Читаем Die Kinder der Nibelungen полностью

Die Swart-alfar redeten miteinander, aber Hagen konnte und wollte sie nicht verstehen. In ihm wühlte der Gram über seine Gefan-gennahme, die just in dem Moment erfolgt war, als er glaubte, den Verfolgern ein für alle Male entronnen zu sein. Hagen hatte überhaupt keine Gelegenheit gehabt, sich zu wehren. Irgendwie ging alles, was er anpackte, schief. Er fühlte sich als Versager. Siggi hatte ihm den Ring gestohlen, Gunhild hatte ihn zurechtgestutzt, und zu guter Letzt war er in Gefangenschaft geraten, während Siggi und Gunhild noch auf der Flucht waren.

»Halt!«, sprach eine harte, befehlsgewohnte Stimme. »Wen habt ihr da?«

Hagen wurde aus seinem dumpfen Brüten gerissen, und er versuchte einen Blick auf den Sprecher zu erhaschen, aber es gelang ihm nicht.

»Einen Gefangenen aus Midgard, den der Einäugige zu den Lios-alfar bringen wollte«, wurde mit der Stimme von einem der Schwarzalben geantwortet, die ihn schleiften.

»Nehmt ihm die Fesseln ab. Ihr habt das umstrittene Gebiet weit genug hinter euch gelassen. Seit wann berauben wir unsere Gefangenen der Ehre, auf eigenen Füßen vor ihren Richter zu treten. Allein, dass der Einäugige ihn durch die Anderswelt führte, weist darauf hin, dass er etwas Besonderes ist. Hat der Graue auch nur einen Rest seiner einstigen Macht, so ist doch sein Wissen groß«, schloss die Stimme. »Er muss etwas im Sinn haben ...«

»Jawohl, Herr«, war die Antwort des anderen Schwarzalben, in dessen Griff Hagen hing.

Hagen spürte, wie die strammen Fesseln an Armen und Beinen gelöst wurden. Gleich darauf schoss das Blut wieder in Hände und Füße. Es tat weh. Es tat höllisch weh. Es kribbelte wie von tausend winzigen Nadelstichen, und er konnte nicht ohne fremde Hilfe stehen. Hagen hatte Mühe, nicht laut zu schreien. Er sackte in sich zusammen, aber gleich darauf hörte er Schritte auf sich zukommen, und er wurde von kräftigen Händen gepackt und auf die Füße gezerrt.

»Ein Knabe aus Midgard«, sagte der Schwarzalbe direkt vor ihm, und zum ersten Mal sah Hagen das Gesicht eines ihrer Jäger.

Er hatte eine dunkle, fast olivfarbene Haut, die ihm auf den ersten Blick ein finsteres Äußeres verlieh, und obwohl ihn der Swart-alf ernst ansah, glaubte Hagen doch zu erkennen, das dieser ihm offensichtlich nicht grundlos feindlich gesinnt war. Ihm war, als könnte er Neugier im Blick des anderen erkennen.

»Ich bin Mîm, Hordenführer von Alberichs Volk«, sagte er knapp, und seine dunklen Augen blitzten Hagen aufmunternd an. »Und wer bist du?«

»Mein Name ist Hagen. Meine Freunde und ich wurden von deinen Leuten gehetzt, und dann wollte uns ...«

»Was meinst du mit ›meine Freunde‹?«, unterbrach ihn Mîm scharf.

»Der Einäugige«, mischte sich der andere der beiden Schwarzalben ein, die Hagen hergeschleppt hatten, »hat nicht nur ihn, sondern noch zwei weitere Kinder aus Midgard in die Anderswelt geführt. Die Lios-alfar retteten den Alten und die beiden anderen.«

»Die Übrigen von uns«, beeilte sich der andere zu versichern, »versuchen zu spähen, aber die Bleichen scheinen überall zu sein.«

Mîm sah die beiden Krieger finster an, dann wandte er sich wieder dem Jungen zu.

»Wie heißen deine beiden Freunde?«, fragte er.

»Siggi - nein, eigentlich Siegfried - und Gunhild«, entgegnete Hagen, der keinen Grund sah die Namen seiner Kameraden zu verschweigen.

Mîms Gesicht bekam einen nachdenklichen Zug; er sah Hagen an, der diesem durchdringenden Blick nicht standzuhalten vermochte. Hagen sah zu Boden; er konnte sich nicht erklären, was der Schwarzalbe an seiner Antwort so bemerkenswert gefunden hatte.

»Gut«, kam schließlich die Entscheidung, »bringt ihn vor den König. Ich glaube, unser Meister wird sehr interessiert sein, was die Träger dieser großen Namen in die Anderswelt verschlagen hat, noch dazu in einer Nacht wie dieser ...«

Hagen sah Mîm an. Dessen untersetzter, muskulöser Körper straffte sich. Im fahlen, kalten Licht, das von den Wänden des Ganges strahlte, fand Hagen, dass die Swart-alfar hier, aus der Nähe betrachtet, nicht halb so erschreckend wirkten wie in der fast nachtdunklen Dämmerung des Waldes, wo sie gesichtslosen Schatten geglichen hatten.

Hagen überragte Mîm und die anderen Schwarzalben zwar um nahezu einen Kopf, aber er war längst nicht so muskulös, und er wusste, dass Flucht zwecklos war. Die Swart-alfar waren schneller und stärker als er, und diese Höhlen waren ihre Heimat. Und es kam noch etwas hinzu: Nach und nach hatte seine anfängliche Angst zu schwinden angefangen und einer gewissen Neugier Platz gemacht. Immerhin würde man ihn vor den König führen - ihren Meister, wie der Swart-alf ihn genannt hatte.

»Versprichst du mir«, sagte Mîm, zu ihm gewandt, »keinen Fluchtversuch zu unternehmen? Dann wirst du die Ehre haben, unter meinem Geleit vor König Alberich zu treten. Andernfalls werden wir dich in seine Halle schleifen müssen.«

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