In Wainachischen Meldungen uber Frauen, die Perun auf Himmel, um Wasser zu gieBen, schickte, sind wahrscheinlich slawische Erzahlungen uber Hexen und Zauberinnen wiederspiegelt — iiber «Wettermacherinnen», wie sie von Detschen gennant wurden, «Blitzhexen». In der Ukraine glaubte man, daB Hexen vom Himmel regen abstehlen konnen und es in Kubeln halten. In der Sammlung Afanasjews Notizen vorgelegt sind, daB Hexen nach Himmel flihen und dort Tonnen rollen (ganz wie in den Tschtschenischen Erzahlungen iiber Frauen Pir|ons), und das Brechen dieser Tonnen schafft Gewitter. In RuBland ist ein Brauch des Tonnenbrechen, um das Regen herauszufordern, erhalten geblieben.
Was denn enthielt sich urspriinglich (der Idee nach) in den brechenden Tonnen? In den russischen Marchen spent man in eine Tonne ungewohnliche Kinder (z. B. Zwillinge) — die vermutliche Kinder von jenseitigen Gespenste — und sie ins Meer driften laBt, und die wuderbare Kinder brechen die Tonne auf und gehen in die Freiheit heraus, wo eine groBe Zukunft sie erwartet. Dieses Motiv nutzte man iiberall in Lebensbeschreibungen der Usurpatoren, um sie zur koniglichen Dynastie anzubinden (Sargon, Perseus). Zugrunde dieses fabelhaften Stoffs liegt ein reales Brauch der Hexepriifung — durch Ertrinken: falls sie wirklich eine Hexe ist, muss sie sich retten. Das Vorhandensein der «Gotteskinder» fuhrte wahrscheinlich zum Ersetzen des Ertrinken durch Exil iiber Wasser, mit FloBung — wie floBte man heilige Gegenstande (z. B. alte Ikonen), die hinfallig geworden wurden. Ertrunkene oder iiber Wasser vertriebene Frauen, die mit Beachten des Gottes aufgezeichnet waren, wurden zu Nixen (russ. Rusalkas).
Nixen in Rus waren Ertrunkene Frauen oder Kinder, die befor Baptisierung starben. Von ihnen, die nicht ihnen gelenkte Zeit gelebt hatten und darum Beleidigung fuhlten, erwartete man Ubel, aber auch Hilfe, weil man sie, die Verwandten oder ehemalige Nachbarinnen, fur eine Art von Hexen, Zauberinnen hielt. Sie sollen Macht iiber Wetter haben (Regen ausfordern) und mit der Eiche, dem Baum Peruns, verbunden sind. Im Brauche des «HerumtMiren der Nixe» oder «Abschied mit Nixe», «Geleit der Nixe» Menschenopfern widerspiegelt wurden, wo die Zauberin oder eine andere Frau zum Gott geschickt wurde — als eine Fiirsprecherin fur Leute aus ihrem Dorf vor dem Gotte.
Manche andere Figuren wurden auch verabschiedet — auf Masleniza (Fastnachtswoche, im friihen Friihling) der Balg «Masleniza», bei Stidslawen Mara oder Marena, auf den Tag Iwans des Taufers (Sommersonnenwende) die Figur «Kupalo», usw. Von Prof. Propp bemerkte Gemeinschaft einer Reihe von Komponenten der Ritus dieser Feste ist sehr wichtig, aber sie ist durch die Gemeinschaft der baiierlichen Arbeiten kaum erklarbar: die Jahreszeiten sind doch verschieden. Aller Wahrscheinlichkeit nach die Gemeinschaft muB durch Herleitung einer Fest von den anderen oder anderer. Die Fastnachtswochenritus, mit Aufheben und Abrollen eines Feuerrads, ist mit der magischen Sicherstellung des Herabsenkens der Sonne vom hochsten Punkt auf der Ekliptik verbindbar und entspricht der Sommersonnenwende, nicht dem Friihlingsaufheben der Sonne zu diesem Punkt. Aber das Feiern desIwans Kupalo, das in der Ukraine und Belorussia erhalten ist, demgegeniiber in eigentlich russischen Landern mit christlichen Fasten verdrangt ist. Bevor Sommerfastenzeit dieses umgesidelte Feiern hat eben Masleniza (Fast- nachtswoche) gebildet, die es in der Ukraine und Belorussia nicht gibt.
AuBer diesem Ritus die Kupalo Fest wird mit Elementen des Kultes Peruns und mit intensiver Sexualitat gefullt: «Kupalo» ist nicht vom Wort «kupati» (baden) gebildet, sondern gehort zum Wortnest «sovokuplenie» (coitus). «Kupalo» ist kein Name, sondern ein Beiname, eine Epiclese Peruns. Noch mehr auBert sich die Erotik in «Jarilki», «Abschied mit Jarilo», was auch verdrangte aus ihrem Platz Brauche desselben Komplex erscheint, und die itiphallische Figur des Jarilo kommt als eine andere Epiclese Peruns (die mit seinen sexualen, paarung- und heiratmachende Funktionen verbunden sind). «Jarilo» ist vom Werb «jariti» («erregen», «aufegeregt werden») gebildet.
Also unter diesen nach Bestand heidnischen, aber spaten Novationen erweist sich die urspriingliche heidnische regelmeBige Fest «Abschied mit Perun», die sein Verderben, seinen Tod markiert und nach Kalenderplatz mit der Sommersonnenwende zusammenfallt. Anscheinend die in der Chronik beschriebene Umsturzung des Idols von Perun (Verpriigeln Idols von zwolf Manner, Beweinung von anderen, FloB iiber Wasser) war in der Tat unver- standene von Chronisten Beschreibung der regelmaBigen Abschied mit Perun zur Zeit der Sommersonnenwende.