Das Transportteam der Unfallaufnahme — Terrestrier in leichten Anzügen mit Helmen, Gürteln und Stiefeln in hellblauer Leuchtfarbe — schob die Drucktragbahre sofort zur Innenluke von Schleuse fünf. Während sich langsam die Außenluke schloß, strömte in die noch vor kurzem luftleere Schleuse sprudelndes und kalt dampfendes Wasser. Als sich das Wasser beruhigt hatte und Conway wieder etwas sehen konnte, verfrachtete das Transportteam die Trage ziemlich unsanft in die lauwarmen grünen Tiefen der Station, die zur Behandlung der wasseratmenden Bewohner von Chalderescol diente.
Conway war regelrecht froh, daß die Patientin nicht bei Bewußtsein war.
Denn die Chalder, die trotz ihrer enormen Bandbreite an möglichen Erkrankungen nur äußerst selten zur Bewegungsunfähigkeit verdammt waren, schwammen schwerfällig um die Trage herum — wie alle Patienten legten sie bei jedem Anlaß, der die Monotonie des Stationsalltags zu unterbrechen versprach, unverhohlene Neugier an den Tag.
Die AUGL-Station glich einer ausgedehnten Unterwasserhöhle, die für chalderische Augen mit einer Vielzahl einheimischer Kunstpflanzen geschmackvoll dekoriert war, von denen einige offensichtlich fleischfressend waren. Das war jedoch nicht die normale Umwelt der kulturell und technologisch hochentwickelten Bewohner von Chalderescol, sondern die von gesunden jungen Chaldern im Urlaub aufgesuchte Umgebung. Laut Chefpsychologe O'Mara stellte diese primitive Umwelt eine wichtige Hilfe bei der Genesung dar — und der Chefpsychologe irrte sich in solchen Punkten äußerst selten. Doch selbst für einen über die Vorgänge genauestens unterrichteten terrestrischen DBDG wie Conway war dies ein geradezu gespenstischer Ort.
Eine vollkommen neue Lebensform, deren Sprache erst noch in den Übersetzungscomputer des Hospitals eingegeben werden mußte, würde natürlich überhaupt nicht wissen, was sie davon halten sollte — und erst recht nicht bei einer plötzlichen Konfrontation mit einem der AUGL-Patienten.
Ein erwachsener Bewohner von Chalderescol erinnerte an ein zwölf Meter langes Krokodil, das vom relativ überproportionierten Maul bis zum Schwanz gepanzert und in der Mitte von einem Gürtel bandförmiger Tentakel umgeben war. Trotz Priliclas beruhigend wirkender Anwesenheit war es für die innere Ruhe der Patientin besser, wenn sie die bis auf wenige Meter an die Trage heranschwimmenden chalderischen AUGLs nicht sah, die den Neuankömmling in Augenschein nehmen und ihm alles Gute wünschen wollten.
Prilicla schwamm als vage sichtbare insektenartige Gestalt in der silbrig schimmernden Anzugblase ein kleines Stück vor der Gruppe, und da die emotionale Ausstrahlung auf dieser Station gelegentlich explosionsartig anstieg, zitterte er hin und wieder. Conway wußte aus Erfahrung, daß für diese Reaktion weder die Patientin noch die neugierigen AUGLs verantwortlich waren, sondern vielmehr die vom Transportteam ausgehenden Gefühle der Besorgnis, das die Trage an als Betten dienenden Stahlrahmen, medizinischen Geräten und der künstlichen Flora der Station vorbei und durch den wassergefüllten Teil des Korridors dahinter manövrieren mußte. Die Trocken- und Kühlmittel in den leichten Anzügen des Transportteams funktionierten im warmen Wasser der AUGL-Abteilung nicht wie gewohnt. Und wenn in so einer Umgebung ein körperlicher Kraftakt erforderlich wurde, dann schwoll der Zorn der Männer direkt proportional zum Temperaturanstieg im Anzug an.
Die Beobachtungsstation für die neue Patientin war früher Teil des Voruntersuchungsbereichs der Unfallabteilung für warmblütige Sauerstoffatmer gewesen, bevor diese Sektion erweitert und deshalb in die dreiunddreißigste Ebene verlegt wurde. Ursprünglich wollte man den nun freigewordenen Raum als zusätzlichen AUGL-Operationssaal ausstatten, sobald die technische Abteilung diese Aufgabe in Angriff nehmen konnte.
Aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt stellte er nicht viel mehr als eine große, würfelförmige Luft- und Lichtblase inmitten des gewaltigen Meers der chalderischen Station und der dazugehörigen Versorgungseinrichtungen dar.
In der Mitte des Raums stand allerdings ein Untersuchungstisch, der auf die jeweilige Körperform einer großen Bandbreite von Lebewesen verschiedenster physiologischer Klassifikationen eingestellt werden konnte und den man zusätzlich in einen Operationstisch oder in ein Bett verwandeln konnte. An den jeweils gegenüberliegenden Wänden der Station waren die gleichermaßen unspezialisierten und komplizierten Geräte aufgestellt, die man zum Erhalt des Lebens und zur intensiven Betreuung von Patienten benötigte, deren Lebensvorgänge mitunter ein Buch mit sieben Siegeln waren.