Der Arbeitstag in der Wäscherei begann um sieben Uhr in der Frühe, wenn Ron Stone, der Meister und Dave Radner, der die Aufsicht im Waschraum hatte, eintrafen und die Boiler einschalteten. Die Mädchen, die die Hemden bügelten, trudelten gegen halb acht ein, und die Mädchen, die die Schnellbügler bedienten, kamen gegen acht. Er haßte das Untergeschoß mit der Wäscherei, in dem die stumpfsinnige Arbeit gemacht wurde, in dem die Ausbeutung stattfand, aber aus irgendeinem unverständlichen Grund mochten die Männer und Frauen, die hier arbeiteten, ihn gerne. Sie sprachen ihn mit seinem Vornamen an, und bis auf ein paar Ausnahmen konnte auch er sie gut leiden.
Er betrat das Gebäude durch den Lieferanteneingang und bahnte sich seinen Weg durch etliche Wäschekörbe, die noch vom letzten Abend rumstanden, weil die Wäsche noch nicht gebügelt war. Über alle Körbe war eine Plastikplane festge-zurrt, um den Staub fernzuhalten. Weiter vorn befestigte Ron Stone gerade den Treibriemen einer altmodischen Waschmaschine, während Dave und sein neuer Gehilfe, ein gewisser Steve Pollack, der sein Studium abgebrochen hatte, die riesigen neuen Maschinen mit Hotelwäsche füllten.
»Hallo, Bart!« begrüßte Ron Stone ihn brüllend. Er brüllte immer, anstatt zu sprechen. Während der dreißig Jahre Unterhaltung über das Getöse von Trocknern, Büglern, Hemdenpressen und Waschmaschinen hinweg war ihm das Brüllen in Fleisch und Blut übergegangen. »Diese Scheißmaschine gibt bald ihren Geist auf. Das Programm ist jetzt so durcheinander, daß Dave sie mit der Hand bedienen mußte. Und die Schleuder fällt ständig aus.«
»Wir haben schon eine neue Kilgallon bestellt«, beschwichtigte er ihn. »Noch zwei Monate …«
»In der Waterford-Fabrik?«
»Na klar«, sagte er leichthin.
»Noch zwei solche Monate, und ich bin reif fürs Irrenhaus«, meinte Stone düster. »Und dieser Umzug … das wird schlimmer als eine polnische Armeeparade.«
»Ich nehme an, die Aufträge werden zurückgehen.«
»Zurückgehen! In den ersten drei Monaten werden wir nicht aus den roten Zahlen rauskommen. Und dann ist’s schon Sommer.«
Er nickte, ohne näher auf das Thema einzugehen. »Was kommt heute als erstes dran?«
»Holiday Inn.«
»Packt jeweils hundert Pfund Handtücher in jede Ladung. Du weißt ja, wie die immer nach Handtüchern schreien.«
»Ja, sie schreien nach allem.«
»Wieviel ist es denn?«
»Sie haben sechshundert Pfund eingetragen. Das meiste kommt von den Shriners. Ist noch vom letzten Montag übriggeblieben. Die dreckigste Wäsche, die ich je gesehen habe.
Die Laken starren vor Dreck.«
Er nickte zu dem neuen Gehilfen Pollack hinüber. »Wie macht der Junge sich?« Die Blue Ribbon hatte einen großen Verschleiß an Aushilfen im Waschraum. Dave nahm sie hart an die Kandare, und Rons Brüllerei machte sie zuerst nervös, dann wütend.
»Bis jetzt ganz gut«, antwortete Stone. »Kannst du dich noch an den letzten erinnern?«
Und ob er das konnte. Der Junge hatte es gerade drei Stunden ausgehalten.
»Ja. Wie hieß er doch gleich?«
Ron Stone zog die Augenbrauen zusammen. »Ich weiß es nicht mehr. Baker? Barker? Irgend so etwas. Ich habe ihn letzten Freitag vor dem Supermarkt gesehen. Hat dort Flugblätter über einen Salatboykott verteilt. Das ist ein Ding, was? Wenn so ein Kerl es nicht an einer Stelle aushallen kann, zieht er gleich los und erzählt jedem, wie schlimm es sei, daß es in Amerika nicht so wie in Rußland sein kann. Es bricht mir das Herz.«
»Kommt als nächstes Howard Johnson dran?«
Stone warf ihm einen beleidigten Blick zu. »Den nehmen wir doch immer als erstes.«
»Um neun?«
»Da kannst du deinen Hintern drauf verwetten.«
Dave winkte ihm zu, und er grüßte zurück. Dann ging er nach oben, durch die chemische Reinigung, durch die Buchhaltung und in sein Büro. Er setzte sich auf seinen Drehsessel hinter seinem Schreibtisch und holte alje Papiere aus dem Eingangskorb, um sie durchzulesen. Auf dem Schreibtisch klebte eine Plakette:
DENK NACH!
Er mochte das Schild nicht besonders, aber er ließ es da, weil Mary es ihm geschenkt hatte. Wie lange war das jetzt her?
Fünf Jahre? Er seufzte. Die Vertreter, die in sein Büro kamen, fanden es außerordentlich witzig und lachten sich halb tot.
Aber wenn man einem Vertreter Bilder von verhungernden Kindern oder von Hitler beim Geschlechtsverkehr mit der heiligen Jungfrau zeigte, lachte er sich ebenfalls halb tot.
Vinnie Mason, der kleine Vogel, der zweifellos Steve Ordners Ohren vollgezwitschert hatte, hatte einen Aufkleber auf seinem Schreibtisch, auf dem DEMK! stand. Nun, was hatte das schon für eine Bedeutung? DEMK!
Darüber würde nicht einmal ein Vertreter lachen, nicht wahr, Fred? Richtig, George - kooo - rrrekt. Er hörte draußen vor dem Fenster einen schweren Dieselmotor vorbeidröhnen und drehte den Sessel, um hinauszuschauen. Die Straßen-bauleute begannen ihren neuen Arbeitstag. Ein langer Tieflader mit zwei Bulldozern fuhr an der Wäscherei vorbei. Hinter ihm folgte eine Schlange ungeduldiger Autofahrer.