Als das Wesen Fletcher die Mechanismen im Käfiggang versehentlich wieder eingeschaltet hatte, begann bei meinem Beschützer und mir selbst die Wiedererlangung des Bewußtseins, die durch das erneute Abschalten erst aufgehalten und dann auf Drängen des Wesens, das Sie Prilicla nennen, wiederum in Gang gesetzt wurde. Mit dem Gehirn des Wesens Prilicla kann ich nicht in Verbindung treten, da es für meine Gefühle empfänglicher als für meine Gedanken ist. Und meine Gefühle waren eine Mischung aus großer Eile und Frustration, weil ich Ihnen vor meinem Tod unbedingt die Situation erklären mußte.
Solange noch Zeit ist, möchte ich Ihnen mit meiner ganzen verbliebenen Gedankenkraft für die Kontaktaufnahme danken und dafür, daß Sie mir durch Ihre Gedanken all die Wunder gezeigt haben, die es nicht nur auf meinem Heimatplaneten und dem der blinden Aliens gibt, sondern auch überall in Ihrer Föderation. Und ich möchte mich für die bei der Herstellung dieses Kontakts verursachten Schmerzen und die Verletzung der Gliedmaße des Wesens Fletcher entschuldigen. Wie Ihnen ja nun bekannt ist, hab ich über das Handeln meines Beschützers keinerlei Kontrolle…“
„Moment mal“, unterbrach Conway plötzlich. „Für Ihren Tod gibt es überhaupt keinen Grund. Das Lebenserhaltungssystem und die Mechanismen und Futterspender im Korridor sind und bleiben funktionstüchtig, bis wir Ihr Schiff zum Orbit Hospital bringen können. Wir sind auch in der Lage, Sie zu versorgen. Uns stehen viel mehr Mittel und Möglichkeiten zur Verfügung als den blinden Aliens…“
Conway verstummte. Trotz des überzeugten Unterstützungsangebots fühlte er sich hilflos. Die Tentakel des schwerelos umhertreibenden und offensichtlich mitten im Gang sterbenden Beschützers schlugen nur noch schwach und planlos um sich, und jedesmal, wenn einer der Tentakel gegen die Wand oder Decke prallte, drehte sich der Körper langsam. Murchison, Fletcher und Conway konnten daher den gesamten Geburtsvorgang gut beobachten. Zuerst tauchte der Kopf, und dann die vier Tentakel des Jungen auf. Bis jetzt waren die Gliedmaßen des Ungeborenen noch schlaff und reglos, weil die Sekrete noch nicht wirkten, die die vor der Geburt bestehende Lähmung aufhoben und gleichzeitig sämtliche, nicht dem Überleben dienende Gehirntätigkeiten unterbanden. Dann zuckten die Tentakel plötzlich, schlugen um sich und zogen den vor kurzem noch Ungeborenen aus dem Geburtskanal des Elternteils heraus.
Noch einmal sprach die lautlose Stimme in ihren Gehirnen, doch diesmal war sie nicht mehr klar und deutlich. Schmerz, Verwirrung und tiefe Besorgnis trübten den verständlichen Mitteilungsfluß. Doch glücklicherweise handelte es sich um eine einfache Botschaft.
„Geboren zu werden bedeutet sterben, meine Freunde. Meine Gedanken und meine telepathische Fähigkeit werden nun zerstört. Ich werde jetzt selbst zum Beschützer eines eigenen Ungeborenen, das wachsen, denken und mit Ihnen in Kontakt treten wird. Bitte kümmern Sie sich um ihn…“
Mit Fletchers gebrochenem Schienbein hatte es einige Probleme gegeben, so daß Conway ihm für eine angenehmere Gestaltung des Rückflugs zum Ambulanzschiff ein starkes Schmerzmittel verabreichen mußte. Fletcher war bei vollem Bewußtsein und sprach wegen der hemmungslösenden Nebenwirkung des Medikaments unaufhörlich und voller Sorge von dem ungeborenen Telepathen und den blinden Aliens.
„Um den Telepathen brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen, Captain“, beruhigte Murchison ihn. Sie hatten Fletcher aufs Unfalldeck gebracht, und Murchison half Naydrad, den Captain vom Raumanzug zu befreien. Conway und Prilicla stellten inzwischen die für eine kleinere chirurgische Behandlung nötigen Instrumente zusammen. „Keine Angst“, fuhr Murchison fort, „das Hospital wird ihn liebevoll und zärtlich umsorgen, obwohl ich mir O'Maras Gesicht sehr gut vorstellten kann, wenn er erfährt, daß der FSOJ in einer Art Folterkammer untergebracht werden muß. Und ganz ohne Zweifel werden auch Ihre Erstkontaktleute da sein, weil sie bestimmt hoffen, ein Wesen, dessen telepathische Kräfte noch über große Entfernungen wirken, zur Zusammenarbeit überreden zu können …“
„Aber die blinden Aliens brauchen die Beschützer am dringendsten“, gab Fletcher mit Besorgnis zu bedenken. „Stellen Sie sich das bloß mal vor, nach Millionen von Jahren in vollkommener Dunkelheit haben sie endlich eine Möglichkeit gefunden zu sehen, auch wenn sich ihre Augen gegen sie selbst wenden und sie buchstäblich umbringen können.“