»Es reicht vollkommen, wenn du uns begleitest«, sagte Mergell. »Vorerst zumindest. Dein Freund mag sich entscheiden, wenn er genesen ist und Wents Gastfreundschaft kennengelernt hat, so wie du.«
»Entscheiden?« Skar wurde plötzlich hellhörig. Mergells Worte waren nicht so belanglos, wie es den Anschein hatte. »Worüber entscheiden?«
Mergell wirkte überrascht. Er sah erst Logar, dann Coar an, runzelte mißbilligend die Stirn und verschränkte die Hände auf der Tischplatte. »Hat man dir nichts gesagt?« fragte er.
»Wir . . . dachten, es wäre noch Zeit«, sagte Coar hastig. »Wir haben nicht so rasch mit Euch gerechnet.«
Mergell seufzte. »Es geht um dein weiteres Leben hier, Skar«, . sagte er. »Ich will nicht drumherumreden. Wir brauchen Männer wie dich. Wie dich und deinen Freund, Skar.«
»Barbaren?« fragte Skar mit mildem Lächeln.
»Männer, die uns lehren, mit Waffen umzugehen und jeder Bedrohung Herr zu werden«, fuhr Mergell unbeeindruckt fort. »Die Könige lassen dir folgendes ausrichten: Du kannst in Cearn bleiben, wenn du willst. Dir wird der Posten eines Kommandanten der Königlichen Leibgarde angeboten, und du kannst in lpcearn leben. Natürlich nur, wenn es dein Wunsch ist. Du kannst auch in Went bleiben.«
Er brach ab, sah Coar, die neben Skar Platz genommen hatte, einen Herzschlag lang an und lächelte dann dünn und berechnend. »Wenn du es befiehlst, wird Coar dich begleiten. Als persönlicher Adjutant.«
Skar sog scharf die Luft ein, aber Mergell sprach weiter, ehe Skar Gelegenheit zu einer Entgegnung hatte. »Ich erwarte natürlich jetzt noch keine Entscheidung von dir«, sagte er. »Du hast Zeit, darüber nachzudenken, bis wir in Ipcearn sind. Vielleicht ist es sogar besser, wenn du jetzt nichts sagst. Begleite uns und sprich mit den Königen, bevor du dich endgültig entscheidest.«
»Wenn die Antwort auf deine Frage«, sagte Skar, wie Mergell das vertrauliche Du auf eine provozierende Weise benutzend, »der einzige Sinn meines Besuches in Ipcearn ist, so kann ich mir den Ritt sparen. Ich habe nicht vor, hierzubleiben. Ich werde warten, bis Del sich erholt hat. Dann gehen wir.«
»Bist du sicher?« fragte Mergell. »Du kennst die Wüste. Du bist ihr einmal entronnen, aber du solltest das Schicksal nicht unnötig herausfordern. Die Nonakesh ist launisch. Sie hat dich einmal am Leben gelassen, doch das nächstemal wird sie dich töten.«
»Vielleicht«, sagte Skar mit erzwungener Ruhe. »Doch wir können nicht bleiben. Bei dem, was man euch über die Satai erzählt hat, scheint man etwas Wesentliches vergessen zu haben. Satai verkaufen sich nicht. Für keinen Preis.«
»Niemand spricht von verkaufen«, sagte Mergell.
»Es ist uns sogar strengstens untersagt, das Wissen weiterzugeben, das den Satai eigen ist«, fuhr Skar unerschütterlich fort. »Und selbst wenn wir es wollten, wäre es unmöglich. Es dauert ein Menschenleben, ein Satai zu werden. Mehr Zeit, als wir haben.«
»Niemand verlangt, daß ihr eure Geheimnisse preisgebt«, erklärte Mergell geduldig.
»Aber du hast unser Volk kennengelernt. Wir sind keine Kämpfer wie ihr. Mit einem Mann wie dir an der Spitze . . .«
Skar schüttelte entschieden den Kopf. »Es ist sinnlos, Mergell. Du verschwendest deine Zeit. Wir würden Jahre brauchen, um auch nur eine Handvoll eurer Leute auszubilden. Und auch dann wäre es nur Stückwerk. Euer Krieg, Mergell, ist nicht der unsere. Ich weiß nicht, gegen wen ihr kämpfen wollt, aber es ist euer Kampf. Ihr werdet ihn allein bestehen müssen.«
Mergells Miene schien zu Eis zu gefrieren. »Ich werde deine Worte nicht zur Kenntnis nehmen, Skar«, sagte er steif. »Wir brechen morgen bei Sonnenaufgang auf. Du hast einen Tag und eine Nacht Zeit, dich zu entscheiden.«
»Die brauche ich nicht«, sagte Skar verärgert. Er stand auf, nickte Mergell und seinem Begleiter kühl zu und verließ mit raschen Schritten den Raum. Er wirkte noch immer ruhig und gelassen, aber unter dieser Maske brodelte es. Er hatte den Raum verlassen müssen, um nicht aufzuspringen und Mergell zu ohrfeigen. Er stürmte aus dem Haus, warf die Tür hinter sich zu und stapfte ein paar Meter in den Wald hinein, ehe er stehenblieb und wütend die Fäuste ballte. Nach allem, was er in den letzten Tagen erlebt hatte, versetzte ihn Mergells Benehmen mehr in Rage, als er selbst zugeben wollte.
Das Geräusch leiser Schritte ließ ihn aufblicken. Es war Coar. Sie hatte das Gebäude hinter ihm verlassen und blieb nun unschlüssig stehen. Ein besorgter Zug lag um ihre Mundwinkel.
»Was . . . was ist mit dir los?« fragte sie stockend. »So wie gerade kenne ich dich gar nicht.«
Skar lachte humorlos. »Dafür kenne ich Menschen wie Mergell leider viel zu gut, solche Typen sind mir ein paarmal zu oft begegnet«, gab er zurück. »Sind alle Bewohner Ipcearns so wie er?«
Coar schüttelte den Kopf, trat einen Schritt auf ihn zu und griff nach seiner Hand. Skar zog trotzig den Arm zurück.