Читаем Der Schwarm полностью

Augenblicklich präsentierte sich Perus Nordwesten als perfekte Idylle. Seit Tagen gab es keine Wolke am Himmel zu sehen. Die Surfer lagen zu so früher Uhrzeit noch in ihren Betten. Ucañan hatte sein Caballito vor gut einer halben Stunde durch die sanft heranrollenden Wellen hinaus aufs Meer gepaddelt, zusammen mit einem Dutzend weiterer Fischer, noch bevor sich die Sonne gezeigt hatte. Jetzt kam sie langsam hinter den dunstigen Bergen zum Vorschein und tauchte das Meer in pastellenes Licht. Die endlose Weite, eben noch silbern, nahm einen zartblauen Ton an. Am Horizont erahnte man die Silhouetten mächtiger Frachter, die Lima ansteuerten.

Ucañan, unbeeindruckt von der Schönheit des heraufdämmernden Morgens, griff hinter sich und förderte das Calcal zutage, das traditionelle rote Netz der Caballlito-Fischer, einige Meter lang und rundum mit Haken unterschiedlicher Größe bestückt. Kritisch beäugte er die fein gewobenen Maschen. Er hockte aufrecht auf dem Rietschiffchen. Caballitos besaßen keinen Innenraum zum Sitzen, dafür einen großzügig bemessenen Stauraum im Heck für Ausrüstung und Netz. Das Paddel hatte er quer vor sich liegen, ein halbiertes Guayaquil-Rohr, wie es sonst nirgendwo mehr in Peru benutzt wurde. Es gehörte seinem Vater. Er hatte es mitgenommen, damit der alte Mann die Kraft spüren konnte, mit der Juan Narciso es niederstieß ins Wasser. Jeden Abend, seitdem sein Vater krank war, legte Juan ihm das Paddel an die Seite und die Rechte darauf, damit er es fühlte — das Weiterbestehen der Tradition, den Sinn seines Lebens.

Er hoffte, dass sein Vater erkannte, was er da berührte. Seinen Sohn erkannte er nicht mehr.

Ucañan beendete die Inspektion des Calcal. Er hatte es bereits an Land in Augenschein genommen, aber Netze waren kostbar und jede Aufmerksamkeit wert. Der Verlust eines Netzes bedeutete das Aus. Ucañan mochte auf der Seite der Verlierer stehen im Poker um die verbliebenen Ressourcen des Pazifiks, aber er hatte nicht vor, sich auch nur die geringste Nachlässigkeit durchgehen zu lassen oder sich gar der Flasche anzuvertrauen. Nichts konnte er weniger ertragen als den Blick der Hoffnungslosen, die ihre Boote und Netze verrotten ließen. Ucañan wusste, dass es ihn umbringen würde, sollte er diesem Blick je in einem Spiegel begegnen.

Er schaute sich um. Zu beiden Seiten, weit auseinander gezogen, erstreckte sich das Feld der kleinen Caballito-Flotte, die an diesem Morgen mit ihm unterwegs war, gut einen Kilometer vom Strand entfernt. Heute tanzten die Pferdchen nicht auf und nieder wie sonst. Es herrschte kaum Wellengang. Die nächsten Stunden würden die Fischer hier draußen verharren, geduldig bis fatalistisch. Mittlerweile hatten sich größere Boote hinzugesellt, solche aus Holz und ein Trawler, der an ihnen vorbeizog und das offene Meer ansteuerte.

Unentschlossen sah Ucañan zu, wie die Männer und Frauen nacheinander ihre Calcáis ins Wasser gleiten ließen, sorgsam darauf bedacht, sie über ein Tau fest mit dem Boot zu verbinden. Runde, rote Bojen trieben leuchtend auf der Wasseroberfläche. Ucañan wusste, dass es auch für ihn Zeit wurde, aber er dachte an die vergangenen Tage und tat nichts, als weiter rüberzustarren.

Ein paar Sardinen. Das war alles gewesen.

Sein Blick folgte dem Trawler, der allmählich kleiner wurde. Auch dieses Jahr gab es einen El Niño, allerdings einen vergleichsweise harmlosen. Solange er sich in Grenzen hielt, zeigte El Niño mitunter ein zweites Gesicht, ein lächelndes, wohlwollendes. Angelockt von den gemütlicheren Temperaturen, verirrten sich große Gelbflossenthuns und Hammerhaie in den Humboldtstrom, denen es dort normalerweise zu ungemütlich war. Dann kamen zur Weihnachtszeit stattliche Portionen auf den Tisch. Zwar landeten vorher die wenigen kleinen Fische in den Mägen der großen statt in den Netzen der Fischer, doch man konnte nicht alles haben. Wer an einem Tag wie diesem weiter rausfuhr, hatte durchaus Chancen, einen der dicken Brocken mit nach Hause zu bringen.

Müßige Gedanken. Caballitos fuhren nicht so weit hinaus. Im Schutz der Gruppe wagten sie sich schon mal zehn Kilometer weit vorn Festland weg. Die Pferdchen trotzten auch starkem Seegang, sie ritten einfach auf den Wellenkämmen dahin. Das Problem dort draußen war die Strömung. Wenn es außerdem noch rau war und der Wind landabwärts blies, musste man einiges an Muskelkraft aufbringen, um sein Caballito wieder an Land zu paddeln.

Einige waren nicht zurückgekehrt.

Kerzengerade und reglos hockte Ucañan auf den geflochtenen Binsen. Im frühen Licht hatte das Warten auf die Schwärme begonnen, die auch heute nicht kommen würden. Er suchte die pazifische Weite nach dem Trawler ab. Es hatte Zeiten gegeben, da hätte er mühelos Arbeit auf einem der großen Schiffe bekommen oder in den Fischmehlfabriken, aber das war nun auch vorbei. Nach den verheerenden El Niños Ende der Neunziger hatten sogar die Fabrikarbeiter ihre Jobs verloren. Die großen Sardellenschwärme waren nie zurückgekehrt.

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