»Sie sind mit Blindheit geschlagen«, sagte Dumbledore mit erhobener Stimme und glühenden Augen, und die Aura der Macht, die ihn umgab, war nun fast greifbar.»Geblendet durch Ihren Ehrgeiz, Cornelius! Wie immer legen Sie zu viel Wert auf die so genannte Reinheit des Blutes! Sie sehen einfach nicht, daß es nicht darauf ankommt, als was jemand geboren ist, sondern darauf, was aus ihm wird! Ihr Dementor hat soeben den letzten Sproß einer unserer ältesten reinblütigen Familien zerstört – und sehen Sie doch, was er willentlich aus seinem Leben gemacht hat! Ich sage es Ihnen noch einmal – tun Sie, was ich Ihnen vorgeschlagen habe, und in Ihrem Ministerium und draußen in der Zaubererwelt wird man Sie als einen unserer kühnsten und größten Zaubereiminister in Erinnerung behalten. Legen Sie die Hände in den Schoß – dann werden Sie in die Geschichte eingehenals der Mann, der beiseite trat und Voldemort eine zweite Möglichkeit bot, die Welt zu vernichten, die wir wieder aufzubauen versuchten!«
»Verrückt«, flüsterte Fudge und wich zurück.»Wahnsinnig…«
Und dann trat Stille ein. Madam Pomfrey stand erstarrt, die Hände auf den Mund gepreßt, am Fußende von Harrys Bett. Mrs Weasley war immer noch über Harry gebeugt und hatte die Hände auf seine Schultern gelegt, um ihn zu beschwichtigen. Bill, Ron und Hermine starrten Fudge an.
»Wenn Ihr Wille, die Augen zu verschließen, Sie so weit bringt, Cornelius«, sagte Dumbledore,»dann trennen sich nun unsere Wege. Sie müssen tun, was Sie für richtig halten. Und ich – ich werde tun, was ich für richtig halte.«
In Dumbledores Stimme lag nicht die Spur einer Drohung; was er sagte, klang eher wie eine Feststellung, doch Fudge brauste auf, als wäre Dumbledore mit dem Zauberstab auf ihn losgegangen.
»Jetzt reicht es aber, Dumbledore«, sagte er und fuchtelte drohend mit dem Zeigefinger,»ich habe Ihnen immer freie Hand gelassen. Ich hatte eine Menge Hochachtung vor Ihnen. Ich war vielleicht mit einigen Ihrer Entscheidungen nicht einverstanden, doch ich habe den Mund gehalten. So ohne weiteres hätte kein anderer Ihnen erlaubt, Werwölfe einzustellen oder Hagrid zu behalten oder selbst zu entscheiden, was Sie Ihren Schülern beibringen, ohne Rücksprache mit dem Ministerium. Doch wenn Sie jetzt gegen mich arbeiten wollen -«
»Der Einzige, gegen den ich zu arbeiten gedenke«, entgegnete Dumbledore,»ist Lord Voldemort. Wenn Sie gegen ihn sind, Cornelius, dann bleiben wir auf derselben Seite.«
Offenbar fiel Fudge darauf keine Antwort ein. Er wippte eine Weile auf seinen kleinen Füßen und drehte den Bowler in den Händen.
Als er schließlich den Mund aufmachte, lag etwas Flehendes in seiner Stimme:»Er kann nicht zurück sein, Dumbledore, das ist unmöglich…«
Snape trat vor, ging an Dumbledore vorbei und krempelte seinen rechten Ärmel hoch. Er streckte seinen Unterarm aus und zeigte ihn dem zurückschreckenden Fudge.
»Hier, sehen Sie«, sagte Snape barsch.»Hier. Das Dunkle Mal. Es ist nicht mehr so deutlich, wie es vor gut einer Stunde war, als es dunkelrot glühte, aber Sie können es noch immer sehen. Der dunkle Lord hatte jedem Todesser dieses Zeichen eingebrannt. Es diente uns als Erkennungszeichen und er benutzte es auch, um uns zu sich zu rufen. Wenn er das Mal irgendeines Todessers berührte, mußten wir sofort an seiner Seite apparieren. Dieses Zeichen hier ist das ganze Jahr über deutlicher geworden. Wie auch das von Karkaroff. Warum, glauben Sie, ist Karkaroff heute Nacht geflohen? Wir beide spürten das Mal brennen. Wir beide wußten, daß er zurückgekehrt war. Karkaroff fürchtet die Rache des dunklen Lords. Er hat zu viele seiner Gefolgsleute verraten und weiß, daß sie ihn nicht mit offenen Armen empfangen werden.«
Fudge wich jetzt auch vor Snape zurück. Er schüttelte den Kopf. Offenbar hatte er kein Wort dessen, was Snape gesagt hatte, wirklich aufgenommen. Er starrte sichtlich angewidert das häßliche Mal auf Snapes Arm an, dann sah er zu Dumbledore hoch und flüsterte:»Ich weiß nicht, worauf Sie und Ihre Lehrer es angelegt haben, Dumbledore, aber ich habe genug gehört. Meinen Worten habe ich nichts mehr hinzuzufügen. Morgen werde ich Verbindung mit Ihnen aufnehmen, Dumbledore, und mit Ihnen über die künftige Führung dieser Schule sprechen. Ich muß zurück ins Ministerium.«
Er war schon fast an der Tür, als er innehielt. Er wandte sich um, kam wieder durch den Saal geschritten und blieb vor Harrys Bett stehen.
»Dein Gewinn«, sagte er knapp, zog einen großen Goldbeutel aus der Tasche und ließ ihn auf Harrys Nachttisch fallen.»Eintausend Galleonen. Eine feierliche Preisverleihung war vorgesehen, aber unter diesen Umständen…«
Er drückte sich den Bowler auf den Kopf, marschierte hinaus und schlug die Tür hinter sich zu. Sobald er verschwunden war, wandte sich Dumbledore der Gruppe um Harrys Bett zu.
»Es gibt einiges zu tun«, sagte er.»Molly… ich glaube wohl zu Recht, daß ich auf Sie und Arthur zählen kann?«