Читаем Der wandernde Wald полностью

Delirium, dachte er. Die wenigen Tropfen Wasser hatten den Zusammenbruch nicht mehr aufhalten können. Vielleicht hatten sie ihn sogar noch beschleunigt. Skar stand auf; wohl ein wenig zu schnell. Für einen Moment begannen sich die Wüste, der Himmel und die flirrende Sonne um ihn zu drehen. Er schwankte, griff haltsuchend in die leere Luft und fing sich im letzten Moment wieder. Die Schleier vor seinen Augen zerrissen, und das Schwindelgefühl verschwand genauso rasch, wie es gekommen war. Aber er machte sich nichts vor – es würde nicht mehr sehr lange dauern, bis er selbst auf dem Bauch liegen und mit bloßen Finger nach Wasser graben würde, obwohl er genau wußte, daß keines da war. Und dann würde es nicht mehr sehr viel länger dauern, bis er sich den trockenen, erstickenden Staub mit beiden Händen in den Mund schieben und genüßlich schmatzen würde. Vielleicht wäre das sogar die einfachste Lösung, dachte er. Sich ausstrecken, das Gesicht tief in den Sand wühlen und einatmen. Kein angenehmer Tod, aber ein schneller.

Aber dazu war immer noch Zeit. Es war nicht das erste Mal, daß er und Del in einer aussichtslosen Lage waren.

Aber es ist das erste Mal, daß sie wirklich aussichtslos ist, wisperte eine Stimme in seinen Gedanken. Bisher war sie immer nur scheinbar aussichtslos. Diesmal ist sie es wirklich.

Skar versuchte, das einschmeichelnde, sanfte Flüstern hinter seiner Stirn zu ignorieren, aber es ging nicht.

Ihr seid erledigt, fuhr die Stimme fort, und ein leiser Unterton von Spott, als amüsiere sie sich im stillen über seine Bemühungen, sie zum Schweigen zu bringen, schien darin mitzuschwingen, sieh das endlich ein. Gib auf. Leg dich hin und schlief. die Augen und warte auf das Ende. Es ist einfach. Leicht. Du brauchst nur einzuschlafen. Du wirst sehen, es geht schnell.

Irgendwann, in nicht mehr allzuferner Zukunft würde er auf diese Stimme hören. Vielleicht heute schon.

Aber noch war es nicht soweit. Solange noch ein kleines bißchen Kraft in ihm war, würde er weiterkämpfen. Wenigstens so lange, wie Del noch lebte.

Erneut betrachtete er Dels reglos ausgestreckten Körper. Er wirkte, trotz allem, immer noch beeindruckend und furchteinflößend. Die Wüste hatte ihn ausgedörrt und verbrannt, aber sie vermochte die Aura von jugendlicher Kraft und Energie, die Del umgab, nicht ganz auszulöschen. Er spürte die Druckstellen, die Dels Finger auf seinem Hals hinterlassen hatten, immer noch. Del war stark, unglaublich stark, selbst jetzt noch und selbst für einen Mann seiner Statur. Eigentlich hatte Skar immer wie selbstverständlich angenommen, daß er als erster sterben würde. Del und er hatten Schulter an Schulter so manchen Kampf ausgefochten. Die meisten hatten sie gewonnen, ein paar verloren, und einige wenige waren unentschieden ausgegangen. Aber es war immer für sie beide klar gewesen, daß er, Skar, der Ältere, Erfahrenere, eines Tages nicht mehr mit Dels ungestümer Kraft würde mithalten können, obwohl sie in all den Jahren niemals über dieses Thema geredet hatten. Er. hatte Del alles beigebracht, was er wußte. Jede Technik, jedes bißchen Erfahrung und Wissen. Jeden Trick, der erlaubt war, und auch einige, die nicht erlaubt waren. Langsam, Stück für Stück und mit der Geduld eines Mannes, der durch eigene schmerzhafte Erfahrung hatte lernen müssen, daß Geduld und nichts als Geduld zum Ziel führen konnte, hatte er Del zu einem Spezialisten in der einzigen Kunst gemacht, die auf dieser Welt von wirklicher Bedeutung war: Überleben. Und Del hatte sich vom ungestümen Raufbold erst zum Schüler, dann zum Kämpfer entwickelt, war vom Kind zum Mann und schließlich zum Satai geworden. Er war jung, ungeduldig und selbst jetzt noch manchmal bis über die Grenzen des Leichtsinnes hinausdraufgängerisch, aber er hatte etwas, das all diese Mängel mehr als wettmachte: seine Jugend. Und wenn Skar sich an jenen letzten Kampf vor fünf Tagen zurückerinnerte, dann war es Del gewesen, der letztlich eine Bresche in die heranwogende Mauer der Quorrl gehauen hatte. Del, der, blutüberströmt und in beiden Fäusten ein Schwert schwingend, wie ein leibhaftig gewordener Rachegott durch die dutzendfache Übermacht der Graugeschuppten gebrochen war und sie allein durch seine Entschlossenheit zurückwarf, ein Mann gegen drei Dutzend Feinde, und es war auch Del gewesen, der schließlich mit seinem eigenen Körper den Axthieb aufgefangen hatte, der Skar den Kopf von den Schultern hatte trennen sollen.

Es war nicht richtig, daß er als erster sterben sollte.

Es war einfach nicht fair.

Skar lächelte schmerzlich. Der Unterschied war rein theoretischer Natur. Ein paar Stunden, mehr nicht. Vielleicht noch nicht einmal.

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