Madam Pomfrey führte Harry zu einem in der Nähe stehenden Bett, und dabei erhaschte er einen Blick auf den wahren Moody, der reglos in einem Bett am anderen Ende des Saals lag. Sein Holzbein und sein magisches Auge lagen auf dem Nachttisch.
»Wie geht es ihm?«, fragte Harry.
»Er wird schon wieder zu Kräften kommen«, sagte Madam Pomfrey, reichte Harry einen Pyjama und zog einen Wandschirm um sein Bett. Er entkleidete sich, zog den Pyjama an und legte sich hin. Ron, Hermine, Bill, Mrs Weasley und der schwarze Hund kamen um den Wandschirm herum und setzten sich auf Stühle zu beiden Seiten seines Bettes. Ron und Hermine sahen ihn fast argwöhnisch an, als hätten sie Angst vor ihm.
»Mir geht's schon besser«, sagte er.»Bin nur müde.«
Mrs Weasley strich völlig überflüssigerweise die Bettdecke glatt und ihre Augen füllten sich mit Tränen.
Madam Pomfrey, die hinüber in ihr Büro gewackelt war, kam mit einer Schale und einer kleinen Flasche mit einem purpurnen Trank zurück.
»Das mußt du ganz austrinken, Harry«, sagte sie.»Es ist ein Trank für einen traumlosen Schlaf.«
Harry ergriff die Schale und nahm ein paar Schlucke. Sofort wurde ihm schläfrig zumute. Alles um ihn her versank in Nebel; die Lampen im Krankensaal schienen ihm durch den Wandschirm um sein Bett freundlich zuzublinken; ihm war, als würde er immer tiefer in die Wärme des Federbettes sinken. Bevor er das Elixier ganz ausgetrunken hatte, bevor er noch ein Wort sagen konnte, hatte ihn die Erschöpfung in den Schlaf gleiten lassen.
Harry wachte auf, und ihm war so behaglich, er war so schlaftrunken, daß er die Augen nicht öffnete und lieber in den Schlaf zurücksinken wollte. Der Saal war immer noch schwach beleuchtet; er war sich sicher, daß es noch Nacht war, und hatte den Eindruck, nicht lange geschlafen zu haben.
Dann hörte er Geflüster um sich her.
»Die wecken ihn noch auf, wenn sie nicht endlich still sind!«
»Was gibt es denn da zu schreien? Es kann doch nicht schon wieder was passiert sein!«
Schlaftrunken öffnete Harry die Augen. Jemand hatte ihm die Brille abgenommen. Er konnte die verschwommenen Gestalten von Mrs Weasley und Bill neben sich erkennen. Mrs Weasley hatte sich erhoben.
»Das ist die Stimme von Fudge«, wisperte sie.»Und das ist Minerva McGonagall, nicht wahr? Aber worüber streiten die sich?«
Jetzt konnte auch Harry es hören: aufgebrachte Stimmen und das Geräusch von Schritten, die sich dem Krankensaal näherten.
»Bedauerlich zwar, gleichwohl, Minerva -«, sagte Cornelius Fudge laut.
»Sie hätten es niemals ins Schloß bringen dürfen!«, rief Professor McGonagall.»Wenn Dumbledore das erfährt -«
Harry hörte, wie die Tür zum Krankensaal aufschlug. Bill hatte den Wandschirm beiseite geschoben, und alle, die um Harrys Bett saßen, starrten jetzt zur Tür. Harry setzte sich unbemerkt auf und nahm seine Brille vom Nachttisch.
Fudge kam zügig durch den Saal geschritten. Die Professoren McGonagall und Snape folgten ihm auf den Fersen.
»Wo ist Dumbledore?«, fragte Fudge Mrs Weasley.
»Er ist nicht hier«, antwortete Mrs Weasley erzürnt.»Dies ist ein Krankensaal, Minister, denken Sie nicht, es wäre besser -«
Doch jetzt ging die Tür auf und Dumbledore kam hereingerauscht.
»Was ist passiert?«, fragte er in scharfem Ton und blickte abwechselnd Fudge und Professor McGonagall an.»Warum stören Sie die Ruhe? Minerva, ich bin überrascht, Sie hier zu sehen – ich hatte Sie gebeten, Barty Crouch zu bewachen -«
»Es ist nicht mehr nötig, ihn zu bewachen, Dumbledore!«, entgegnete sie schrill.»Dafür hat der Minister gesorgt!«
Harry hatte Professor McGonagall noch nie so außer sich gesehen. Flammend rote Flecken traten auf ihre Wangen, sie ballte die Hände zu Fäusten und bebte vor Zorn.
»Als wir Mr Fudge mitteilten, wir hätten den Todesser gefangen, der für die Geschehnisse dieser Nacht verantwortlich war«, sagte Snape in gedämpftem Ton,»da glaubte er offenbar, seine eigene Sicherheit sei gefährdet. Er bestand darauf, einen Dementor zu rufen, der ihn zum Schloß begleitete. Er brachte ihn mit in das Büro, in dem Barty Crouch -«
»Ich hatte ihm laut und deutlich gesagt, daß Sie nicht damit einverstanden seien, Dumbledore!«, brauste Professor McGonagall auf.»Ich hatte ihm gesagt, Sie würden es niemals erlauben, daß Dementoren das Schloß betreten, aber -«
»Meine Verehrteste!«, dröhnte Fudge, der ebenfalls zorniger wirkte, als Harry ihn je erlebt hatte.»Als Zaubereiminister steht mir allein die Entscheidung zu, ob ich jemanden zu meinem Schutz mitbringe, wenn ich einen möglicherweise gefährlichen -«
Doch Professor McGonagalls Stimme ließ die von Fudge untergehen.»Kaum hatte dieses – dieses Etwas das Büro betreten«, schrie sie und deutete am ganzen Leib bebend auf Fudge,»da stürzte es sich auf Crouch und – und -«