|VI| Die gesellschaftliche Thätigkeit und der gesellschaftliche Genuß existiren keineswegs allein in der Form einer unmittelbar gemeinschaftlichen Thätigkeit und unmittelbar gemeinschaftlichen Genusses, obgleich die gemeinschaftliche Thätigkeit und der gemeinschaftliche Genuß, d.h. die Thätigkeit und der Genuß, die unmittelbar in wirklicher Gesellschaft mit andern Menschen sich äussert und bestätigt, überall da stattfinden werden, wo jener unmittelbare Ausdruck der Gesellschaftlichkeit im Wesen ihres Inhalts begründet und seiner Natur angemessen ist.
Allein auch wenn ich wissenschaftlich etc thätig bin, eine Thätigkeit, die ich selten in unmittelbarer Gemeinschaft mit andern ausführen kann, so bin ich gesellschaftlich, weil als Mensch thätig. Nicht nur das Material meiner Thätigkeit ist mir – wie selbst die Sprache, in der der Denker thätig ist – als gesellschaftliches Product gegeben, mein eignes Dasein ist gesellschaftliche Thätigkeit; darum das was ich aus mir mache, ich aus mir für die Gesellschaft mache und mit dem Bewußtsein meiner als eines gesellschaftlichen Wesens.
Mein allgemeines Bewußtsein ist nur die theoretische Gestalt dessen, wovon das reelle Gemeinwesen, gesellschaftliche Wesen, die lebendige Gestalt ist, während heut zu Tag das allgemeine Bewußtsein eine Abstraktion vom wirklichen Leben ist und als solche ihm feindlich gegenübertritt. Daher ist auch die Thätigkeit meines allgemeinen Bewußtseins – als eine solche – mein theoretisches Dasein als gesellschaftliches Wesen.
Es ist vor allem zu vermeiden die «Gesellschaft» wieder als Abstraktion dem Individuum gegenüber zu fixiren. Das Individuum ist das gesellschaftliche Wesen. Seine Lebensäusserung – erscheine sie auch nicht in der unmittelbaren Form einer gemeinschaftlichen, mit andern zugleich vollbrachten Lebensäusserung – ist daher eine Aüsserung und Bestätigung des gesellschaftlichen Lebens. Das individuelle und das Gattungsleben des Menschen sind nicht verschieden, so sehr auch – und dieß nothwendig – die Daseinsweise des individuellen Lebens eine mehr besondre oder mehr allgemeine Weise des Gattungslebens ist, oder je mehr das Gattungsleben ein mehr besondres oder allgemeines individuelles Leben ist.
Als Gattungsbewußtsein bestätigt der Mensch sein reelles Gesellschaftsleben und wiederholt nur sein wirkliches Dasein im Denken, wie umgekehrt das Gattungssein sich im Gattungsbewußtsein bestätigt und in seiner Allgemeinheit, als denkendes Wesen für sich ist. |
| Der Mensch – so sehr er daher ein besondres Individuum ist und grade seine Besonderheit macht ihn zu einem Individuum und zum wirklichen individuellen Gemeinwesen – ebenso sehr ist er die Totalität, die ideale Totalität, das subjektive Dasein d[er] Gedachten und empfundnen Gesellschaft für sich, wie er auch in der Wirklichkeit, sowohl als Anschauung und wirklicher Genuß des gesellschaftlichen Daseins, wie als eine Totalität menschlicher Lebensäusserung da ist.
Denken und Sein sind also zwar unterschieden, aber zugleich in Einheit miteinander.
Der Tod erscheint als ein harter Sieg der Gattung über das bestimmte Individuum und ihrer Einheit zu widersprechen; aber das bestimmte Individuum ist nur ein bestimmtes Gattungswesen, als solches sterblich.