Jamie begrüßte ihn mit einem ernsten Kopfnicken.
»Mr. McGillivray.«
»Äh … zu D-diensten, Sir?« Der Junge klang so, als hätte er seine Zweifel, hielt Jamie jedoch die Hand entgegen.
»Freut mich, Euch kennen zu lernen«, versicherte Jamie ihm und schüttelte ihm die Hand. Nachdem nun der Höflichkeit Genüge getan war, sah er sich kurz auf der stillen Lichtung um und zog eine Augenbraue hoch.
»Mir ist zu Ohren gekommen, dass Ihr Unannehmlichkeiten mit einem Diebesfänger hattet. Darf ich annehmen, dass sich die Angelegenheit geklärt hat?« Er blickte fragend von McGillivray Junior zu McGillivray Senior.
Die drei McGillivrays wechselten ebenfalls eine Reihe von Blicken. Robin McGillivray hüstelte verlegen.
»Nun ja, ›geklärt‹ würde ich nicht sagen,
Mrs. McGillivray musterte ihn kurz und streng und wandte sich dann an Jamie.
»Es ist nicht so schlimm«, sagte sie zu ihm. »Ich habe den Mistkerl sicher verstaut. Wir möchten nur gern wissen, wie wir seinen Korpus am besten verstecken?«
»Den … Korpus?«, fragte ich schwach.
Selbst Jamie sah jetzt ein wenig beunruhigt aus.
»Du hast ihn umgebracht, Rob?«
»Ich?« McGillivray machte ein schockiertes Gesicht. »Himmel,
Jamie zog erneut die Augenbraue hoch; offensichtlich war der Gedanke, dass McGillivray eine Gewalttat begehen könnte, gar nicht so weit hergeholt. Immerhin besaß McGillivray so viel Anstand, ein beschämtes Gesicht zu machen.
»Aye, nun ja, es hätte schon sein können – und ich habe schließlich – nun ja, aber,
»Aye«, sagte Jamie trocken. »Das ist sie. Aber wie steht es nun mit dem Diebesfänger. Wo ist er?«
Ich hörte hinter mir ein unterdrücktes Kichern und fuhr herum. Ich sah, dass der Rest der Familie McGillivray ebenfalls zugegen war, wenn er auch bis jetzt geschwiegen hatte. Auf einem abgestorbenen Baumstamm hinter einer Reihe von Schösslingen saßen nebeneinander drei Mädchen im Teenageralter. Sie waren makellos mit sauberen, weißen Hauben und Schürzen bekleidet, die nur etwas vom Regen angeknittert waren.
»Meine Töchter«, verkündete Mrs. McGillivray mit einer Handbewegung in Richtung der drei – überflüssigerweise, da die Mädchen alle so aussahen wie kleinere Ausgaben ihrer selbst. »Hilda, Inga und Senga.«
Fergus verbeugte sich elegant vor den dreien.
»
Die Mädchen kicherten und nickten mit den Köpfen, ohne sich jedoch zu erheben, was mir seltsam vorkam. Dann fiel mir auf, dass sich unter dem Rock der Ältesten eine Art Tumult abspielte, ein heftiges Wedeln, das von unterdrücktem Grunzen begleitet wurde. Inga versetzte dem Verursacher – wer oder was es auch immer war – einen scharfen Tritt mit dem Absatz und lächelte mir dabei fröhlich zu.
Es grunzte erneut – diesmal sehr viel lauter – unter dem Rock, woraufhin Jamie zusammenfuhr und sich nach dem Geräusch umdrehte.
Nach wie vor fröhlich lächelnd, bückte sich Hilda und hob vorsichtig ihren Rocksaum an, unter dem ich ein von Panik erfülltes Gesicht sehen konnte, das von einem dunklen Stoffstreifen zerteilt wurde, der um seinen Mund gebunden war.
»Das ist er«, sagte Robbie, der das Talent seiner Frau teilte, das Offensichtliche auszusprechen.
»Ich verstehe.« Jamies Finger zuckten sacht gegen seinen Kilt. »Äh … vielleicht könnten wir ihn herausholen?«
Robbie winkte den Mädchen zu, die alle gleichzeitig aufstanden und beiseite traten. Es kam ein kleiner Mann zum Vorschein, der unter dem umgestürzten Baumstamm lag und mit einer bunten Mischung aus Frauenschals und -strümpfen an Händen und Füßen gefesselt war. Als Knebel diente ein Halstuch. Er war nass, schlammig und einigermaßen mitgenommen.
Myers bückte sich, packte den Mann am Kragen und hievte ihn zum Stehen hoch.
»Nun ja, besonders viel macht er jedenfalls nicht her«, sagte der Waldläufer kritisch und sah den Mann mit zusammengekniffenen Augen an, als beurteilte er ein minderwertiges Biberfell. »Die Diebesjagd macht sich anscheinend nicht so gut bezahlt, wie ich dachte.«
Tatsächlich war der Mann ziemlich dürr und zerlumpt, abgesehen davon, dass er zerzaust, wütend – und zu Tode erschrocken war. Ute rümpfte verächtlich die Nase.
»Saukerl!«, sagte sie und spuckte gezielt auf die Schuhe des Diebesfängers. Dann wandte sie sich mit ihrem ganzen Charme an Jamie.
»So, mein Herr. Wie beseitigen wir ihn am besten?«
Die Augen des Diebesfängers quollen hervor, und er wand sich in Myers’ Griff. Er zog und zerrte und machte hinter seinem Knebel panische Gurgelgeräusche. Jamie betrachtete ihn von oben bis unten und rieb sich mit dem Handrücken über den Mund, dann sah er Robbie an, der schwach mit der Schulter zuckte und einen entschuldigenden Blick auf seine Frau warf.
Jamie räusperte sich.
»Mmphm. Hattet Ihr Euch denn schon etwas überlegt, Ma’am?«