Читаем Liebe Deinen Nächsten полностью

»Wie ist es mit dem Geld?« fragte Kern. »Wir haben keins.«

Beer lachte. »Vorläufig liegt sie erst einmal im Krankenhaus. Irgendeine Wohltätigkeitsinstitution wird nachher schon die Kosten übernehmen.«

Kern sah ihn an. »Und Ihr Honorar?«

Beer lachte wieder. »Behalten Sie Ihre paar Franken nur. Ich kann ohne sie leben. Sie können morgen wieder fragen kommen.« Er stand auf.

»Wo liegt sie?« fragte Kern. »In welchem Stock?«

Beer legte seinen knochigen Zeigefinger an die Nase. »Warten Sie mal… Zimmer 35 im zweiten Stock.«

»Welches Fenster ist das?«

Beer zwinkerte mit den Augen. »Ich glaube, es ist das zweite von rechts. Es nützt aber nichts; sie wird schon schlafen.«

»Ich meinte nicht deswegen.«

»Natürlich nicht«, erwiderte Beer.

Kern fragte sich nach dem Krankenhaus durch. Er fand es rasch und blickte auf die Uhr. Es war eine Viertelstunde vor neun. Das zweite Fenster von rechts war dunkel. Er wartete. Er hätte nie geglaubt, daß es so langsam neun Uhr werden könne. Plötzlich sah er, daß das Fenster hell wurde. Er stand angespannt und schaute auf das rötliche Viereck. Er hatte einmal etwas von Gedankenübertragung gehört und versuchte sich jetzt zu konzentrieren, um Kraft zu Ruth hinüberzuschicken. – Laß sie gesund werden, laß sie gesund werden! dachte er eindringlich und wußte nicht, zu wem er betete. Er holte tief Atem und ließ ihn langsam ausströmen; er erinnerte sich, daß tiefes Atmen als wichtig bezeichnet war in dem Buch, das er gelesen hatte. Er ballte die Fäuste und spannte die Muskeln an, er hob sich auf die Zehen, als wollte er losspringen, und flüsterte immer wieder gegen das helle Lichtkarree in die Nacht:»Werde gesund! Werde gesund! Ich liebe dich!«

Das Fenster verdunkelte sich. Er sah einen Schatten. Sie soll doch im Bett bleiben! dachte er, während ein Sturzbach von Glück ihn überströmte. Sie winkte; er winkte wild zurück. Dann erinnerte er sich, daß sie ihn nicht sehen konnte. Verzweifelt blickte er nach einer Laterne, nach einem Schein Helligkeit aus, um sich davorzustellen. Nichts war zu sehen. Da kam ihm ein Gedanke. Er riß eine Schachtel Zündhölzer aus der Tasche, die er morgens zu seinen zwei Zigaretten geschenkt bekommen hatte, zündete eins an und hielt es hoch.

Der Schatten winkte. Er winkte vorsichtig mit dem Zündholz zurück. Dann riß er ein paar neu an und hielt sie so, daß sie sein Gesicht beleuchteten. Ruth winkte heftig. Er machte Zeichen, sie solle sich niederlegen. Sie schüttelte den Kopf. Er beleuchtete sein Gesicht und nickte nachdrücklich. Sie folgte nicht. Er merkte, daß er fortgehen mußte, um sie dazu zu bewegen, sich wieder ins Bett zu legen. Er machte ein paar Schritte, um zu zeigen, daß er ginge. Dann warf er alle brennenden Streichhölzer hoch. Sie fielen flackernd zu Boden und verlöschten. Das Licht brannte noch einen Augenblick. Dann erlosch es, und das Fenster schien dunkler zu sein als alles andere.


»GRATULIERE, GOLDBACH!« SAGTE Steiner. »Sie waren heute zum erstenmal gut! Ohne jeden Fehler, ruhig und überlegen. Erstklassig, wie Sie mir den Tip gegeben haben mit dem Streichholz im Busenhalter! Das war wirklich schwer.«

Goldbach sah ihn dankbar an. »Ich weiß selbst nicht, wie es gekommen ist. Plötzlich, wie eine Erleuchtung, von gestern auf heute. Passen Sie auf, ich werde noch ein gutes Medium. Morgen werde ich anfangen, mir andere Tricks auszudenken.«

Steiner lachte. »Kommen Sie, trinken wir einen Schnaps auf das freudige Ereignis.«

Er holte eine Flasche Marillengeist und schenkte ein. »Prosit, Goldbach!«

»Prosit!«

Goldbach verschluckte sich und stellte das Glas nieder. »Entschuldigen Sie«, sagte er. »Ich bin das nicht mehr gewohnt. Wenn Sie nichts dagegen haben, möchte ich jetzt gern gehen.«

»Aber natürlich! Wir sind ja fertig hier. Wollen Sie nicht wenigstens Ihr Glas noch austrinken?«

»Ja, gern.« Goldbach trank gehorsam.

Steiner gab ihm die Hand. »Und üben Sie nicht zu viele Tricks. Sonst finde ich vor lauter Raffinement nichts mehr.«

»Nein. Nein.«

Goldbach ging rasch die Allee hinunter zur Stadt. Er fühlte sich leicht, als wäre eine schwere Last von ihm abgefallen. Aber es war eine Leichtigkeit ohne Freude… als wären seine Knochen voll Luft und sein Wille aus Gas, nicht mehr lenkbar und jedem Winde preisgegeben.

»Ist meine Frau da?« fragte er das Mädchen an der Tür der Pension.

»Nein.« Das Mädchen fing an zu lachen.

»Weshalb lachen Sie denn?« fragte Goldbach befremdet.

»Warum soll ich nicht lachen? Ist es verboten zu lachen?«

Goldbach sah sie abwesend an. »So meine ich das nicht«, murmelte er. »Lachen Sie nur.«

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