Читаем Der wandernde Wald полностью

Del lächelte sanft. »Du kannst mich nicht halten, Skar. Ich weiß, daß du versprochen hast, dich nicht einzumischen, und ich weiß auch, daß du recht hast und das, was ich vorhabe, Wahnsinn ist. Vielleicht werde ich dabei sterben. Aber ich tue es trotzdem. Ich habe diesen Menschen mein Leben zu verdanken, und wenn ich es aufs Spiel setzen muß, um sie von dieser Plage zu befreien, so tue ich es gerne.«

Skar machte ein abfälliges Geräusch. »Wo hast du diesen Satz gelesen?« fragte er. Aber Del ließ sich auch davon nicht sichtlich beeindrucken. »Ich weiß, daß ich kein Recht dazu habe«, fuhr er fort, als hätte er Skars Worte gar nicht zur Kenntnis genommen, »aber ich bitte dich trotzdem, mich zu begleiten. Thoranda ist nicht für dich gestorben, Skar, sondern für eine Hoffnung. Enttäusche sie nicht.«

»Du . . . du bist unfair«, sagte Skar hilflos.

»Ich weiß«, nickte Del. »Aber die Hoger sind auch nicht fair. Es war nicht fair, einen zehnjährigen Jungen zu töten. Komm mit mir, Skar. Begleite mich, und ich verspreche dir, daß wir hinterher ohne ein weiteres Wort aufbrechen.«

»Wenn wir noch leben.«

»Wenn wir noch leben«, bestätigte Del.

Sie gingen nicht zu Logars Haus, wie Skar halbwegs erwartet hatte, sondern betraten eine schmale, in kühnen Windungen nach oben führende Brücke, die sie zur höchsten Ebene Wents hinaus brachte. Skar schwindelte, als er in die Tiefe sah. Der Steg war kaum breiter als zwei nebeneinandergelegte Hände und bebte und schwankte unter jedem ihrer Schritte, und als Geländer gab es nur ein dünnes, straff gespanntes Seil, das das Gewicht eines ausgewachsenen Mannes kaum halten würde, wenn er das Gleichge wicht verlor und stürzte. Die Stadt lag seltsam still und ausgestorben unter ihnen, als hätte der Schock über den Tod Logars und der anderen ihre Bewohner gleichsam gelähmt. Aber mit der Stille war auch noch etwas anderes über Went hereingebrochen. Ein Gefühl der Erwartung, eine fast fühlbare, knisternde Spannung, die wie die Ahnung eines kommenden Unwetters zwischen den Gebäuden und Bäumen hing, ein stilles, auf sonderbare Art erwartungsvolles Schweigen, das – so oder so – nur in einer Explosion enden konnte. Skar war sich der Tatsache bewußt, daß er wahrscheinlich im Begriff stand, die größte Dummheit seines Lebens zu begehen. Das einzig Vernünftige wäre gewesen, sich ein Pferd und Lebensmittel zu nehmen und aufzubrechen, sofort und ohne auch nur eine einzige Minute zu verlieren. Verändere Cearn, hatte Seshar gesagt, und du zerstörst es. Aber er hatte sich geirrt. Obwohl er recht hatte, hatte er einen Fehler begangen, den gleichen Fehler, den Skar begangen hatte, Del, Coar, selbst Mergell und Bernec – alle. Sie hatten bereits damit begonnen, Cearn zu verändern, im gleichen Moment, in dem sie das erste Mal einen Fuß auf seinen Boden gesetzt hatten. Sie hatten gar nichts dazu zu tun brauchen. Sie waren die Veränderung, sie selbst. Am Ende der Brücke befand sich ein halbrundes Gebäude, aus dem gedämpfte Stimmen zu ihnen herausdrangen. Del zog den Kopf zwischen die Schultern, um durch den niedrigen Eingang gehen zu können, schob die Tür auf und betrat das Haus. Skar folgte ihm in wenigen Schritten Abstand.

Im Inneren des Gebäudes befanden sich außer Bernec und Coar noch ein gutes Dutzend Krieger: Reiterinnen in den goldenen Panzern der Königlichen Garde und die grüngekleideten Bogenschützen aus Bernecs Einheit. Die Gespräche verstummten abrupt, als die beiden Satai den Raum betraten. Skar blieb unmittelbar hinter der Tür stehen. Der Raum war beinahe zu klein, um mehr als ein Dutzend Menschen aufzunehmen, und trotzdem kam er sich mit einem Male furchtbar einsam und allein gelassen vor. Plötzlich, als hätte der Gedanke bis jetzt gebraucht, um wirklich bis an sein Bewußtsein vorzudringen, traf ihn die Erkenntnis, am Tod Thorandas schuld zu sein; eine Schuld, die wie mit glühenden Lettern auf seiner Stirn geschrieben zu sein schien. Er spürte, daß Coar ihn anstarrte, aber er hatte nicht die Kraft, ihren Blick zu erwidern. Am liebsten hätte er sich herumgedreht und irgendwo verkrochen.

»Nimm Platz, Skar«, sagte Bernec in die Stille hinein. »Ich nehme an, dein Freund hat bereits mit dir geredet.«

Skar nickte und machte einen zögernden Schritt. Die Krieger rutschten enger zusammen, um zusätzlichen Platz für ihn und Del zu schaffen. jemand drückte ihm einen Becher mit Wein in die Hand. Er trank einen winzigen Schluck, ohne den Geschmack wirklich wahrzunehmen, starrte sekundenlang in die rote Flüssigkeit und nickte dann. »Del hat mir gesagt, was ihr vorhabt«, sagte er. »Seid ihr sicher, daß es richtig ist?«

Bernecs Miene schien zu Eis zu erstarren.

»Versteht mich nicht falsch«, fuhr Skar hastig fort. »Ich will euch nicht davon abbringen, nur . . .«

»Niemand verlangt von dir mitzugehen, Skar«, sagte Bernec mit erzwungener Ruhe.

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