Ken, der noch in seinem Raumanzug steckte, aber keinen Helm mehr trug, beantwortete die Frage nicht direkt. Statt dessen stellte er eine Gegenfrage.
»Sie kennen die Koordinaten von Sarr und würden von hier aus zurückfinden?«
»Natürlich. Ich bin die Strecke oft genug geflogen. Sie bilden sich doch nicht ein, ich würde Ihnen Sarrs Koordinaten verraten, nur um keine Frostbeulen zu kriegen.«
»Ob Sie uns etwas sagen oder nicht, ist mir völlig einerlei. Sie werden jedenfalls das Schiff steuern, das habe ich so geplant. Nicht geplant habe ich, Sie an diesen Block anzufrieren. Wir werden ihn vielmehr hier plazieren. Bis er verdampft ist, können Sie sich entscheiden. Hinterher werden wir in der Lage sein, an Ihrer Stelle Entscheidungen zu treffen.«
Lee lachte. »Das habe ich irgendwie erwartet. Und ich soll glauben, daß dies da drinnen Tafak sein soll? Sie haben den Block doch erst vor einigen Minuten gemacht.«
»Stimmt auffallend. Da Sie schon davon sprechen, ja, im Block steckt ein Zylinder Tafak. Ich habe ihn eigenhändig hineingesteckt. Vor einigen Minuten, wie Sie selbst sagten…«
»Sie müssen Drais Safe aufgebrochen und das Zeug geklaut haben.« Der Pilot konnte es nicht fassen.
»Nein. Drais Vorschlag, die Sympathien der Eingeborenen von Planet Drei zu mobilisieren, war übrigens eine sehr gute Idee.«
»Ich könnte mir denken, daß man Ihnen für die Rettung der Kinder hundert Einheiten schenkte.«
»Um ehrlich zu sein, es sieht mir eher nach zweitausend Einheiten aus. Gezählt habe ich sie nicht. Sie sind aber feinsäuberlich geordnet. Und wenn die Einheit ein Zehntel des gelieferten Zylinders ist, kommen wir ungefähr auf diese Zahl.«
Der Pilot hätte wenigstens eine Spur Unbehagen zeigen können.
»Nachdem Drai mit dieser Idee kam, gab es keine Landungen mehr. Sie können das Zeug also gar nicht von den Eingeborenen erbeten haben«, wandte er ein.
»Wollen Sie mich beleidigen, indem Sie behaupten, ich hätte Drais Geistesblitz dazu gebraucht? Mir ist es selbst eingefallen. Da ich aber über ein Gewissen verfüge, wollte ich es erst gar nicht versuchen. Außerdem beherrsche ich wie gesagt die Sprache nicht so gut. Zufällig gab mir der Eingeborene, mit dem ich redete, einen Behälter mit dem Zeug, ohne daß ich ein Wort sagen mußte. Scheint mir ein netter Kerl zu sein. Vor allem weiß er, welchen Wert das Tafak bei uns hat. Leider vergaß ich Drai davon Mitteilung zu machen.«
Lee sah richtig verstört aus, als ihm dämmerte, daß an Kens Geschichte etwas dran sein konnte. Feth hingegen war aufgeblüht. Es war ihm nur noch leiser Zweifel anzusehen, ob Ken nicht doch bluffte. Aber andererseits hatte es wenig Sinn, den Rückflug nach Sarr anzutreten, wenn man nicht einen gewissen Vorrat von dem Rauschgift hatte. Und er hatte nichts davon verlauten lassen, daß er Lee zwingen würde, sie zu Drais Safe zu führen und ihnen beim Knacken zu helfen.
Genau diese Einwände mußten auch dem Piloten durch den Kopf gegangen sein. Er sah mit wachsendem Entsetzen zu dem kleiner werdenden Schwefelklumpen hin. Einen letzten Einwand äußerte er noch, obwohl ihm dessen Schwäche klar war, noch ehe er ihn aussprach.
»Sie würden nicht wagen, das Zeug freizusetzen. Feth hat keinen Anzug und Sie selbst keinen Helm.«
»Na und? Was sollte uns das schon ausmachen?«
Lee unternahm einen plötzlichen verzweifelten Ausbruchsversuch zur Tür hin. Er machte einen Satz direkt auf Feth zu. Es folgte ein Alptraum wirbelnder Beine und Tentakel. Ken stand daneben. Sein Eingreifen war nicht nötig. Und dann bewegte sich der Pilot fast rollend an sein Instrumentenbrett. Seine Tentakel zuckten wie verrückt. Als er wieder auf den Beinen war, schien ihm die Lust an weiteren Kämpfen vergangen.
»Wenn ich bloß…«
»Ja, ganz recht. Wäre schön, wenn Drai nicht nur sich selbst eine Waffe zugebilligt hätte. Aber er tat es nicht. Und Ihnen bleibt nicht mehr viel Zeit. Also, was ist?« Feth verlieh seinen Worten Nachdruck, indem er den Thermostaten höher einstellte.
Der Pilot gab nach. Falls er noch an Kens Wahrhaftigkeit zweifelte, so wagte er doch nicht mehr, auf diesen leisen Zweifel zu setzen. Er hatte außer Feth noch andere Süchtige gesehen. Es waren ihm grauenvolle Einzelheiten im Gedächtnis geblieben.
»Also gut. Aber verschwindet endlich mit dem Zeug!« keuchte er. »Ich mache, was Sie wollen!«
Wortlos faßte Ken beide Enden der Schlinge und trug das nun viel leichter gewordene Bündel wieder in die Luftschleuse. Gleich darauf war er wieder zur Stelle.
»Geschafft!« sagte er. »Ich befürchtete schon, es würde durchschmelzen, bevor ich Sie mürbe machen konnte. Lee, Sie haben sich länger gehalten, als ich dachte. Na, jetzt ist die Luft rein. Ich möchte noch erwähnen, daß dieser spezielle Block zuoberst in meiner kleinen Kühlanlage liegt und jederzeit einsatzbereit ist. Und jetzt wollen wir ein wenig vorabplanen. Ich würde unseren Freund Drai zu gern festnehmen, weiß aber nicht recht, wie wir die Sache angehen sollen. Hat jemand Vorschläge?«
»Festnehmen?« Auf Feths Gesicht zeigte sich die Andeutung eines Lächelns.