1 Ich hörte meine Wirtin in der Küche Kaffee mahlen, hörte die leisen und freundlichen Ermahnungen, die sie ihrer kleinen Tochter gab — und ich hatte immer noch Lust, ins Bett zurückzugehen und die Decke über den Kopf zu ziehen: noch entsann ich mich, wie schön es gewesen war: im Lehrlingsheim hatte ich es so gut verstanden, meinen Mund elend zu verziehen, dass der Heimleiter, Kaplan Derichs, mir Tee und einen Wärmebeutel ans Bett bringen ließ, und ich fiel, wenn die anderen zum Frühstück hinuntergegangen waren, in den Schlaf zurück und wurde erst wach, wenn gegen elf die Reinemachefrau kam, um den Schlafsaal aufzuräumen. Sie hieß Wietzel, und ich hatte Angst vor ihrem harten, blauen Blick, Angst vor der Rechtschaffenheit dieser starken Hände, und während sie die Bettücher zurechtzog, die Decken faltete — mein Bett meidend wie das Bett eines Aussätzigen —, stieß sie immer wieder jene Drohung aus, die mir heute noch schrecklich in den Ohren klingt: „Aus dir wird nichts — nichts wird aus dir —", und ihr Mitleid, als dann Mutter gestorben war und alle freundlich zu mir waren, ihr Mitleid war mir noch schlimmer. Doch als ich nach Mutters Tod wiederum den Beruf und die Lehrstelle wechselte und tagelang im Heim herumhockte, bis der Kaplan eine neue Stelle für mich gefunden hatte — ich schälte Kartoffeln oder stand mit einem Kehrbesen in der Hand auf den Fluren herum —, in jenen Tagen war ihr Mitleid schon wieder verschwunden, und sooft sie mich erblickte, stieß sie ihre Prophezeiung aus: „Aus dir wird nichts — nichts wird aus dir." Ich hatte Angst vor ihr wie vor einem Vogel, der einen krächzend verfolgt, und flüchtete mich in die Küche, wo ich mich unter dem Schutz von Frau Fechter sicher wusste: ich half ihr Kohl einmachen und verdiente mir manche Extraportion Pudding, indem ich die Weißkohlköpfe über den großen Hobel schob und mich von der Süße der Lieder einlullen ließ, die die Küchenmädchen sangen. Beim Singen mussten Stellen, die Frau Fechter für unsittlich hielt — Stellen wie „Und er liebte sie in der großen dunklen Nacht" — durch Summen übermalt werden. Aber der Weißkohlhaufen nahm schneller ab, als ich gedacht hatte, und es blieben noch zwei fürchterliche Tage, die ich mit dem Kehrbesen in der Hand — unter Frau Wietzels Befehl zu verbringen hatte. Dann fand der Kaplan für mich die Stelle bei Wickweber, und nachdem ich Banklehrling, Verkäuferlehrling und Tischlerlehrling gewesen war, fing ich als Elektriker bei Wickweber an.
Илья Михайлович Франк , Илья Франк , Фридрих Дюрренматт , Яков Александрович Унфангер , Яков Унфангер
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