Ich gehorchte. Ich berührte es in der Mitte und es faltete sich gehorsam wieder zusammen. Während ich es wieder in das Feuerzeug steckte, erhob sich Marcel. »Nun«, sagte er gedehnt, »damit trennen sich unsere Wege. Ich habe Frau und Kinder, ich muss mich nicht zur Zielscheibe machen für eine verlorene Sache.«
Ich blieb sitzen. »Was ist in Roswell wirklich passiert?«, fragte ich ihn.
Marcels Brillengläser blitzten auf, als er sich mir wieder zuwandte. »Sie haben bekommen, weswegen Sie hergekommen sind, also hauen Sie besser wieder ab.«
Ich steckte das Feuerzeug ein, ohne den Blick abzuwenden. »Ich habe Anweisung, den Beweis zu holen und in Erfahrung zu bringen, was Sie dem Präsidenten erzählt haben. Ich will die ganze Geschichte hören.«
Der ehemalige Pressesprecher von Roswell betrachtete mich gelassen. Ich vermutete, dass er derartige Aufforderungen in den vergangenen Jahren schon oft gehört hatte. »Ich weiß nicht, ob ich wütend auf Sie sein soll oder dankbar«, sagte er schließlich.
»Warum?«, fragte ich überrascht.
»Weil Sie etwas geschafft haben, was ich fünfzehn Jahre lang vergeblich versucht habe.« Er grinste, eine freudlose Grimasse. »Sagen Sie mir, was damals passiert ist.«
»Ein Wetterballon ist abgestürzt«, antwortete ich. »Jedenfalls ist das die offizielle Version. In Wahrheit war es ein UFO. Ein Raumschiff von einem anderen Planeten, das Schiffbruch erlitten hat.«
»Ganz so war es nicht«, erwiderte Marcel. Zwei, drei Sekunden lang saß er einfach nur da. Das unmerkliche Zögern in seinen Worten entging mir nicht. Ich war sicher, dass er eigentlich etwas ganz anderes hatte sagen wollen, verzichtete aber darauf, nachzuhaken. Ich spürte instinktiv, dass ich am meisten erfahren würde, wenn ich ihn einfach reden ließ.
»Ich weiß nur, was ich gesehen habe«, sagte er dann. »Wir hatten einen improvisierten Landeplatz vorbereitet, mitten in der Wüste. Keine Ahnung, wer sich für diesen Ort entschieden hatte. Wir haben drei Lastwagen verloren, weil die verdammte Straße im Frühling unterspült worden war, und den Mistkerlen von der Navy war das vollkommen egal. Befehle, haben sie gesagt.« Marcel verzog das Gesicht. »Nun, es war ihre Show. Roswell war ein Luftwaffenstützpunkt der Armee, damals und in diesen Monaten zufälligerweise auch vorübergehend Depot für die wenigen Bomben, die wir zu diesem Zeitpunkt hatten. Ich war bei der Armee, als der Marinegeheimdienst erschien mit einer Anweisung des Nationalen Sicherheitsrates, und am nächsten Tag standen wir alle mit einem Spaten in der Hand irgendwo in den Hügeln – buchstäblich.« Er lachte. Sein Gesicht hatte sich entspannt, so als habe er sich in vielen Jahren eine verächtliche Distanz antrainieren können, zu der er nun wieder Zuflucht nahm. »Ich war Verbindungsoffizier zu Bach und den anderen Einsatzleitern; und die Army-Truppe aus Roswell bediente die Radargeräte... nicht dass viel dabei herausgekommen wäre.« Er lachte. »Was immer es war, es schlug Haken um unsere Scheinwerfer und verschwand von den Bildschirmen, als hätte man sie abgeschaltet. Am Ende fiel auch noch der Strom aus, aber zu dem Zeitpunkt war es sowieso nicht mehr wichtig. Wir konnten es mit bloßem Auge sehen, über uns, ein dunkler, annähernd dreieckiger Umriss, mit umlaufenden Lichtern. Es hing einfach da, wie um uns zu verspotten.«
Er unterbrach sich und sah zum Fenster. »Ich war jünger damals... offensichtlich.« Er lachte wieder. »Optimistisch. Roswell war ein anderer Ort geworden, nachdem sie uns die Bomben gebracht hatten, aber es hieß, dass sie bald wieder abtransportiert werden sollten – vielleicht auch wegen der Ereignisse, die uns da wohl schon angekündigt gewesen waren – und ich glaubte an das, was ich tat... was immer es eigentlich war. Manchmal kann ich mich kaum noch daran erinnern, was mir... vorher... so wichtig erschienen ist.«
Marcel atmete tief ein und sein Blick fokussierte sich wieder auf mich, auf die Gegenwart. »Truman war dort«, fuhr er fort. »Ich sah ihn erst in dieser Nacht, aber wir alle wussten es. Er kam erst aus dem Zelt, als das UFO schon über dem Landeplatz hing. Was immer man von ihm halten mochte, er war ein mutiger Bastard oder dümmer, als ich es mir vorstellen kann.«
»Was geschah dann?«
»Ich weiß es nicht. Was immer es war, es leuchtete den Boden wie mit einem großen Scheinwerfer aus, ein Schlauch aus Licht, der uns blendete, und als wir wieder sehen konnten, stand dort im Lichtkreis etwas... Jemand.«
»Ein Grauer.«