Bolitho legte das Gewicht auf sein Standbein, parierte die niederfahrende Klinge und stieß zu. Mit seiner ganzen Schwere stürzte der Leutnant in Bolithos Degen; diesem wurde beinahe der Griff aus der Hand gerissen, als Maurin rücklings zu Boden fiel. Ein bezopfter Matrose wollte ihm mit seiner Pike den Rest geben, aber Bolitho schrie ihn an:»Weg von ihm, oder ich bringe dich um!»
Da warfen die französischen Matrosen ihre Waffen auf das blutverschmierte Deck, und Herrick trat zwischen sie. Es war vorbei. Das Mißlingen von Maurins letztem verzweifeltem Versuch hatte ihren Kampfeswillen vernichtet.
Bolitho stieß den Degen in die Scheide und stieg schweren Schritts die Stufen hinauf. Er wußte, daß Allday dicht hinter ihm und Herrick an seiner Seite war, als sie zusammen vor dem toten Le Chaumareys standen, der neben dem Ruder lag. Er sah seltsam friedlich aus und hatte, in merkwürdigem Kontrast zu den Schreckensbildern dieser blutigen Schlächterei ringsum, kaum eine sichtbare Wunde; nur einen dunklen Fleck unter der Schulter und einen Blutfaden im Mundwinkel. Wahrscheinlich das Werk von Bellairs' Scharfschützen, dachte Bolitho dumpf.
Leise sagte er:»Ja,
Leutnant Soames kniete nieder, um Le Chaumareys den Degen abzuschnallen.»Lassen Sie«, sagte Bolitho,»er hat ehrenvoll gekämpft, wenn auch für eine schlechte Sache. «Dann wandte er sich ab; auf einmal konnte er es nicht mehr ertragen, alle diese Toten in ihrer ergreifenden Unbeweglichkeit zu sehen.»Und deckt ihn mit seiner Flagge zu. Mit seiner richtigen. Er war kein Pirat.»
Davys Leiche wurde zum Decksgang getragen, sah Bolitho. Traurig sagte er:»Noch ein paar Minuten, und er hätte gesehen, wie die
Als sie über den schmalen Wasserstreifen, der die beiden Schiffe trennte, wieder zur
Bolitho legte ihm die Hand auf den Arm.»Überleben? Vielleicht ist allein das Grund genug für eine Schlacht. «Er zwang sich ebenfalls ein Lächeln ab.»Und fürs Gewinnen.»
Herrick hob Bolithos Hut vom Deck auf.»Ich werde die Leute an die Arbeit schicken, Sir. Die Pumpen hören sich viel zu beschäftigt an für meinen Geschmack.»
Bolitho nickte und schritt langsam zum Heck. Seine Schuhe verfingen sich in Splittern und zerrissenem Tauwerk. An der Heckreling blieb er stehen und musterte sein Schiff, die geborstenen Planken, das blutverschmierte Deck, die Männer, die sich ihren Weg durch die Trümmer suchten; sie glichen wahrlich mehr Überlebenden als Siegern.
Dann lehnte er sich zurück, lockerte seine Halsbinde, knöpfte seinen Rock auf — seinen Galarock, der jetzt ein Dutzend Löcher und Risse hatte — und schüttelte ihn ab. Über seinem Kopf stand der Wimpel jetzt nicht mehr so steif; die plötzliche Bö war so schnell vorübergegangen, wie sie gekommen war, um ihn vor den mächtigen Kanonen der
In plötzlichem Erschrecken sah er sich suchend um; aber Mudge stand an seinem gewohnten Platz beim Ruder und schnitt sich eben ein Stück Käse mit einem kleinen Messer zurecht, das er aus einer seiner zahllosen Taschen gefischt hatte. In dem rauchdurchzogenen Sonnenlicht sah er sehr alt aus. Der kleine Penn hockte auf seiner Lafette, ließ sich sein Handgelenk verbinden und betupfte seine Nase mit einem Tuch, die zu bluten angefangen hatte, als neben ihm eine Ladung zu früh explodiert war.
Bolitho betrachtete die beiden fast mit Zuneigung. Mudge und Penn — Alter und Jugend…
Und da war auch Keen; er sprach mit Soames und sah sehr mitgenommen aus. Aber wie ein Mann.
Füße knirschten über die Trümmer, Noddall kam. Vorsichtig preßte er einen Krug an seine Brust.»Ich kann leider noch nicht an die Gläser heran, Sir«, sagte er. Sein Blick haftete an Bolithos Gesicht; wahrscheinlich hatte er die Augen fest zugekniffen, als er sich an den Schrecknissen unten vorbeigetastet hatte. Bolitho hob den Krug an die Lippen.»Aber das ist doch mein bester Wein!»
Noddall betupfte sich die Augen und nickte ängstlich.»Aye, Sir, der Rest davon. Die anderen Flaschen sind bei der Schlacht kaputtgegangen.»
Genußvoll nahm Bolitho einen kräftigen Schluck; er konnte ihn brauchen. Es war ein langer Weg gewesen von jenem Laden in der St. James' Street bis hierher.
Und in wenigen Wochen würden sie wieder gefechtsklar sein. An die fehlenden Gesichter würde man sich zwar noch erinnern, doch schon ohne den Schmerz, der jetzt noch wuchs. Die Schrecken des Kampfes würden dann zu Kriegsruhm geworden sein, der Mut der Verzweiflung zur Pflicht gegenüber König und Vaterland.