Читаем Gedichte in Prosa полностью

Ich wandte mich nach der Richtung, nach der sie sah... Am äußersten Saume des Himmels, hinter dem flachen Streif der Felder flammte wie ein feuriger Punkt das goldene Kreuz auf dem weißen Turm einer christlichen Kirche... Dieses Kreuz hatte die Göttin erblickt. Hinter mir vernahm ich einen zitternden, langen Seufzer, dem Beben einer zerspringenden Saite gleich – und als ich mich wieder umwandte, waren die Nymphen spurlos verschwunden... Der weit ausgedehnte Wald grünte wie zuvor, und nur hie und da, durch das dichte Gezweig hindurch, leuchtete auf und verschwand etwas Weißes. Waren es die Gewänder der Nymphen oder stieg Nebel vom Talgrund auf – ich weiß es nicht.

Wie schmerzlich aber empfand ich das Verschwinden der Göttinnen!

<p>Freund und Feind</p>

Ein zu lebenslänglichem Kerker Verurteilter entkam aus dem Gefängnis und stürzte in wilder Flucht einher... Die Verfolger waren ihm auf den Fersen.

Er rannte aus allen Kräften... Schon begannen die Verfolger nachzulassen.

Da, mit einem Male hemmt ihn ein Fluß mit steilen Ufern – ein schmaler, aber tiefer Fluß... Und er kann nicht schwimmen!

Von einem Ufer zum andern schwebt ein dünnes, angefaultes Brett. Schon hatte der Flüchtling den Fuß darauf gesetzt... Der Zufall wollte nun, daß drüben am Flusse sein bester Freund, sowie sein erbittertster Feind standen.

Der Feind sagte nichts, sondern verschränkte bloß die Arme; der Freund dagegen schrie aus vollem Halse: »Um Gottes willen! Was tust du? Besinne dich, Wahnwitziger! Siehst du denn nicht, daß dieses Brett vollständig verfault ist?! – Es wird unter deiner Last brechen – und du kommst rettungslos um!«

»Es gibt aber doch keine andere Brücke... und hörst du nicht die Verfolger?« stöhnte verzweifelt der Unglückliche und betrat das Brett.

»Das lasse ich nicht zu!... Nein, ich lasse nicht zu, daß du zugrunde gehst!« schrie der eifrige Freund und riß dem Fliehenden das Brett unter den Füßen weg. – Der stürzte jäh in die reißenden Wellen hinab – und ertrank.

Der Feind lachte befriedigt auf – und ging von dannen; der Freund aber setzte sich ans Ufer und zerfloß in bitterlichen Tränen um seinen armen – armen Freund!

Sich selber jedoch die Schuld an dem Unfall beizumessen, das kam ihm gar nicht in den Sinn... nicht einen Augenblick.

»Er hörte nicht auf mich! Hörte nicht!« schluchzte er trostlos.

»Aber wenn auch!« sagte er zum Schluß. »Er hätte ja doch sein ganzes Leben lang im schrecklichen Kerker schmachten müssen! Wenigstens leidet er jetzt nicht mehr! Jetzt ist ihm leichter! Gewiß hat das Schicksal es so gewollt! – Und trotzdem, wie schmerzlich, rein menschlich betrachtet!«

Und die gute Seele vergoß aufs neue bitterliche Tränen um den unglückseligen Freund.

<p>Christus</p>

Ich sah mich als Jüngling, fast noch als Knaben in einer niedrigen Dorfkirche. – Die Flämmchen der dünnen Wachskerzen glühten wie kleine rote Punkte vor den alten Heiligenbildern.

Ein kleiner regenbogenfarbiger Lichtschein umgab jedes einzelne Flämmchen. Es war düster und dämmerig in der Kirche... Vor mir aber standen eine Menge Leute. Lauter schlichte, blonde Bauernköpfe. Von Zeit zu Zeit neigten sie sich, beugten sich herab und erhoben sich wieder gleich reifen Kornähren, wenn der sommerliche Wind wie eine sanfte Woge über sie hinstreicht. Mit einem Male kam jemand von hinten heran und trat neben mich.

Ich wandte mich nicht nach ihm um – aber ich fühlte sofort: dieser Mensch ist – Christus.

Rührung, Neugier und Angst bemächtigten sich meiner im selben Augenblick. Ich nahm mich zusammen... und sah meinen Nachbar an.

Ein Gesicht wie das aller anderen – ein Gesicht, das allen Menschengesichtern gleicht. Die Augen blicken ein wenig aufwärts, andächtig und ruhig. Die Lippen sind geschlossen, aber nicht zusammengepreßt: die Oberlippe ruht gleichsam auf der unteren; der kurze Bart ist in der Mitte geteilt. Die Hände gefaltet und unbeweglich. Auch die Kleidung ist dieselbe wie bei allen übrigen.

»Wie kann das Christus sein!« dachte ich bei mir. »Solch einfacher, einfacher Mensch! Es ist unmöglich!«

Ich kehrte mich ab. Doch ich hatte kaum den Blick von diesem einfachen Menschen abgewandt, als mich wiederum das Gefühl überkam, als stünde wirklich Christus an meiner Seite.

Noch einmal nahm ich mich zusammen... Und wieder erblickte ich dasselbe Antlitz, das allen Menschengesichtern gleicht, dieselben alltäglichen, wenn auch unbekannten Züge.

Da wurde es mir plötzlich schwer ums Herz – und ich kam zu mir. Nun begriff ich erst, daß gerade solch ein Antlitz – ein Antlitz, das allen Menschengesichtern gleicht – Christi Antlitz sei.

<p>Der Stein</p>

Saht ihr wohl schon einmal am Meeresufer einen alten grauen Stein, wenn an einem sonnigen Frühlingstage zur Flutzeit von allen Seiten die frischen Wellen gegen ihn anschlagen – anschlagen, ihn umspielen, umschmeicheln – und sein bemoostes Haupt mit einem Sprühregen glänzenden Perlenschaumes benetzen? Der Stein bleibt wohl derselbe Stein – aber auf seiner Oberfläche erscheinen leuchtende Farben.

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Иммануил Кант – самый влиятельный философ Европы, создатель грандиозной метафизической системы, основоположник немецкой классической философии.Книга содержит три фундаментальные работы Канта, затрагивающие философскую, эстетическую и нравственную проблематику.В «Критике способности суждения» Кант разрабатывает вопросы, посвященные сущности искусства, исследует темы прекрасного и возвышенного, изучает феномен творческой деятельности.«Критика чистого разума» является основополагающей работой Канта, ставшей поворотным событием в истории философской мысли.Труд «Основы метафизики нравственности» включает исследование, посвященное основным вопросам этики.Знакомство с наследием Канта является общеобязательным для людей, осваивающих гуманитарные, обществоведческие и технические специальности.

Иммануил Кант

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