24. November 1963, 10:53
Wir ließen den Studebaker auf dem Parkplatz am Flughafen stehen und vermutlich haben sie ihn noch am selben Tag abgeschleppt. Ich warf die Pistole in einen Mülleimer. Vielleicht würde man eine Verbindung herstellen, vielleicht auch nicht. Wir würden nicht mehr in der Nähe sein, wenn es jemals so weit kam. Womöglich würden wir dann nicht einmal mehr am Leben sein.
Glücklicherweise gab es noch zwei Tickets für eine Maschine nach Washington und glücklicherweise reichte unser verbliebenes Bargeld noch für den Flug und ein Essen. Im Licht der Morgensonne, das jetzt viel sanfter schien, wirkte das weißgekalkte Innere des Flughafengebäudes fast angenehm. Ich war erschöpft und müde, aber ich fühlte mich wohl, und in der Erinnerung wirkte selbst das schäbige Motelzimmer nicht mehr so bedrückend, wie ich es noch in der Nacht empfunden hatte. Nun, wir hatten es für eine kurze Zeit zu unserem Heim gemacht, in gewissem Sinne. Ich musste über mich selbst lachen. Kimberley warf mir einen Blick zu und versetzte mir einen warnenden Stoß, als sie meine Gedanken erriet. Sie war nicht weniger müde als ich, aber das mit erstaunlich ruhiger Hand aufgetragene Make-up verdeckte die Linien, die die vergangenen Tage in ihr Gesicht gezeichnet hatten. Wir trugen unsere letzten sauberen Kleider und die Dusche hatte uns auf mehr als eine Weise belebt und erfrischt. Schon an der UCLA hatte sie immer darauf bestanden, dass ich auf mein Äußeres achtete und der prüfende Blick, den sie gewöhnlich meiner Garderobe widmete, verfolgt mich manchmal bis ins Büro. Jetzt stand sie vor mir und rückte meinen Hemdkragen zurecht, als würden wir zu einem Bewerbungsgespräch gehen. Nun, in gewissem Sinne würden wir das tun – wir würden uns um Zutritt zu einem Flugzeug bewerben, zwei landesweit gesuchte Verrückte, gefährlich und vermutlich bewaffnet.
»Männer«, sagte sie und ihre Finger ruckten ungeduldig. »Kannst du bitte mal aufhören, so ein Gesicht zu schneiden?«
»Nicht, solange du mit spitzen Fingern an mir herumzerrst«, antwortete ich.
»Nun, vor einer Stunde hast du dich nicht beklagt«, versetzte sie schnippisch. »Ist das der Grund für dieses dämliche Grinsen, John Loengard?«
Ich räusperte mich. »Ich verweigere die Aussage«, sagte ich in offiziell klingendem Tonfall. »Ich streite jedes Wissen um die genannten Vorgänge ab.«
»Findest du mich albern?«, erkundigte sie sich, als sie endlich mit dem Sitz meines Kragens zufrieden war. Sie trat einen Schritt zurück und musterte mich kritisch: Kleidung, Gesicht und alles andere.
»Nur ein wenig«, antwortete ich.
»Blödmann«, teilte sie gelassen mit. »Das Äußere wirkt auf die innere Befindlichkeit zurück, mein Schatz. Jemand, der herumläuft wie ein ungemachtes Bett, dessen Gedanken sind vermutlich genauso verknittert wie sein Gesicht. Hör auf eine Frau.«
Ich nickte gehorsam. »Richtlinien direkt aus dem Weißen Haus«, spottete ich. »Die Geheimnisse der Macht, direkt aus dem Büro der Gattin des Präsidenten.« Ein Schatten zog sich über ihr Gesicht. »Entschuldige«, sagte ich rasch. »Das war dumm von mir.«
»Schon in Ordnung«, sagte sie und hakte sich unter. »Gehen wir. Du hast noch einen Anruf zu tätigen, vergiss das nicht.«
Ich sah auf die Uhr und nickte. »Der richtige Zeitpunkt«, sagte ich. Wir steuerten auf ein Wandtelefon in der Nähe zu, ein unauffällig gekleidetes junges Paar in einer nicht gerade menschenleeren, aber auch nicht übervölkerten Halle. Ich sah einen Flughafenpolizisten am anderen Ende der Halle und ein paar Monteure, aber keine weiteren Uniformen. Kim behielt die Passanten im Auge, während ich telefonierte. Ich wog den Hörer einige Sekunden in der Hand, dann schloss ich die Augen und wählte die Nummer, an die ich mich nur zu gut erinnerte.
»Disease Control Center der Navy, DC«, meldete sich eine Männerstimme. »Was kann ich für Sie tun?«
»Holen Sie mir Frank Bach an den Apparat«, sagte ich.
»Wer spricht?«, schnappte der Mann am anderen Ende.
»Loengard«, antwortete ich nicht weniger knapp.
»Sie müssen sich verwählt haben«, sagte die Stimme gedehnt.
»Lassen Sie den Unsinn«, sagte ich. »Hier ist John Loengard. Ich bin... war... Majestic-Agent. Ich weiß, dass Bach in Dallas ist, also stellen Sie mich besser zu ihm durch.«
»Das wird nicht einfach sein«, erklärte der Mann in der Telefonzentrale des angeblichen Dienstes zur Seuchenbekämpfung.
»Hören Sie«, sagte ich mit ruhiger Stimme. »Ich weiß, dass Sie den Anruf zurückverfolgen. Tun Sie, was Sie nicht lassen können, aber schinden Sie besser keine Zeit, oder ich hänge wieder ein. Bach hat sich irgendwo in Dallas ein gemütliches Plätzchen eingerichtet, das wissen Sie, und ich weiß es auch. Ich wäre wirklich verblüfft, wenn er nicht eine Standleitung zu Majestic hätte. Stecken Sie einfach die Verbindung ein, in Ordnung?«
»Loengard«, begann der Mann.