Adam Smith: «Die Theilung der Arbeit verdankt nicht der menschlichen Weisheit ihren Ursprung. Sie ist die nothwendige, langsame und stufenweise Consequenz des Hangs zum Austausch und des wechselseitigen Verschacherns der Producte. Dieser Hang zum Handel ist wahrscheinlich eine nothwendige Folge des Gebrauchs der Vernunft und des Wortes. Er ist allen Menschen gemeinschaftlich, findet sich bei keinem Thier. Das Thier sobald es erwachsen ist, lebt auf seine Faust. Der Mensch hat beständig die Unterstützung von andern nöthig und vergeblich würde er sie blos von ihrem Wohlwollen erwarten. Es wird viel sicherer sein, sich an ihr persönliches Interesse zu wenden und sie zu überreden, ihr eigner Vortheil erheische das zu thun, was er von ihnen wünscht. Wir adressiren uns bei andern Menschen nicht an ihre Menschheit, sondern an ihren Egoismus; wir sprechen ihnen niemals von unsern Bedürfnissen, sondern immer von ihrem Vortheil. …Da wir also durch Tausch, Handel, Schacher die Mehrzahl der guten Dienste, die uns wechselseitig nöthig sind, erhalten, so ist es diese Disposition zum Schacher, welche der Theilung der Arbeit || ihren Ursprung gegeben hat. Z.B. In einem Tribus von Jägern oder Hirten macht ein Privatmann Bogen und Sehnen mit mehr Geschwindigkeit und Geschicklichkeit als ein andrer. Er vertauscht oft mit seinen Genossen diese Arten von Tagwerk gegen Vieh und Wild, er bemerkt bald, daß er lezteres durch dieses Mittel sich leichter verschaffen kann, als wenn er selbst auf die Jagd ginge. Aus interessirter Berechnung macht er also aus der Fabrikation der Bogen etc seine Hauptbeschäftigung. Die Differenz der natürlichen Talente unter den Individuen ist nicht sowohl die Ursache als der Effekt der Theilung der Arbeit. …Ohne die Disposition d[er] Menschen zu handlen und tauschen, wäre jeder verpflichtet gewesen, sich selbst alle Nothwendigkeiten und Bequemlichkeiten des Lebens zu verschaffen. Jeder hätte dasselbe Tagewerk zu erfüllen gehabt und jene grosse Differenz der Beschäftigungen, welche allein eine grosse Differenz der Talente erzeugen kann, hätte nicht Stattgefunden. …Wie nun dieser Hang zum Tauschen die Verschiedenheit der Talente erzeugt unter den Menschen, so ist es auch derselbe Hang, der diese Verschiedenheit nützlich macht. – Viele Thierraçen, obgleich von derselben Species, haben von der Natur unterschiedene Charaktere erhalten, die in Bezug auf ihre Anlagen Augenfälliger sind, als man bei d[en] ungebildeten Menschen beobachten könnte. Von Natur ist ein Philosoph nicht halb so verschieden von einem Sackträger an Talent und Intelligenz als ein Haushund von einem Windhund, ein Windhund von einem Wachtelhund und dieser von einem Schäferhund. Dennoch sind diese verschiednen Thierraçen, obgleich von derselben species fast von gar keiner Nützlichkeit für einander. Der Hofhund kann den Vortheilen seiner Stärke ||XXXVI| nichts hinzufügen, dadurch daß er sich etwa der Leichtigkeit des Windhundes etc bediente. Die Wirkungen dieser verschiednen Talente oder Stufen der Intelligenz können, aus Mangel der Fähigkeit oder des Hangs zum Handel und Austausch, nicht zusammen, in Gemeinschaft geworfen werden und können durchaus nicht zum Vortheil oder zur gemeinschaftlichen Bequemlichkeit der species beitragen. …Jedes Thier muß sich selbst unterhalten und beschützen, unabhängig von den andern, – es kann nicht den geringsten Nutzen von der Verschiedenheit der Talente ziehn, welche die Natur unter seinesgleichen vertheilt hat. Unter den Menschen dagegen, sind die disparatesten Talente einander nützlich, weil die verschiednen Producte jeder ihrer respektiven Industriezweige, vermittelst dieses allgemeinen Hangs zum Handel und Austausch, sich so zu sagen, in eine gemeinschaftliche Masse geworfen finden, wo jeder Mensch nach seinen Bedürfnissen kaufen gehn kann irgendeinen Theil des Products der Industrie d[er] andern. – Weil dieser Hang zum Austausch der Theilung der Arbeit ihren Ursprung giebt, so ist folglich das Wachsthum dieser Theilung immer beschränkt durch die Ausdehnung der Fähigkeit auszutauschen oder in andern Worten durch die Ausdehnung des Marktes. Ist der Markt sehr klein, so wird Niemand ermuthigt sein, sich gänzlich einer einzigen Beschäftigung zu ergeben, aus Mangel das Mehr des Products seiner Arbeit, welches seine eigne Consumtion übersteigt, gegen ein gleiches Mehr des Products der Arbeit eines andern, das er sich zu verschaffen wünschte, austauschen zu können…» Im fortgeschrittnen Zustand: «Jeder Mensch besteht von échanges, vom Austausch und wird eine Art von Handelsmann, und die Gesellschaft selbst ist eigentlich eine Handelstreibende Gesellschaft. (Sieh Destutt de Tracy: die Gesellschaft ist eine Reihe v[on] wechselseitigem Austausch, in dem Commerce liegt das ganze Wesen der Gesellschaft.) …Die Accumulation der Capitalien steigt mit der Theilung der Arbeit und wechselseitig.» – So weit Adam Smith.