»Als wir so die Straße entlangmarschierten, kam mir der Gedanke, dass wir alle tot waren«, sagte er verträumt. »Ich und Joe und Hugh und der Rest. Ich hätte genauso gut dort wie anderswo sein können; ich bewegte mich nur weiter, bis die Zeit kam, meine Knochen an Abbys Seite niederzulegen. Es war gar nicht schlimm.«
Als sie in Hillsborough ankamen, hatte er sich nicht großartig für Joes Absichten interessiert, sondern war ihm einfach gefolgt, gehorsam und ohne nachzudenken. War ihm gefolgt und die schlammigen Straßen entlanggewandert, auf denen die Glasscherben der zerschmetterten Fenster glitzerten, hatte die Fackeln und die tobende Menge gesehen, die Rufe und Schreie gehört – und war völlig ungerührt geblieben.
»Es waren ja alles nur Tote, die mit ihren Knochen aneinander klapperten«, sagte er achselzuckend. Er schwieg kurz, dann richtete er den Blick auf Jamie und sah ihm lange und ernst ins Gesicht.
»Ist es so? Bist du auch tot?« Seine schlaffe, schwielige Hand schwebte von dem roten Tuch empor und hielt an Jamies Wangenknochen sacht inne.
Jamie wich vor der Berührung nicht zurück, sondern ergriff MacLennans Hand und senkte sie wieder, um sie dann festzuhalten.
»Nein,
MacLennan nickte langsam.
»Aye. Das kommt schon noch«, sagte er. Er befreite seine Hand und blieb noch einen Augenblick sitzen und strich dabei sein Halstuch glatt. Sein Kopf hob und senkte sich sacht nickend, so als sei die Feder in seinem Nacken überdehnt.
»Das kommt schon noch«, wiederholte er. »Es ist gar nicht so schlimm.« Dann stand er auf und legte sich das rote Stoffquadrat auf den Kopf. Er wandte sich mir zu und nickte höflich, sein Blick vage und verstört.
»Ich dank Euch für das Frühstück, Ma’am«, sagte er und ging davon.
Kapitel 3
Vergällte Körpersäfte
Abel MacLennans Aufbruch setzte dem Frühstück ein abruptes Ende. Der Privatgefreite Ogilvie bedankte und entschuldigte sich, Jamie und Fergus begaben sich auf die Suche nach Astrolabien und Sensen, und Lizzie, die in Abwesenheit des Gefreiten Ogilvie zusehends dahinwelkte, ließ verlauten, sie fühle sich nicht gut, und zog sich blass mit einer großen Tasse Tee aus Gänsefingerkraut und Gartenraute bewaffnet in eines der Zelte zurück.
Glücklicherweise wählte Brianna just diesen Zeitpunkt für ihre Rückkehr,
»Bist du auch sicher, dass du mir heute Morgen helfen möchtest?« Ich warf Brianna einen skeptischen Blick zu. »Es ist schließlich dein Hochzeitstag. Bestimmt könnten Lizzie oder vielleicht Mrs. Martin –«
»Nein, ich mach’s«, versicherte sie mir und wischte mit einem Tuch über den Sitz des großen Hockers, den ich für meine morgendlichen Operationen benutzte. »Lizzie geht’s zwar besser, aber ich glaube nicht, dass sie verwesenden Füßen und verdorbenen Mägen gewachsen ist.« Sie erschauerte leicht und schloss die Augen bei der Erinnerung an den älteren Herrn, dessen vereiterte Ferse ich tags zuvor einem
Auch mir wurde bei dieser Erinnerung ein wenig mulmig, doch ich schluckte sie mit einem letzten Rest bitteren Kaffees herunter.
»Nein, da hast du wohl Recht«, pflichtete ich ihr zögernd bei. »Aber dein Kleid ist doch noch nicht ganz fertig, oder? Vielleicht solltest du –«
»Alles in Ordnung«, versicherte sie mir. »Phaedre säumt das Kleid gerade, und Ulysses kommandiert die Dienstboten herum wie ein Oberfeldwebel. Ich wäre nur im Weg.«
Ich gab ohne weitere Einwände nach, obwohl ich mich ein wenig über ihren Eifer wunderte. Brianna war zwar nicht zimperlich, wenn es um alltägliche Notwendigkeiten wie das Abhäuten von Tieren oder das Ausnehmen von Fischen ging, doch ich wusste, dass der Umgang mit Menschen mit entstellenden Leiden oder sichtbaren Krankheiten ihr zusetzte, auch wenn sie ihr Bestes tat, es zu verbergen. Es war kein Abscheu, dachte ich, sondern vielmehr lähmendes Mitgefühl.
Ich ergriff den Kessel und goss frisch abgekochtes Wasser in ein großes, halb volles Glas mit destilliertem Alkohol. Eine heiße Wolke aus Alkoholdampf stieg auf, und ich kniff die Augen zusammen.
Es