waren unsere Quartiere höchst elend, und unsere Nahrung war möglichst kärglich. Den Tag brachten wir meistens in der Stadt zu, aber vor Einbruch der Nacht kehrten wir jedesmal heim. Die langen Abende langweilten uns sehr, und bey den offenbar feindseligen Gesinnungen der Dorfbewohner gegen uns, wagten wir nicht, Nachts die Häuser zu verlassen. Die Bewohner kamen öfters in Mehrzahl in unseren Stuben zusammen, und verhandelten mit // S. 151// grosem Eifer meistens Gegenstände, von denen wir nicht die entfernteste Muthmassung hatten, aber wir sahen auch einmal ein Familienfest feyern, bey dem der Branntwein in Menge floß, und das sich endlich mit völliger Betrunkenheit der Theilnehmer schloß. Ein anderesmal machte sich die Jugend des Dorfes den Spaß, sich wunderlich zu masquiren, und so von Haus zu Haus zu ziehen. In meinem Quartier hatte auch eine Brautwerbung statt, bey der die jungen Leute sich ziemlich passiv und ruhig verhielten, die Eltern aber desto lebhafter waren, und die Scene zuletzt mit tüchtigen Handschlägen endeten. Eines Morgens mit Tagesanbruch, es war am 10. Nov[em]b[e]r erschienen in dem Quartier, das ich mit dem Hauptmann v[on] Butsch theilte, mehrere betrunkene, mit Prügeln bewaffnete Bauern, die uns von unserem Strohlager aufstörten, und unter wohlverständlichen Gesticulationen uns zu erkennen gaben, daß sie uns los werden wollen, und wir von dannen ziehen möchten, soferne uns Leib und Leben lieb sey. In allen anderen Quartieren wurde von den Dorfbewohnern um dieselbe Tageszeit und auf die gleiche Art der nemliche Wunsch ausgedrückt. Wir begaben uns daher sogleich in Masse nach Czernigow, und führten Klage bey dem Gouverneur, dem Commandanten, dem Platzhauptmann, dem Polizeymeister, aber überall vergeblich. Des Hin- und Herschickens müde kehrten wir endlich Abends in unser Dorfchen zurück, und bedeuteten den Bauern, daß wir sie den andern Morgen // S. 152// für immer verlassen werden. Hierüber vergnügt liessen sie uns die Nacht über in Ruhe, und am Morgen friedlich nach der Stadt abziehen.
Sechstes Capitel.
In Czernigow
mietheten wir nun, da man uns keine freien Quartiere geben wollte, solche für unser Geld. Ich fand mit dem Hauptmann v[on] Butsch und dem Kriegs-Commissär Krais bey einem Schuster ein heitzbares Zimmer, das mit Einschluß des nöthigen Holzes zum Heitzen und Kochen täglich unser hälftiges Einkommen aufzehrte. Hier richteten wir uns möglichst bequem ein, d. h. wir versahen unsere Liegerstatt{733} mit Heu, kauften jeder ein Trinkglas, und zusammen ein eisernes Casserol{734}, eine kupferne Caffeekanne, blecherne Löffel, jeder 1. Messer, und 1. hölzerne Eßschüssel. Zur Bedienung nahmen wir 2. württemberg'sche Soldaten zu uns, die sonst zu Grunde gegangen wären, und nun doch freye Kost hatten.