»Überhaupt keine«, sagte der Gouverneur und stellte mit einem dumpfen Geräusch das Glas ab. »Solange gewährleistet ist, dass es sich um kräftige Leute handelt, die das Land bestellen können, habe ich keine weiteren Wünsche. Und was ich nicht weiß, das macht mich auch nicht heiß, was?«
Fragend hob er die schmalen Augenbrauen.
Jamie drehte das Glas in seinen Händen, als bewunderte er die dunkle Farbe der Flüssigkeit.
»Nicht alle, die den Aufstand der Stuarts überlebt haben, hatten so viel Glück wie ich, Eure Exzellenz«, sagte er. »Mein angenommener Sohn hat eine Hand verloren; ein anderer meiner Begleiter hat nur einen Arm. Doch sie sind beide arbeitsame Männer von gutem Charakter. Ich kann nicht guten Gewissens einen Vorschlag akzeptieren, der sie ausschließt.«
Der Gouverneur tat dies mit einer ausladenden Handbewegung ab.
»Wenn sie selbst für ihr tägliches Brot sorgen können und sich nicht als Belastung für die Gemeinschaft erweisen, sind sie herzlich willkommen.« Dann richtete er sich auf, als fürchtete er, er sei in seiner Großzügigkeit zu weit gegangen. Er legte die Zigarre am Rand des Schälchens ab und ließ sie weiterqualmen.
»Da Ihr die Jakobiten erwähnt – diese Männer werden einen Eid auf die Krone schwören müssen, wenn sie das noch nicht getan haben. Wenn ich das fragen darf, Sir, da Ihr andeutet, dass Ihr Papist seid … Ihr selbst …«
Es war möglich, dass Jamies Augen sich nur wegen des Qualms verengten, aber ich glaubte es nicht. Gouverneur Tryon glaubte es auch nicht, denn auch wenn er erst in den Dreißigern war, war er kein schlechter Menschenkenner. Er wandte sich wieder zum Tisch, so dass ich nur seinen Rücken sah, aber ich konnte erkennen, dass er Jamie intensiv ansah, als folgte sein Blick den geschmeidigen Bewegungen der Forelle unter Wasser.
»Ich will Euch nicht an vergangene Erniedrigungen erinnern«, sagte er still. »Oder Euch jetzt in Eurer Ehre verletzen. Dennoch werdet Ihr verstehen, dass es meine Pflicht ist zu fragen.«
Jamie lächelte ohne eine Spur von Humor.
»Und meine, zu antworten, nehme ich an«, sagte er. »Ja, ich bin ein begnadigter Jakobit. Und aye, ich habe den Eid geschworen – wie alle anderen, die diesen Preis für ihr Leben gezahlt haben.«
Ziemlich abrupt stellte er sein immer noch volles Glas ab und schob den schweren Stuhl zurück. Er stand auf und verneigte sich vor dem Gouverneur.
»Es ist spät, Eure Exzellenz. Erlaubt, dass ich mich zurückziehe.«
Der Gouverneur lehnte sich in seinem Stuhl zurück und führte die Zigarre an seine Lippen. Mit einem festen Zug ließ er die Spitze hell aufglühen, während er zu Jamie aufblickte. Dann nickte er und ließ ein kleines Rauchwölkchen von seinen gespitzten Lippen aufsteigen.
»Gute Nacht, Mr. Fraser. Denkt über mein Angebot nach – werdet Ihr das tun?«
Ich wartete die Antwort nicht ab – es war auch nicht nötig. Mit wehenden Röcken huschte ich durch den Flur und weckte dabei einen Lakaien, der in einer dunklen Ecke vor sich hin döste.
Ich erreichte unser Gästezimmer in den Stallungen, ohne unterwegs noch jemandem zu begegnen, und ließ mich dort auf einen Stuhl fallen. Das Herz schlug mir bis zum Hals; nicht nur vom überstürzten Treppensteigen, sondern auch wegen der Dinge, die ich gehört hatte.
Jamie würde das Angebot des Gouverneurs mit Sicherheit überdenken. Und was für ein Angebot! Auf einen Schlag alles wiederzugewinnen, was er in Schottland verloren hatte – und mehr.
Jamie war nicht als Gutsherr geboren, doch nach dem Tod seines älteren Bruders war Lallybroch zu seinem Erbe geworden, und man hatte ihn seit seinem achten Lebensjahr darauf vorbereitet, die Verantwortung für das Gut zu übernehmen, für das Wohlergehen von Land und Pächtern zu sorgen und dieses Wohlergehen über sein eigenes zu stellen. Doch dann war Charles Stuart gekommen und sein Wahnsinnsmarsch zum Ruhm; ein feuriges Kreuz, das seine Anhänger in die Vernichtung führte.
Jamie hatte nie mit Bitterkeit von den Stuarts gesprochen, hatte überhaupt nie von Charles Stuart gesprochen. Er hatte auch kaum je ein Wort darüber verloren, was dieses Unterfangen ihn persönlich gekostet hatte.
Doch jetzt … das alles zurückzubekommen. Neues Land, fruchtbar und voller Wild, besiedelt mit Familien unter seiner Führung und seinem Schutz. Es war wie im Buch Hiob, dachte ich – all diese Söhne und Töchter und Kamele und Häuser, so beiläufig vernichtet und dann mit solch verschwenderischer Großzügigkeit wieder ersetzt.
Ich hatte diese Bibelstelle schon immer dubios gefunden. Ein Kamel mochte vielleicht wie das andere sein, aber bei Kindern schien mir die Sache doch anders zu liegen. Vielleicht kam es Hiob ja wie ausgleichende Gerechtigkeit vor, dass man ihm die Kinder ersetzte, doch ich hatte den Verdacht, dass die Mutter der toten Kinder vielleicht anderer Meinung gewesen war.
Da ich nicht stillsitzen konnte, ging ich wieder zum Fenster und sah blicklos in den Garten hinaus.