dem schwachen Licht, das aus dem Kneipenfenster fiel.
»Dann haben wir ja das Geld, das wir für die Beerdigung brauchen«, sagte er. »Bringen wir Monsieur Hayes jetzt zu dem Priester, oder warten wir bis morgen?«
Jamie blickte stirnrunzelnd zum Wagen hinüber, der still am Rand des Kneipenhofs stand.
»Ich glaube nicht, dass der Priester um diese Zeit noch wach ist«, sagte er mit einem Blick auf den aufgehenden Mond. »Aber …«
»Ich würde ihn lieber nicht mitnehmen«, sagte ich. »Nichts für ungut«, fügte ich mit einem entschuldigenden Blick auf den Wagen hinzu. »Aber wenn wir draußen im Wald schlafen, dann wird der … äh … Geruch …« Es war noch nicht überwältigend, aber sobald man den Rauchgeruch des Wirtshauses hinter sich ließ, nahm man in der Nähe des Wagens einen deutlichen Geruch wahr. Es war kein sanfter Tod gewesen, und wir hatten einen heißen Tag gehabt.
»Tante Claire hat recht«, sagte Ian und fuhr sich unauffällig mit den Knöcheln unter der Nase entlang. »Wir wollen keine wilden Tiere anlocken.«
»Aber wir können Gavin doch nicht hierlassen!«, protestierte Duncan, empört bei dem Gedanken. »Was, ihn hier am Eingang der Wirtschaft in seinem Leichentuch liegenlassen wie ein Findelkind in Windeln?« Er schwankte alarmierend, denn der Alkoholkonsum beeinträchtigte sein ohnehin schon empfindliches Gleichgewicht.
Im Licht des Mondes, der weiß auf sein messerscharfes Nasenbein schien, sah ich Jamies breiten Mund vor Belustigung zucken.
»Nein«, sagte er. »Wir lassen ihn nicht hier.« Er warf den kleinen Beutel mit einem leisen Klimpern von einer Hand in die andere und steckte ihn dann in die Rocktasche. Er hatte einen Entschluss gefasst.