Er ergriff es vorsichtig, konnte aber keine Unheil verheißenden Formen unter dem Papier wahrnehmen. Er wog es auf seiner Handfläche; es war leicht, fast gewichtslos.
»Seidenstickgarn«, sagte sie als Antwort auf seinen fragenden Blick. »Von Mrs. Buchanan.« Da war es wieder, das Stirnrunzeln und dieser Ausdruck der … Sorge? Nein, es war etwas anderes, aber der Teufel sollte ihn holen, wenn er es identifizieren konnte.
»Was hast du denn gegen Stickgarn?«
»Nichts. Es geht um das, wozu es gut ist.« Sie nahm ihm das Päckchen ab und steckte es in das Täschchen, das sie an der Taille trug. Sie hielt den Blick gesenkt, während sie die Tasche wieder zuband, doch er konnte sehen, wie angespannt ihre Lippen waren. »Sie hat gesagt, es ist für unsere Leichentücher.«
»Leichen … oh.«
»Genau. Offensichtlich ist es meine eheliche Pflicht, mich am Morgen nach meiner Hochzeit hinzusetzen und mit dem Spinnen des Garns für mein Leichentuch zu beginnen.« Sie spie die Worte mit zusammengebissenen Zähnen aus. »Auf diese Weise soll ich es fertig gewoben und bestickt haben, wenn ich bei der Geburt unseres Kindes sterbe. Und wenn ich mich beeile, bleibt mir noch genug Zeit, auch eins für dich zu machen – sonst muss deine
Er hätte gelacht, wenn er nicht so deutlich gesehen hätte, dass das Geschenk sie ernsthaft aus der Fassung brachte.
»Mrs. Buchanan ist ein Dummkopf«, sagte er und ergriff ihre Hände. »Du solltest dir diesen Unsinn nicht zu Herzen nehmen.« Brianna sah ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen an.
»Mrs. Buchanan«, sagte sie mit großer Präzision, »ist ignorant, dumm und taktlos. Das Einzige, was man ihr
»Natürlich tut sie das«, sagte er im Brustton der Überzeugung, spürte aber dennoch einen Stich der Unsicherheit.
»Wie viele Frauen hat Farquard Campbell schon unter die Erde gebracht?«, fragte sie herausfordernd. »Gideon Oliver? Andrew MacNeill?«
Neun, alles in allem. MacNeill würde heute Abend zum vierten Mal heiraten – ein achtzehnjähriges Mädchen aus Weaver’s Gorge. Der Stich meldete sich erneut, tiefer, doch er ignorierte ihn.
»Und Jenny van Campbell hat acht Kinder geboren und zwei Männer zu Tode getriezt«, konterte er mit Nachdruck. »Und was das angeht, so hat Mrs. Buchanan selbst fünf Kinder, und sie ist absolut putzmunter. Ich habe sie gesehen; Köpfe wie Runkelrüben, alle miteinander, aber gesund.«
Damit erntete er einen zögerlich zuckenden Mundwinkel, was ihn zu einem weiteren Vorstoß ermunterte.
»Du brauchst keine Angst zu haben, Schatz. Du hattest doch bei Jemmy auch keine Probleme, aye?«
»Ach nein? Tja, wenn du meinst, dass es kein Problem ist, kannst
»Dann schließt du also nicht völlig aus, dass es ein nächstes Mal gibt, aye? Trotz der guten Mrs. Buchanan?« Er bewahrte bewusst einen leichten Tonfall, doch er zog sie an sich und hielt sie fest, das Gesicht in ihrem Haar verborgen, damit sie nicht merkte, wie viel ihm diese Frage bedeutete.
Sie ließ sich nicht zum Narren halten. Sie wich ein wenig zurück und sah ihn forschend an, ihre Augen so blau wie Wasser, so klar wie die Wahrheit.
»Würdest du mich denn heiraten und dann abstinent leben?«, fragte sie. »Das ist nämlich der einzig sichere Weg. Das Gänsefingerkraut funktioniert nicht immer – sieh dir Marsali an!« Die Existenz der kleinen Joan war der beredte Beweis für das Versagen dieser Verhütungsmethode. Dennoch …
»Vielleicht gibt es ja noch andere Methoden«, sagte er. »Aber wenn du Abstinenz willst – dann sollst du sie bekommen.«
Sie lachte, weil sich seine Hand besitzergreifend auf ihren Hintern gelegt hatte, als sich seine Lippen lossagten. Dann verstummte das Lachen, und das Blau ihrer Augen verdunkelte, verschleierte sich.
»Du meinst es ernst, nicht wahr?«
»Ja«, sagte er, und meinte es, obwohl ihm der Gedanke schwer in der Brust lag, als hätte er einen Stein verschluckt.
Sie seufzte und fuhr mit der Hand über seine Wange, an seinem Hals und der Mulde seiner Kehle entlang. Ihr Daumen drückte auf seinen hämmernden Puls, so dass er die Schläge spürte, die durch seinen Blutstrom hallten.
Er meinte es ernst, doch er neigte seinen Kopf dem ihren entgegen und küsste ihren Mund, so atemlos, dass er ihren Atem brauchte, das Bedürfnis nach Vereinigung so stark, dass er sie auf jede Weise bewerkstelligen würde, die ihm offen stand – mit seinen Händen, seinem Atem, seinen Armen; sein Oberschenkel presste sich zwischen die ihren, und sie spreizte die Beine.
Ihre flache Hand lag an seiner Brust, als wollte sie ihn von sich schieben – dann ballte sie sich krampfhaft zusammen und krallte sich in sein Hemd und seine Haut. Ihre Finger gruben sich tief in seinen Brustmuskel, und dann waren sie miteinander verschmolzen, keuchend und mit offenen Mündern, und ihre Vorderzähne stießen im Wirbel ihres Verlangens schmerzhaft aneinander.