Читаем Der wandernde Wald полностью

Seine Gedanken überschlugen sich, als er mit weit ausgreifenden Schritten hinter Del herhetzte. Was sie sahen, war vollkommen unmöglich! Bei der klaren Luft und der ungehinderten Sicht über der Wüste hätten sie den Wald schon vor Tagen sehen müssen!

Aber er schob den Gedanken von sich und lief schneller, um Del einzuholen. Magie, Hexenkunst oder was immer es sein mochte – alles war besser als der Tod in der hitzeflirrenden Luft und der Glut des Tages. Selbst wenn dieser Wald das Werk eines bösen Zaubers war und den Tod beherbergte, so war er dem langsamen Verdursten in der Wüste vorzuziehen.

Del rannte mit weiten, kräftezehrenden Schritten vor ihm her. Das bleiche Sternenlicht ließ seinen Körper zu einer flachen, schwarzen Silhouette werden, die durch den unförmigen Verband seltsam buckelig und ungelenk wirkte. Der Anblick der Rettung mußte noch einmal alle Kraftreserven in ihm mobilisiert haben.

Wie oft noch? dachte Skar. Wie groß mochte das geheime Reservoir an Kraft noch sein, aus dem Del immer wieder schöpfte, sich immer wieder gegen das Unvermeidliche stemmte? Irgendwo in ihm begann die Stimme wieder zu flüstern, die lockende, drohende, wispernde Stimme, alles, was noch von seinem klaren Verstand übriggeblieben war. Der Wald dort mochte die Rettung bedeuten, aber wahrscheinlicher war, daß er von Feinden wimmelte, Dämonen, Zauberern, Monstern oder – schlimmer noch – Quorrl. Aber er lief trotzdem weiter, schneller als zuvor. Der Gedanke an einen Pfeil, der aus der Dunkelheit heranzischte und seiner Qual ein Ende bereitete, schreckte ihn nicht mehr.

Del stolperte, taumelte noch ein paar Schritte mit wild rudernden Armen weiter und prallte schließlich gegen ein Hindernis, das warnungslos aus der Dunkelheit vor ihm aufgetaucht war. Mit einem dumpfen Schmerzlaut ging er zu Boden. Skar verlangsamte seine Schritte und blieb keuchend neben Del stehen. Der Boden war hier nicht mehr so glatt und eben wie bisher. Es war immer noch Wüste, der gleiche feinkörnige Sand, aber jetzt mit einem Netzwerk dunkler Linien und Striche durchzogen. Skar mußte unwillkürlich an ein halb im Sand verborgenes Spinnennetz denken, eine heimtückische Falle, die dicht vor dem rettenden Wald ausgelegt war, um jeden, der sich mit letzter Kraft hierhergeschleppt hatte, zu fangen und dem Verderben preiszugeben.

Er sah mißtrauisch auf, überzeugte sich mit einem raschen Blick davon, daß Del nichts Ernsthaftes zugestoßen war, und kniete schließlich nieder. Seine Finger tasteten über den Sand.

Der Boden war mit einem dichten Netzwerk aus abgestorbenen Wurzeln und Ästen durchzogen, das wie ein Labyrinth heimtückischer Fallstricke und Gruben dicht unter der trügerisch glatten Oberfläche verborgen war. Skar sah auf und gewahrte jetzt mehr Einzelheiten. Das Geflecht verdichtete sich vor ihnen, wuchs gleichermaßen in Tiefe wie in Höhe und Breite. Vor ihnen lag etwas, das früher einmal ein Wald gewesen sein mußte: abgestorbene Reste von Bäumen, schwarze, von der unbarmherzigen Wut der Sonne verkohlte Strünke, deren Netz dichter wurde, je weiter es sich dem eigentlichen Waldrand näherte. Es war, als läge hier, vor der lebendigen grünen Mauer des Waldes, der Leichnam eines zweiten Waldes, ein verbranntes, skelettiertes Opfer der unbarmherzig näherrückenden Wüste. Der Anblick hatte etwas Unheimliches und zugleich Ernüchterndes. Obwohl gegen alle Logik, überzeugte er Skar doch endgültig, daß dieser Wald echt und nicht bloß Fata Morgana oder grausames Trugbild seiner überreizten Nerven war. Durch eine Laune der Natur hatte sich dieser Wald gegen die stumme Macht der Wüste behauptet, aber der Kampf hatte Opfer gefordert. Wie die vordersten Reiter einer Verteidigungslinie waren diese Baumreihen gefallen, langsam und vielleicht über Jahrzehnte hinweg, aber unbarmherzig, und hatten mit ihrem Opfer dem Wald Gelegenheit gegeben, sich auf den Ansturm der Wüste vorzubereiten.

Er drehte sich um und half Del beim Aufstehen. Der junge Satai kam schwankend auf die Beine. Eine dünne, hellrot schimmernde Linie hatte die Kruste aus getrocknetem Blut auf seinem Gesicht durchbrochen, aber er schien den Schmerz gar nicht zu spüren. »Weiter«, keuchte er. »Wir müssen . . . weiter.«

Skar nickte wortlos. Er ertappte sich dabei, wie seine Hand instinktiv zum Schwertgriff glitt. Ohne einen konkreten Grund dafür nennen zu können, spürte er einfach, daß hier irgend etwas nicht stimmte. Es war nicht nur dieser tote Wald, der ihm Unbehagen und Furcht einflößte. Da war noch etwas anderes, etwas, das mit Worten nicht zu beschreiben, aber von fast greifbarer Intensität war, beinahe, als wäre zwischen ihnen und der dunklen Wand des Waldes noch etwas, eine unbestimmbare, stumme Bedrohung, die schlimmer als der Tod war. Del versetzte dem Wurzelstück, über das er gestolpert war, einen wütenden Fußtritt und ging weiter. Skar folgte ihm. Del ging jetzt merklich langsamer und sah sich immer wieder nach rechts und links um. Seine Hände fingerten nervös am Griff des

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