Die Gouvernementskanzley und die Spitalgebäude sind von Stein, alle übrigen Häuser von Holz. Selbst der Gouverneur bewohnt ein hölzernes Gebäude. In der Nähe des Castells befindet sich der grose Marktplatz, in dessen Mitte zwey lange Gebäude mit Arkaden stehen, unter denen die Handwerker, Krämer und Kaufleute ihre Buden haben, die täglich geöffnet werden, wo Waaren des Luxus und der Nothdurft in Menge feil geboten, und von den Verkäufern angepriesen werden. Auf diesen Marktplatz werden zu Zeiten ganze hölzerne Häuser für Landleute zum Verkauf gebracht. Vor dem grösern Budenhause haben die Juden ihre Tische aufgestellt, die alle Arten von Papiergeld und Geldstücken immer gegen Agio
{738}, verwechseln. Die Juden sowohl, als die Christen bedienen sich zum Rechnen sogenannter Faullenzer{739}, die sie mit vieler Fertigkeit handhaben, und vermittelst deren sie verwickelte Rechnungen schnell und richtig lösen. Man sagte mir, daß es nur die gebildeteren Kaufleute seyen, die sich auf das Rechnen mit Zahlen verstehen. Alle Verkäufer ohne Ausnahme überbieten ihre Waaren sehr, indessen weiß der Eingeborne gehörig zu markten{740}, und der Fremde lernt es bald. Die gröseren Zahlungen werden in Papier gemacht, und zur Ausgleichung dient Kupfermünze, deren gröste, ein Pietack, nach unserem Gelde etwa 1 1/2. Kreuzer // S. 157// ausmacht, und dem brabanter Thaler in der Größe gleicht. Silbergeld ist nicht häufig, und das Gold ist selten.Die hölzernen Häuser stehen meistens nicht an der Straße unmittelbar, sondern in der Mitte groser, mit Bretterwänden umgebener Höfe. Sie sind alle nur einstockigt{741}
, und darum der hohen Bretterwände wegen von der Straße oft gar nicht zu sehen. Auch hier, wie in Pohlen, haben die Häuser kein heimliches Gemach{742}, sondern es ist als solches der ganze Hofraum zu betrachten, der übrigens demungeachtet dadurch nicht unreinlicher wird, weil die dort herumlaufenden Schweine die Excremente aufzehren, und nach dieser Kost so lüstern sind, daß es nur vermitttelst eines tüchtigenStocks möglich ist, seine Nothdurft in Ruhe zu verrichten. In der Nähe des Marktplatzes befinden sich mehrere Wirthshäuser, in denen Branntwein, Thee und Quass
geschenkt wird, und verschiedene Fleischarten auf einem Tische, der unseren Badentischen gleicht, aufgehäuft und schon zubereitet hegen, so daß sie zum Verspeisen nur wieder gewärmt zu werden brauchen. Auch sind immer verschiedene Fischarten vorhanden, die in groser Menge auf dem Markte feil stehen, und von den Russen an ihren vielen Festtagen mit Oel und irgend einer Mehlspeise genossen werden. Diese Wirthshäuser sind mit denen in Deutschland in Absicht auf Reinlichkeit keineswegs zu vergleichen, es ist keines, in // S. 158// dem nicht der Besuchende Ungeziefer zu bekommen fürchten muß. Die Fremden, die in solchen Gasthäusern übernachten wollen, werden in den Zimmern herum auf Stroh gelegt. Eines dieser Häuser besuchten wir täglich, und wir schöpften ihm wegen des schmutzigen Aussehens des Wirthes und seiner zwey bärtigen Kellner, die übrigens alle 3. äusserst gefällig waren, den Namen zu den drey Schmutzmicheln. Ein Weinhaus, das einzige, besuchten wir nur Einmal, es ist reinlicher als die Traiteurshäuser{743}, und gefälliger eingerichtet. Der Wein, der da gewöhnlich getrunken wird, kommt aus der Moldau.Die Stadt hat mehrere Kirchen, darunter aber nur drey steinerne, die übrigen sind ganz aus Holz. Am Christfeste wohnten wir dem Gottesdienste in der Cathedralkirche bey, der Cultus ist äusserst pompös, die Vocalmusik vortreflich, und wir waren ganz entzückt von der herrlichen Stimme, die das Hospoden po milu
{744} sang.