»Das ist die Frage: wie soll ich vorgehen, Herr du mein Gott? Mußte auch das alles noch passieren!« rief er endlich verzweifelt, wahrend er ziellos aufs Geratewohl die Straße entlang schlich. »Mußte auch das alles noch passieren! Wäre das nicht passiert, wäre gerade das nicht passiert, dann hätte sich noch alles in Ordnung bringen lassen; mit einem Mal, mit einem Schlage, mit einem einzigen geschickten, energischen, festen Schlage hätte es sich in Ordnung bringen lassen. Ich lasse mir einen Finger abschneiden, wenn es sich nicht hätte in Ordnung bringen lassen! Und ich weiß sogar, auf welche Weise das gegangen wäre. Das hätte ich so gemacht: ich hätte... hm... ich hätte gesagt: ›So und so, mein Herr; ich weiß mir, mit Erlaubnis zu sagen, nicht anders zu helfen; aber solche Sachen gehen hier nicht, mein Herr, mein geehrter Herr; solche Sachen gehen hier nicht, und mit Aneignung eines fremden Namens ist bei uns nichts zu erreichen; wer sich einen fremden Namen aneignet, mein Herr, der ist ein... hm... ein Nichtswürdiger und bringt dem Vaterlande keinen Nutzen. Verstehen Sie wohl? Verstehen Sie wohl, mein geehrter Herr?‹; So müßte das gemacht werden... Aber nein, was sage ich da?... das ist ja gar nicht das Richtige, ganz und gar nicht das Richtige... Was schwatze ich denn da für Unsinn, ich Dummkopf! Ich bin ja geradezu ein Selbstmörder! Du bist ja geradezu ein Selbstmörder; das ist ganz und gar nicht das Richtige... Da siehst du nun, du verworfener Mensch, da siehst du nun, wie die Sache jetzt läuft!... Wo soll ich nur jetzt bleiben? Was soll ich nur jetzt anfangen? Wozu bin ich jetzt noch zu gebrauchen? Ja, wozu bist du jetzt noch zu gebrauchen, du armer Teufel, du unwürdiges Subjekt? Nun, was soll jetzt werden? Ich muß einen Wagen nehmen; also nimm einen Wagen und laß ihn bei ihr vorfahren; sonst macht sie sich die Füßchen naß, wenn kein Wagen da ist... Ja, wer hätte das gedacht? O weh, mein Fräulein, o weh, mein gnädiges Fräulein! Das ist nun ein Mädchen von gesitteter Aufführung! Das ist nun unser vielgelobtes Dämchen! Sie haben sich ja vorzüglich aufgeführt, gnädiges Fräulein, das muß man sagen, vorzüglich!... Das kommt aber alles von der unmoralischen Erziehung her, und wenn ich das jetzt alles überlege und erwäge, so sehe ich, daß es von nichts anderem herkommt als von der Sittenlosigkeit. Man hätte dieses Mädchen von klein auf, hm... und hätte ihr auch manchmal die Rute zu kosten geben sollen; aber statt dessen haben sie sie mit Konfekt und allerlei Süßigkeiten vollgestopft, und der Alte selbst hat ihr immer vorgesungen: ›Du mein Engelskind, einem Grafen werden wir dich zur Frau geben!‹; ... Aber nun sieht man, zu was für einem Pflänzchen sie sich bei dieser Erziehung entwickelt hat; jetzt hat sie sich dekuvriert; nun wissen wir, wie es steht! Statt sie von klein auf zu Hause zu behalten, haben sie sie in ein Pensionat gegeben, zu einer französischen Emigrantin, einer Madame Falbala, und da hat sie nichts Gutes gelernt, bei dieser Emigrantin Falbala; nun sieht man, was dabei herausgekommen ist. Nun freut euch! Jetzt heißt es nun: ›Sei mit einem Wagen um die und die Stunde vor den Fenstern und singe ein gefühlvolles spanisches Liedchen; ich erwarte dich und weiß, daß du mich liebst, und will mit dir fliehen, und wir wollen zusammen in einer Hütte leben.‹; Aber das geht schließlich doch nicht; wenn die Sache so weit gediehen ist, mein gnädiges Fräulein, so geht das denn doch nicht; es ist durch die Gesetze verboten, ein ehrenhaftes, unschuldiges Mädchen aus dem Elternhause ohne Einwilligung der Eltern wegzuführen! Und schließlich: warum auch? Wozu? Was liegt für eine Nötigung vor? Mag sie doch denjenigen heiraten, den zu heiraten ihr gebührt und ihr vom Schicksal bestimmt ist; dann ist die Sache erledigt. Ich aber bin ein Mann in amtlicher Stellung und kann für eine solche Tat meine Stellung verlieren; vor Gericht kann ich deswegen kommen, mein gnädiges Fräulein! So steht die Sache, wenn Sie es noch nicht gewußt haben! Aber das ist alles das Werk dieses deutschen Frauenzimmers. Alles geht von dieser Hexe aus; sie hat diesen ganzen Wirrwarr angestiftet. Da wurde ein unschuldiger Mensch verleumdet, und Weiberklatschereien und erlogene Geschichten über ihn in Umlauf gesetzt, und zwar auf Andrei Filippowitschs Rat; daher ist alles gekommen. Warum hätte sonst Petruschka Anlaß, sich hineinzumischen? Was geht ihn die Sache an? Was braucht der Halunke sich damit abzugeben? Nein, ich kann das nicht tun, gnädiges Fräulein, schlechterdings nicht, um keinen Preis... Sie müssen mich diesmal schon entschuldigen, gnädiges Fräulein. Das kommt alles von Ihnen her, gnädiges Fräulein; das kommt alles nicht von der Deutschen her, ganz und gar nicht von der Hexe, sondern einfach von Ihnen; denn die Hexe ist eine gute Person und ist an nichts schuld; aber Sie, mein gnädiges Fräulein, sind daran schuld, – so ist das! Sie, gnädiges Fräulein, bringen mich fälschlich in schlechten Ruf... Da geht ein Mensch zugrunde, da verschwindet ein Mensch vollständig und vermag sich nicht zu behaupten, – wie kann da von Hochzeit die Rede sein! Und wie wird das alles enden? Und wie soll ich das alles jetzt einrichten? Ich würde viel darum geben, wenn ich das wüßte!«